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Aufzeichnungen eines Außenseiters

Aufzeichnungen eines Außenseiters

Titel: Aufzeichnungen eines Außenseiters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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Schließlich wühlte er sich zu mir durch, hockte sich auf einen Stoffballen neben mir und zündete sich eine Zigarette an.
»Bukowski, du bist 'n dufter Kerl. Ich gab keine Antwort. »Noch eine Woche, und dann muß ich einrücken.« Weiß Gott, seit ich hier angefangen hatte, juckte es mich ständig, ihm eine zu kleben, und jetzt kam er doch tatsächlich auch noch an meinen Busen gekrochen.
»Weißt du, was mir bei der Army zu schaffen macht?« »Nee.«
»Ich werd meine Alte nicht mehr pimpern können. Also, die meisten Jungs sind ja noch zu grün, die haben keine Erfahrung. Aber bei dir, ich meine, du kriegst es ja regelmäßig, das seh ich dir an . . .« (Fehlanzeige, dachte ich.) ». . . also sag ich zu meiner Frau, ich sag >Honey, was werd ich bloß tun. Ich werd dich nicht mehr ficken können.< Und weißt du, was sie mir antwortet? Sie sagt: >Menschenskind, mach, daß du in die Army kommst und sei endlich ein Mann. Ich werd schon auf dich warten . . .< Aber verdammt, es wird mir fehlen. Es wird mir arg fehlen. Die meisten von diesen Jungs wissen ja nicht, wie das ist, aber du und ich, wir wissen es. Yeah.«
Hätte ich ihm vielleicht sagen sollen, daß ein anderer ihm das Pimpern abnehmen würde, während er weg war? Und daß sie, wenn er nicht mehr zurückkam, mit dem was sie noch zu bieten hatte, ganz selbstverständlich die dafür vorgesehene Position auf dem Fleischmarkt einnehmen würde? Und der kleine Maulwurf würde seine x-beliebige unerhebliche Position in der Army ausfüllen: einem Himmelfahrtskommando BANZAI ! brüllender Japaner zu trotzen, oder einem letzten verzweifelten Schachzug des bereits geschlagenen Hunnen, der erbittert und zähneknirschend mit der letzten Energie, die ihm der Wahnsinn verlieh, durch den Schnee der Ardennen vorpreschte und nach SEINER Nummer Ausschau hielt. Und der mickrige Maulwurf würde es heroisch durchleiden wie einen Juckreiz oder ein Gähnen oder eine Grippe, nur um weiter auf der richtigen Seite der menschlichen Gesellschaft zu bleiben, in der Hoffnung, bei einigem Glück mit heiler Haut davonzukommen und dann wieder in Ruhe seine Alte ficken zu können.
Da habt ihr die Spannweite des Phänomens Sex: sie umfaßt drittklassige Arschkrücken, die zwecks Erhaltung eines Sy stems, das auf der Diktatur sekundärer Geschlechtsmerkmale beruht, einen Granatwerfer bedienen, ebenso wie die Triebkräfte, die ganze Armeen bewegen. Männer, die anstelle eines Hirns eine Möse haben, werden mit Tapferkeitsmedaillen dekoriert. Aber was für eine Tapferkeit ist das? Der Mut von Idioten fällt doch kaum ins Gewicht.
Nun ja, je mehr man darüber nachdenkt, desto weniger wird man daraus schlau, und das Sex-Ding macht sogar den Bu kowski konfus.
Einmal saß ich abends in einer Kneipe, downtown, in der Nähe von einem der großen Tunnels, ich wohnte grad um die Ecke, ein Stück den Bunker Hill rauf, well, ich saß also in dieser Kneipe, so richtig am Bechern, und verdammt, ich fühlte mich so richtig stark, ganz harter Bursche und so, der mit jedem fertig wird, der ihm in die Quere kommt. Ich war so 22, 23. Ein richtiges Arschloch, das sich noch Illusionen macht. Na schön, ich sitz also da, trinke alles durcheinander — Whisky, Wein, Bier — und geh mir jede Mühe, mal so richtig zu versumpfen, aber es will nicht klappen.
Und dann schau ich mal in die Runde und seh dieses sehr traurige und schöne junge Mädchen neben mir sitzen. Sie ist vielleicht siebzehn und hat langes blondes Haar (sowas macht mich immer weich, diese langhaarigen Typen, ich meine, wo man bis an den Arsch runter langen kann und immer noch Haar in der Hand hat. . .) und sie sitzt sehr still, ganz ruhig, man sieht fast einen kleinen Heiligenschein ... ah, aber sie ist eine NUTTE , und neben ihr sitzt ihr Schutzengel, die les bische Madam, und sie MÖCHTEN eigentlich lieber nicht, versteht ihr, aber sie brauchen eben den Zaster. Ich fing eine Unterhaltung mit ihnen an und bestellte Drinks. Für jeden Drink, den sie schlürften, kippte ich drei runter. Das schien sie zu ermutigen. Ich hatte angebissen, ich hatte das »X« auf der Stirn, ich war leichte Beute. Was sie nicht wissen konnten, ist, daß ich schon überall in der Stadt Saufwetten gewonnen hatte, und zwar mit einigen der härtesten Trinker, die es gab. Ich weiß nicht, warum ich solche Unmengen in mich reinkippen mußte, bis ich endlich unter den Tisch fiel. Vielleicht hatte ich zuviel aufgestauten Ärger in mir. Oder zuviel Unverstand. Wahrscheinlich beides.

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