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Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter

Titel: Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Guenther Bentele
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der Mauer stehe! Und nach dem Sieg hängt mir der Ritter eine goldene Kette um oder schlägt mich vorzeitig zum Ritter, oder ich bekomme sonst etwas, das nicht jeder bekommt!
    In Liebe,
    Dein Reinald

    Katharina an Reinald,
    Dein Brief hat mich zu Tode erschreckt - Du als Erster auf der Mauer! Und alle richten ihre Waffen gegen Dich. Gegen Dich! Ich bete, dass dies niemals, niemals geschehen wird. Alle Heiligen mögen Dich davor bewahren!
    Lieber Reinald, hier im Kloster ist alles so friedlich, so ruhig. Der Brunnen plätschert im Kreuzgang. Oft hört man den ganzen Tag fast nur dieses Geräusch. Die Schwalben bauen ihre Nester unter den Gewölben. Ab und zu hört man den Tritt einer Nonne oder zu den Gebetszeiten unsere Gesänge. Sonst ist hier die Stille, in der Gott spricht, wie die Mutter Äbtissin sagt.
    Und ich glaube, dass ich IHN schon gehört habe. Ich weiß nicht, wie ER redet, ich bin ja keine Heilige. Aber wenn es ganz still ist, außen und innen -
    Natürlich ist auch viel Unruhe wegen Mechthild. Die Ärmste hat jetzt Arrest, so ist es im Kapitel beschlossen worden. Das Kapitel ist die Versammlung aller Nonnen im Kapitelsaal neben dem Kreuzgang. Es wird von der Mutter Äbtissin geleitet. Hier wird alles beschlossen, was das Kloster betrifft. Wir Novizinnen dürfen nicht dabei sein. So weiß ich nicht, was mit Mechthild und ihrem kleinen Kind geschehen wird. Sie reden dort auch über diese Fehde, von der Du schreibst, aber wir Novizinnen erfahren nichts, und das ist auch besser so!
    Ich habe mir schon vorgestellt, dass ich Mechthild helfen und das kleine Kindchen auf den Armen in den Schlaf wiegen darf. Aber daraus wird wohl nichts. Wer weiß, was mit ihr geschieht und wohin man sie bringen wird. Fürs Erste ist Mechthild in einen Raum gesperrt, wo nichts ist als ein großes Kreuz und eine Schütte Stroh. Dort soll sie beten und ihre Todsünde bereuen.
    Ist es nicht auch eine Todsünde, dass ich Dir Briefe schreibe? Und dass ich nichts davon in der Beichte sage? Dabei ermahnt uns die Mutter Äbtissin fast jeden Tag, alle unsere Anfechtungen zu beichten und mit dem Beichtvater aus dem Kloster Gnadenberg, der uns jede Woche einmal besucht, zu besprechen.
    Aber ich weiß nur, dass ich Dich lieb habe; und ich möchte das ewige Gelübde nur deshalb nicht ablegen, weil ich mit dir zusammen sein will und weil ich mit Dir viele Kinder haben will.
    Aber das weiß ich in der Zwischenzeit: Es ist auch schön, Nonne zu sein, und ich schreibe Dir das aus vollem Herzen! Manchmal weiß ich nicht, was ich wirklich will. Ich bete sehr viel um die richtige Einsicht. Ich bete auch sehr viel für Dich, Deine Briefe sind so - ich kann es nicht sagen. Ich will Dich nicht verletzen. Sie sind so wild. Sie wollen nicht zu dem Leben passen, das ich jetzt führe.
    Natürlich bete ich auch für Mechthild und das kleine Wesen, das sie im Leibe trägt. Wird es jemals glücklich sein? Und die Mutter? Ich bete sehr viel für beide.
    Es ist gar nicht mehr so leicht, dem alten Martin den Brief zu geben. Sie achten jetzt viel mehr auf uns Novizinnen. Mutter Fredegunde hat dieses Amt übernommen, und sie wittert wie ein Wachhund und hört und sieht schärfer als ein Luchs.
    Aber Mutter Adelgunde, unsere Frau Äbtissin, hat mich schon zweimal heimlich zu Mechthild eingelassen. So ein armes Mädchen, hat die Mutter Äbtissin gesagt, sie braucht dich. Zwar müssen wir sie bestrafen, aber ihre Seele soll keinen Schaden nehmen. Geh nur hinein.
    Mechthild lächelt, wenn ich zu ihr komme, aber sie redet nur wenig. Und wie bleich sie ist!
    Ich muss nun leider aufhören.
    Als ich dem alten Martin beim letzten Mal meinen Brief an Dich gab, da lachte er: Die viele Birkenrinde! Er komme sich schon nicht mehr vor wie ein Klosterbote, sondern wie ein richtiger Holzesel.
    Aber er hat mit den Augen gezwinkert.
    In Sorgen, Liebe und Zweifel,
    Deine Katharina

    Reinald an Katharina, das kann nicht sein! Da denke ich Tag und Nacht an nichts anderes, als daran wie wir Dich aus diesem Kloster kriegen, und Du schreibst vom Beten, vom Brunnen im Kreuzgang und von dieser Mechthild und ihrem ungeborenen Bastard. Du solltest schon wacher durch die Welt gehen. Und ob das viele Beten gut für Dich ist? - Den ganzen Tag beten, das kann ich nicht. Ich habe auch noch nie erlebt, dass durch die Beterei allein eine einzige Arbeit fertig geworden ist. Da kannst du dich den ganzen Tag vor einen Baum stellen und Gebete murmeln - davon fällt der nicht um - dass ich nicht

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