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Aufzeichnungen eines Außenseiters

Aufzeichnungen eines Außenseiters

Titel: Aufzeichnungen eines Außenseiters Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Charles Bukowski
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sich meine Lippen bewegten. Aber er hörte zu, lachte, nickte mit dem Kopf und ließ die Drinks anfahren. Er hatte eine massive Armbanduhr, an jedem Finger einen Ring, und eine pralle Brieftasche. Es war harte Arbeit, aber mit den spendierten Drinks kam ich einigermaßen über die Runden. Ich erzählte ihm Stories aus dem Knast, von den Track-Gangs bei der Eisenbahn und aus dem Bordell. Die Bordellgeschichten gefielen ihm am besten. Ich erzählte ihm von dem Kerl, der sich nackt in die leere Badewanne setzte, während die Nutte ein Abführmittel nahm, und nach einer Stunde kam sie rein und zog ihren Dünnschiß über ihm ab, und ihm ging einer ab, der bis an die Decke spritzte.
»Oh nein, WIRKLICH ?«
»Oh ja. Wirklich.«
Dann erzählte ich ihm von einem, der regelmäßig alle zwei Wochen ankam und gut bezahlte. Er ging mit der Nutte aufs Zimmer, sie zogen sich aus und spielten Karten. Nach zwei Stunden war er soweit. Konnte es nicht mehr erwarten, seine Klamotten wieder anzuziehen. Geld auf'n Tisch und raus. Und die Nutte nie angelangt.
»Donnerwetter!« sagte der Fette und sah völlig entgeistert drein.
»Yeah«, sagte ich.
Er hatte nichts als Scheiße im Kopf, das stand fest. Und je länger ich seinen dicken Schweineschädel ansah, desto wohliger wurde mir beim Gedanken an den Augenblick, wenn der Baseballschläger darauf niedersausen würde. »Mögen Sie junge Girls?« fragte ich.
»Oh yeah, yeah, yeah!«
»So um die 15?«
»Oh mein Gott, ja!«
»Ich erwarte eine aus Chicago heut nacht. Sie wird so kurz nach 2 in meiner Wohnung sein. Sie ist sauber, intelligent und hat 'n irres Temperament. Ich geh natürlich ein kleines Risiko ein, wenn ich Ihnen das so sage. Sie müssen mir also vertrauen. Sagen wir 10 Dollar im voraus und 10, wenn Sie fertig sind. Oder ist Ihnen das zu hoch . . .?« »Aber nein! Völlig in Ordnung!« Er fischte einen Zehner aus der Tasche.
»O. K. Wenn die hier dicht machen, kommen Sie mit mir.« »Klar. In Ordnung.«
»Und dann hat die Kleine aber auch noch solche Sporen. Silberne Sporen mit Rädchen aus Rubinen. Die kann sie anlegen und Ihnen was vorreiten, während Sie sich die Eier am Abbrechen sind. Was meinen Sie dazu? Das kostet allerdings 5 Dollar extra.«
»Ah, nein, vielleicht doch lieber ohne die Sporen.« Schließlich wurde es 2 und ich ging mit ihm raus und steuerte ihn in Richtung auf unsere Stelle. Hoffentlich war Lou nicht irgendwo versumpft oder hatte Schiß gekriegt. Vielleicht machte er sich doch Sorgen, daß er dem Typ aus Versehen den Schädel zertrümmern könnte. Im stillen war ich froh, daß ich nur das Reden zu besorgen hatte . . . Wir schwankten im Mondlicht die Straße hinunter. Weit und breit war niemand zu sehen. Alles würde glatt gehen.
Wir kamen an die vereinbarte Ecke. Lou war da.
Aber der Dicke sah ihn, er machte eine Bewegung mit dem Arm und duckte sich. Der Schlag verfehlte ihn und traf mich. Direkt hinter dem Ohr.
Während ich zu Boden ging, zuckte mir für den Bruchteil einer Sekunde der Gedanke durch den Kopf: Wenigstens hab ich den Zehner . . . wenigstens etwas . . .
Und dann lag ich in der Seitengasse im Dreck, zwischen alten Kondomen, Zeitungsfetzen, demolierten Waschmaschinen, Nägeln, Streichholzschachteln, vertrockneten Regenwürmern, in einer schmierigen Gasse voller nasser, sadistischer Schatten, wo sich rachitische Tunten im Morgengrauen mit klammen Händen gegenseitig einen runterholten und der rasselnde Atem von streunenden, bis aufs Skelett abgemagerten Katzen aus den dunklen Ecken drang.
Undeutlich hörte ich noch, wie der Dicke die Flucht ergriff; dann spürte ich Lous Hand, die mir den Zehner aus der Tasche zog; dann riß der Film.
Der steinreiche Bonze hockte in seiner Heimsauna und heulte. Er hatte das Gesamtwerk von J. S. Bach auf Schallplatten, aber das half nichts. Er hatte Butzenscheiben in der ganzen Wohnung, er hatte ein Bild von einer Nonne, die ihre Röcke hob und in den Rinnstein pißte, und auch das nützte nichts. Einmal hatte er in der Wüste von Nevada bei Vollmond einen Taxifahrer zu Tode foltern lassen und dabei zugeschaut; das möbelte ihn etwas auf, aber nach einer halben Stunde hatte auch diese Geschichte ihren Reiz für ihn verloren. Er fesselte Hunde an alte Grabkreuze und brannte ihnen mit seinen 5-Dollar-Zigarren die Augen aus. Kalter Kaffee. Er hatte so viele junge, unschuldige Dinger defloriert, daß ihn auch das nicht mehr juckte. Jetzt war er quengelig und verbit tert. Er brannte teures exotisches Räucherwerk

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