Augenblicke Der Geschichte - Das Mittelalter
Gaukler wirklich einen Heller aus dem Ohr geholt. Weiß der Teufel, wie! Ich habe Utz gefragt, woher er das Geldstück hatte, aber er sagt, er hat noch nie auch nur einen einzigen Heller gehabt.
Gaukler können gehen, wohin sie wollen. Wenn man da an uns zwei denkt! Solche Probleme haben die nicht, da kannst du Gift drauf nehmen.
Aber sie tragen keine Waffen und nichts - und das wäre nichts für mich!
Schreib mir, worum ich Dich gebeten habe. Ich muss genau wissen, wann Du wo bist.
In ewiger Liebe,
Reinald
Katharina an Reinald, ich verspreche Dir, dass Du keinen Grund mehr haben wirst, über mich zu klagen, und ich will schreiben, was immer Du von mir verlangst. Du bist der Mann.
Dennoch hat mir Dein Brief auch wehgetan: Es sind keine unnützen fromme Dinge, die wir im Kloster tun. Wir beten, wir arbeiten, und immer ist Gott unsere Mitte. Und so soll es doch auch sein. Verzeih mir, ich will Dir einmal von ganzem Herzen ein Leben lang gehorsam sein, aber Du darfst nicht solche Dinge schreiben. Ich bete ja auch für Dich, eigentlich für uns. Aber ich bete auch für meine Mutter, meine Stiefmutter, meinen Vater und meine Geschwister und für die Toten in meiner und Deiner Familie. Deshalb bin ich ja hier.
Mehr will ich darüber nicht schreiben.
Unsere Arbeit ist mannigfaltig: Manche Nonnen schreiben Bücher ab, andere malen Bilder und Verzierungen in diese Bücher oder schmücken sie mit Initialen. Wieder andere sticken an Gewändern, etwa für einen Bischof oder einen Abt, sogar mit Silber-oder Goldfäden, oder machen unendlich kostbare Webarbeiten. Ich kann gar nicht alles aufzählen.
Viele dieser Arbeiten werden auch für sehr viel Geld verkauft und vermehren den Reichtum von Gotteszell.
Von der Arbeit, die wir Novizinnen tun, wage ich gar nicht zu schreiben, weil sie ganz gering ist und dem Kloster noch kaum Vorteile bringt. Wir sind Lernende. Wir erhalten sehr viel Unterricht in der lateinischen Sprache bei Mutter Hildegunde. Bei Mutter Adelgunde lernen wir das Sticken, bei Mutter Fredegunde das Weben. Und Mutter Roswitha, eine kluge, gelehrte Frau, hat mich kürzlich gelobt: Liebe Katharina, du machst deiner Namenspatronin alle Ehre, du bist die Beste unter den Novizinnen im Erlernen der lateinischen Sprache und auch die Beste in dem, was wir über die Geschichte wissen.
Du musst wissen, Reinald, dass wir dies alles lernen. Und wenn ich auch lieber bei Dir wäre, so bin ich auch stolz darauf, dass ich so viel lernen darf.
Gestern nach der Complet hat Mutter Fredegunde gesagt, dass ich keinen Grund hätte, die Sünde des Hochmuts und des Stolzes anzunehmen. Sie habe gehört, dass ich gelobt worden sei. Es habe schon unzählige Nonnen gegeben in diesem Kloster, die genauso gut oder besser gewesen seien als ich. Jeder sei nur darin gut, was Gott ihm geschenkt hat. Und freuen dürfe man sich, wenn überhaupt, nur tief im Herzen, sodass andere es nicht bemerken.
Aber am nächsten Tag hat Mutter Magdalene, bei der wir das Sticken erlernen, gesagt, wie schön es sei, was ich stickte, darüber freute ich mich natürlich, wie Du Dir denken kannst. Und Mutter Fredegunde hat mich noch einmal angesprochen, ich solle ja nicht stolz werden, das sei eine der schlimmsten Sünden.
Dass Falkenberg so sicher gegen Feinde ist, freut mich sehr - der Gedanke, Du könntest bei einer Belagerung - ich darf es nicht denken und kann es noch weniger schreiben.
Lieber Reinald, der alte Martin wartet.
Gottes Segen walte über Dir!
Katharina
Reinald an Katharina,
ich habe ein Wildschwein erlegt! Mit eigener Hand und ganz allein.
Eigentlich war ich voller Wut. Sie haben mich bei der Treibjagd an einen Platz gestellt, wo sicher war, dass dort ganz gewiss kein Wild kommen wird. Die Treiber wurden von dieser Stelle aus los-geschickt: Es war so ein Krach, wie sollte da ein wildes Schwein -
Was will der Ritter eigentlich?, habe ich mir gedacht. Will er, dass sein Knappe etwas lernt, oder will er, dass seine lieben Verwandten die große Strecke erlegen? Pfeif drauf!, habe ich mir gesagt und mir vorgenommen, dem Ritter nach der Jagd die Meinung zu sagen, aber wie! Mein Adel ist so gut wie der seines Neffen Konrad, der seit ein paar Tagen auf der Burg ist. Und auch wenn der zwei oder drei Jahre älter ist - kein Grund, dass dieser glatthaarige Fatzvogel an den besten Platz gestellt wird! Auf die Waldwiese und genau in der Linie der Treiber. So, als wäre die Jagd nur für diesen aufgeblasenen Vogel da, diesen
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