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Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter

Titel: Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenther Bentele
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gesagt und mich weggeschickt. Ganz steif hat sie sich gemacht.
    Da habe ich Angst bekommen, dass sie vielleicht aussätzig ist, und war vorsichtig, wenn ich mit ihr zusammen war, damit ich nicht selbst aussätzig werde. Aber es bildete sich nicht dieser Wulst zwischen den Augenbrauen, der bei aussätzigen Bettlern zu sehen ist. Sie hat auch nicht jene toten weißen Knoten in der Haut.
    Doch es ist noch viel, viel schlimmer als Aussatz!
    In den letzten zwei Wochen wurde sie mehrmals ohnmächtig, einmal während des Mitternachtsgebets. Das andere Mal auf dem Weg zum Kreuzgang, wo wir unsere Gebete verrichten und wo wir in Stille auf gute Gedanken kommen. Beide Male konnte ich sie auffangen, zum Glück. Beim Mitternachtsgebet haben es alle gesehen, aber es fiel nicht auf; immer wieder kommt es vor, dass eine Nonne das Bewusstsein verliert, vor allem in der Fasten-zeit.
    Überhaupt das Fasten! Viele von uns fasten auch, wenn keine Fasten sind. Fasten darf man immer, wenn man es für richtig hält. Man soll es aber nicht übertreiben, sagt die Mutter Äbtissin, Gott wolle gesunde Menschen. Deshalb darf man zwar fasten, um die verirrte Seele auf Gott zu lenken. Aber alles braucht ein Maß, sagt die Mutter Äbtissin.
    Völlerei jedoch ist ganz ungesund und darf es deshalb im Kloster nicht geben.
    Das zweite Mal, als Mechthild in eine Ohnmacht fiel, war ich allein mit ihr auf einem der dunklen Gänge, die zum Kreuzgang führen. Ich habe Wasser aus dem Brunnen geholt, wo wir uns die Hände waschen, bevor wir die Kirche betreten.
    Ihre erste Frage war: Hat es jemand gesehen? Sie hat am ganzen Leib gezittert. Dann hat sie geweint und geweint. Erst als eine Nonne den Kreuzgang entlangkam, wischte sie sich hastig die Tränen fort.
    Man wartet auf mich. Ich muss Schluss machen.
     
    Gottes Segen walte allezeit über Dir!
    Katharina

    Reinald an Katharina,
    Was hast Du gegen Waffen? Das kommt mir vor wie jener Weiden, der Milchbusch. Er sagte zu mir: Ein richtiger Ritter muss Frieden schaffen, das soll sein Ziel sein, und nur dazu hat er Waffen, nur zum Schutz der Schwachen.
    Aber wir sind Panzerreiter! Waffen sind unser Beruf, habe ich geantwortet, wir sind keine Milchbüsche! Da ist das Bürschlein rot geworden und hat sich beleidigt gefühlt. Ich habe ihm einen Zwei-kampf angeboten. Aber er hat dumm geschaut und gesagt: Was anderes fällt dir nicht ein, ich weiß.
    Aber geschlagen hat sich der Kümmerling natürlich nicht.
    In Liebe,
    Dein Reinald

    Katharina an Reinald,
    lieber Reinald! Hat nicht dieser Hans von Weiden Recht, wenn er meint, dass ein Ritter Frieden schaffen soll? Und sollen Ritter nicht wirklich ein Schutz sein für die Schwachen?
    Mehr kann ich heute nicht schreiben. Ich wusste nicht, dass der alte Martin schon so bald wieder nach Falkenberg geht.
    Mehr weiß ich heute aber auch nicht zu schreiben.
    Du solltest einmal darüber nachdenken.
     
    Katharina

    Reinald an Katharina, was weiß man in einem Kloster darüber, was ein Ritter ist? Ein Ritter darf kein Schwächling sein, sagt mein Herr. Wie will er sich sonst Recht verschaffen?
    Vor ein paar Tagen ist ein fahrender Sänger auf Burg Falkenberg gekommen. Er hat sehr schön gesungen, viel von Minne und von schönen Frauen, und da habe ich an Dich gedacht und dass Du mir wieder schreiben sollst wie sonst auch!
    Der Sänger hat an drei Tagen eine ganze Geschichte vorgetragen: Von einem schönen jungen Ritter mit Namen Heinrich. Dem sind auf einmal am ganzen Leib Geschwüre aufgebrochen, und der Medicus in der Geschichte meinte, dass er daran sterben muss. Dann war da ein Zauberer, der hat gesagt, dass er ihn heilen kann, wenn eine Jungfrau ihm ihr Herzblut gibt - sich also für ihn umbringen lässt.
    Er hat dann tatsächlich ein Mädchen gefunden, das sich aus Liebe für ihn opfern wollte. Und als es dann nach vielem Hin und Her so weit war, hat er auf einmal gesagt, dass er nicht mehr will, dass sie für ihn geschlachtet wird. Da hat ihn der liebe Gott von selbst wieder gesund gemacht.
    Ich habe den Schluss nicht so recht verstanden, warum er auf einmal nicht mehr gewollt hat und dann doch gesund geworden ist. Aber die Geschichte war sehr schön, alles in Reimen, und man wollte immer wissen, wie es weitergeht und war froh, dass es gut ausgegangen ist, warum auch immer.
    Der Sänger wohnte drei Tage auf der Burg, und mein Ritter hat gesagt: Diese fahrenden Sänger sind arme Teufel, Ritter ohne Lehen. Der bei uns war, ist sehr berühmt. Aber er ist eigentlich

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