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Augen für den Fuchs

Titel: Augen für den Fuchs Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Henner Kotte
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Fall lässt dich nicht schlafen. Mein Wecker kann da gar nichts dafür.«
    »Doch.«
    Beetz war fertig. Sie schlief unregelmäßig. Sie aß unregelmäßig. Einziger Fixpunkt in ihrem Leben war der Mann, der jetzt vom Kopfkissen zu ihr aufschaute. Joseph Hönig, übel beleumundeter Polizeireporter, bestgehasster Mann des Präsidiums. Kriminaldirektor Miersch hatte Beetz bereits gedroht, sie beim geringsten Zweifel an ihrer Verschwiegenheit zu entlassen oder zumindest in die Aktenablage zu versetzen. Sie hatte keine Lust, im Archivstaub zu vertrocknen, aber sie wollte auch Joseph Hönig nicht verlieren. Sie liebte ihn. Und er liebte sie, hatte sie zumindest den Eindruck, wenn er überhaupt wusste, was Liebe für ein Gefühl war. Manchmal zweifelte sie daran. Joseph küsste sie. Sie rollten über das Bett.
    »Was ist so wichtig, dass es dich nachts außer Haus treibt?«
    Sie kamen übereinander zum Liegen. Joseph sah ihr direkt in die Augen. Dann hauchte er ihr einen Kuss auf die Wange und nahm ihr damit den Atem.
    »Soll ich zu anderen Maßnahmen greifen?«
    »Nein!«
    Aber Joseph begann sie zu kitzeln, nahm sie in den Arm und ließ sie nicht wieder los. Ihre Müdigkeit hatte Beetz überwunden. Schon allein deswegen liebte sie diesen Mann.
    »Das ist sehr clever. Ein Mann stirbt und wird im Krankenhaus von Schwestern behandelt, die es nicht gibt.« Sie konnte nicht schweigen. Sie musste reden. Der Fall zerrte an ihren Nerven. Scheiße! Joseph war Reporter. Sofort war er voll gespannter Aufmerksamkeit, aber er stellte ihr keine Frage.
    »Wirtschaftsbetrug, kein Fall für die Mordkommission«, erzählte Beetz weiter.
    »Aber der Tote wurde ermordet, oder nicht?«, fragte Joseph jetzt doch.
    »Das bleibt das Rätsel.«
    »Du wirst es lösen.«
    Er bedeckte ihr Gesicht erneut mit Küssen. Beetz konnte sich kaum bewegen, aber sie wehrte sich nicht wirklich. Es schien ein wunderbarer Morgen zu werden.
    »Holst du Brötchen?«, fragte sie.
    Joseph hielt sofort inne. »Verdammte Scheiße, ich muss nach Dresden, der Prozess beginnt pünktlich um neun.« Er sprang aus dem Bett und verschwand eilig im Bad.
    »Das war’s dann.« Beetz saß im Bett. Joseph lief vom Bad zum Schrank zum Bad zum Schrank und in die Küche. Seine Cornflakes aß er zwischen Herd und Garderobe. Es dauerte keine acht Minuten, und der Mann war reisefertig.
    »Wann kommst du wieder?«
    »Ich bin doch immer bei dir.« Sagte es und knallte die Tür.
    Beetz versuchte, noch einmal einzuschlafen. Aussichtslos. Ihre Gedanken zum Fall Stuchlik folterten sie, und für Kohlunds merkwürdiges Verhalten fand sie auch keine Erklärung. Eigentlich war ihr der Chef stets ausgeglichen und bedachtsam erschienen, aber gestern hatte er die alte Frau wirklich gequält. Das war kein Umgang mit Zeugen, das war Einschüchterung gewesen. Mit solchen Mitteln würde man nie einen Fall klären, schrieben die Lehrbücher. Das war eine Tatsache. Wenn es ihre Zeit ermöglichte, würde sie sich bei der alten Frau Schwitters entschuldigen. Sie schämte sich für ihren Chef und setzte den Vorsatz als gute Tat auf ihre To-do-Liste. Die Alte würde sich freuen. Die Sonne schien. Beetz war beinahe glücklich.
    Ohne Joseph hielt sie nichts mehr im Bett. Sie genoss ein Frühstück ohne Stress. Die Zeugen waren alle befragt, alle Protokolle geschrieben. Sie könnte noch vor der Dienstberatung Dr. Bornscheins Büro aufsuchen, und den Typen zur Klärung des Sachverhaltes mit ins Präsidium nehmen. Sie könnte auch mit Grischa Merghentin sprechen, der kannte sich aus bei Internetrecherche und dem Hacken geschützter Dateien und Webseiten. Seit ihn seine Verletzung in den Rollstuhl zwang, waren für ihn Ermittlungen außer Haus aufwendig und zeitraubend. Kohlund hatte ihn auf einen Schonposten geschoben, und manchmal kam es Beetz so vor, als sei Merghentin die bessere Sekretärin als Manuela Hohmann.
    Beetz packte ihre Tasche und fragte sich wie fast jeden Tag, warum sie sie überhaupt unter den Arm klemmte. Kuli, Notizbuch und Portemonnaie passten in ihre Jacke. Sonst barg ihre Aktentasche nichts, was sie auf Arbeit unabdingbar brauchte. Seit sie Joseph Hönig kannte, hatte sie sich abgewöhnt, Akten mit nach Hause zu nehmen. Und wie immer, wenn sie daran dachte, pochte das schlechte Gewissen: Sie vertraute Joseph und ihrer Liebe nicht. Zumindest nicht ganz, obwohl er ihr niemals einen Anlass geboten hatte, der sie an seiner Verschwiegenheit zweifeln ließ. Auch die anderen Kollegen bemerkten,

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