Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)
schlanken, hochgewachsenen, dunkelhaarigen jungen Polizisten
zu entsinnen, dessen einziges Sinnen und Trachten war, bei der Kriminalpolizei
Karriere zu machen. Seinetwegen war sie damals mit ihm nach Wiesbaden
umgezogen, als eine interessante Stelle beim Bundeskriminalamt besetzt werden
musste. Sie wollte seinem beruflichen Werdegang nicht im Wege stehen. Seine
analytischen Fähigkeiten in diesem Amt, mit denen er präzise, auch schwierige
kriminelle Sachverhalte logisch miteinander zu verquicken verstand, erregten
sehr schnell die Aufmerksamkeit seiner Vorgesetzten. Gegen eine Versetzung in
das geheime Auswertungs- und Analysezentrum konnte er sich nicht wehren. Von
der Menge kaum zu bewältigende Leseleistungen mussten alltäglich bewerkstelligt
werden. Todunglücklich, aber sehr erfolgreich war er in diesem Arbeitsbereich.
Weil seine Analysen und Prognosen mit fast mathematischer Präzision sehr oft
ins Schwarze trafen, avancierte er in der Abteilung zum heimlichen Liebling
seiner Vorgesetzten. Gerne schmückten sie sich mit seinen Erfolgen. Er war
unverzichtbar geworden. Die Abteilung wollte und konnte nicht auf seine
Mitarbeit verzichten. Als ihn dann die Abordnung in das Kriminalistische
Institut des Bundeskriminalamtes ereilte, kam es ihm wie eine Befreiung vor.
Junge Abiturienten zu Kriminalkommissaren auszubilden, machte ihm Freude.
Besonders dann, wenn er von den jungen Frauen eines jeden Lehrganges
angehimmelt wurde. Es schmeichelte seinr Männlichkeit. Von Jahr zu Jahr erhöhte
sich der Frauenanteil beim Bundeskriminalamt. Er fühlte sich wie ein Hecht im
Karpfenteich. Dieser Euphorie bereitete Wolff ein jähes Ende, als er ihn in
seine Abteilung zur Bekämpfung der überörtlichen Schwerstkriminalität holte.
Wolff, diesem kompromisslosen Isegrim, war es nach zähem Ringen gelungen, ihn
aus dem Schulungsalltag wieder in die beklemmende und scheußliche Welt der
Verbrechensbekämpfung zu holen. Er verpasste Hanson den kriminalistischen
Feinschliff und formte ihn zu einem mit allen Wassern gewaschenen
Kriminalisten, der die Scheu, in jedem Menschen das Böse zu vermuten, endgültig
ablegen konnte. Fortan war sein Alltag nicht mehr das Grau des Alltäglichen.
Das Erschreckende, das Befremdliche, das Außergewöhnliche wurde ihm nun zur
Routine. Die Gratwanderung zwischen seinem Anspruch, eine bessere und
gerechtere Welt zu schaffen und die dunklen Seiten seines Wirkungskreises außen
vor zu lassen, hatte ihn geprägt, hatte ihn verändert, hatte ihn hart werden
lassen. Dieser Kriminaldienst, wähnte Hanson schon damals, torpediert jede Ehe.
Aber Karriere wollte er machen. Stress, purer Stress, der auch die Ehe
streckenweise schwer belastete, war die Folge. Vielleicht eine Ursache ihrer
Kinderlosigkeit glaubte Hellen damals und ließ es oft durchblicken.
Hellen nahm seine Hand und drückte sie mit
letzter Kraft, „Schade, dass wir keine Kinder haben, ich hätte dir gerne einen
Sohn geboren, hätte ihn gerne heranwachsen sehn und seine eigene Hochzeit
miterlebt “. Ihr Lächeln erstarrte, ihr Händedruck ließ nach, Hellen war
gestorben.
Vieles wollte er ihr noch sagen, doch viel zu
viel blieb unausgesprochen, jetzt war es zu spät, leider. Gott gewährt keinem
eine zweite Chance. Hanson wusste, die Tage werden fortan grau. Jeder Tag
grauer als der Tag zuvor.
Wie seiner Zeit konnte er sich auch jetzt kaum
seiner Tränen erwehren. Jedes Mal, wenn sich Hanson dieser Situation erinnerte,
schossen ihm die Tränen ins Auge. Er hoffte inständig, dass seine privaten
Pikanterien, die er sich als Lehrer beim Bundeskriminalamt geleistet hatte,
Hellen verborgen geblieben waren, und dass sie in ihrer Ehe mit ihm mehr Glück
empfand, als er selbst zu geben im Stande war.
Einmal hatte er Hellen betrogen. Nicht dass
seine Ehe begann schal zu werden, nein, der raffinierten Verführungskunst der
jungen Mitarbeiterin konnte er nicht widerstehen, wenn sie sich ihm mit rosiger
Appetitlichkeit darbot. Es tat ihm leid. Einmal war aber bei den vielen Amüsements
selten genug und fast schon ein Beweis seiner tugendhaften Treue. Aber das
schlechte Gewissen plagte ihn Jahr und Tag. Alles was er um der Liebe willen
hätte geben können, hatte er versäumt, ihr zu geben. Jetzt war es zu spät.
Schade. Leider war er immer zu unbegabt, seine Liebe zu zeigen. Einst,
erinnerte sich Hanson, war er mit Hellen glücklich, erinnerte sich, früher
öfters fröhlich gewesen zu sein, erinnerte sich auch, häufig gut gelaunt,
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