Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)
viel, sehr viel passiert war. Etwas Aufregendes war geschehen. Rebecca
musste doch wissen, dass er ihre Brüste streifen würde, die Tür war einfach zu
schmal, als dass er ohne diesen engen Körperkontakt hätte hindurch schlüpfen
können. Er war sich sicher, sie hatte es provoziert. Es behagte ihm, sehr
sogar.
Aus dem Sprechzimmer hörte er den hochtourigen
Zahnbohrer, sein Freund hatte wohl noch einen Patienten zu versorgen. Wohl oder
übel nahm Hanson im Wartezimmer Platz und war über die vielen Patienten
überrascht, die trotz des Scheißwetters den Weg nach hier gefunden hatten. Sein
Weisheitszahn meldete sich wieder mit wahnsinnigen, pochenden Schmerzen.
Staatssekretär Dr. Beyer war ihm schon nicht mehr im Gedächtnis, als sein Blick
auf die Titelstory der im Wartezimmer ausgelegten Bild-Zeitung fiel.
„Bestechungsskandal im Wirtschaftsministerium“ war in großen Lettern zu lesen.
Ein Abbild in Postkartengröße zeigte einen etwas dicklichen Mann, quer darüber
war die Frage notiert, „War Dr. Beyer bestechlich?“
Hanson griff sich die Zeitung und begann den
Artikel zu überfliegen. Dr. Beyer sollte nicht nur an einem Waffendeal mit
einem nicht näher bezeichneten Staat des Nahen Osten beteiligt gewesen sein,
sondern auch Schmiergelder in zweistelliger Millionenhöhe kassiert haben. Das
Waffengeschäft war eben durch diesen Staatssekretär Dr. Dr. Beyer genehmigt
worden und roch nach Bestechung. Weiter lesen konnte er nicht. Die
Wartezimmertür öffnete sich, zwei wunderschöne Brüste schoben sich durch den
Türspalt und er hörte Rebeccas freundliche Stimme:
„Herr Hanson, Jörg erwartet Sie.“
Hatte er richtig gehört, die Sprechstundenhilfe
duzte ihren Chef? Für Hanson war jetzt klar, die beiden hatten ein Verhältnis.
Anders konnte es gar nicht sein. Neidisch konnte man schon werden, schoss es
ihm durch den Kopf. Aber warum tat sein Freund das seiner Frau Irene an, mit
der er über zwanzig Jahre glücklich verheiratet war. Glücklich? War die Ehe
wirklich glücklich? Lückenhaft konnte Hanson sich an gelegentliche Ehekrisen
erinnern, die ihm sein Freund gebeichtet hatte und seinen Rat erhoffte. Er
musste seine Gedanken unterbrechen, sein Freund stand in der Tür des
Sprechzimmers und winkte ihn zu sich.
Per Handschlag begrüßten sich die Freunde und
verabredeten für den nächsten Dienstag eine neue Schachpartie. Zwar hatte der
Doktor gegen ihn im Schach bislang immer verloren, obwohl sein ganzer,
verbissener Ehrgeiz darin bestand, ihn zu schlagen. Hanson aber war ein zu
guter Spieler. Er liebte das Schachspiel, liebte die vorausplanende Strategie,
die Winkelzüge, die Fallen und die Hinterhalte. Mit den gleichen Eigenschaften,
die ihn im Berufsleben zu einem meisterhaften Jäger werden ließen, gelang es
ihm immer wieder, seinen Freund an die Wand zu spielen.
Kaum hatte Hanson im Behandlungsstuhl Platz
genommen, kam Rebecca in das Behandlungszimmer gestürmt. „Herr Hanson, am
Telefon ist der Herr Polizeipräsident, der Sie dringend zu sprechen wünscht“,
schoss es aus ihr hervor. Der Präsident, sein höchster Chef, sein Mentor, den
wollte und konnte er nicht warten lassen. Am Telefon meldete sich aber nicht
der Polizeipräsident, sondern seine Vorzimmerdame, deren Stimme ihm bekannt
vorkam, deren Namen er aber nicht verstanden hatte. Sogleich wurde die Verbindung
hergestellt.
Sofort, ohne den Tagesgruß von Hanson zu
erwidern, legte der Präsident los. Er gab kurze und knappe Anweisungen, den
Fall Dr. Beyer betreffend.
Seit ihrer gemeinsamen Zeit beim
Bundeskriminalamt hatte sich der Präsident kaum in seinen Umgangsformen mit
Untergebenen geändert. Damals, als Abteilungspräsident beim Bundeskriminalamt,
klangen seine Anweisungen barscher, heute waren sie etwas moderater, ja fast
freundlich formuliert.
Hansons Gedanken drifteten wieder in die
Vergangenheit zurück. Beim Bundeskriminalamt hatte er sich mit diesem
Abteilungspräsidenten in dienstlicher Hinsicht nur gestritten, nichts fand
seine Zustimmung, immer hatte er an seinen Ermittlungsergebnissen etwas
auszusetzen. Der Zustand dauerte über Jahre, der Streit eskalierte. Äußerlich
versuchte Hanson, sich diesen Stress nie anmerken zu lassen. Mental war er aber
der Schwächere, Magenprobleme stellten sich ein. Mit Hellen hatte er
besprochen, als Alternativlösung sich in die Provinz versetzen zu lassen. Nur
weg von diesem Abteilungspräsidenten.
Als Gerüchte im Bundeskriminalamt die Runde
machten, Abteilungspräsident
Weitere Kostenlose Bücher