Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)
nach
Dienstschluss nach Hause gekommen zu sein. Nach Hellens Tod, war die
Dienststelle ihm zur Heimstatt geworden. Nach diesem schweren Verlust,
arbeitete er gerne nach Feierabend alleine im Büro. Hier war die Einsamkeit
nicht so quälend wie in seiner Wohnung.
Die Fistelstimme in seinem Handy vernahm Hanson
nur noch aus großer Ferne. Sie riss ihn langsam in die Wirklichkeit zurück.
Seine Sekretärin hielt sich wie immer mit Nebensächlichkeiten auf. Hanson hörte
kaum noch zu.
So sehr er sich auch anstrengte, Staatssekretär
Dr. Beyer war ihm unbekannt. Ein Gesicht konnte er diesem Namen nicht zuordnen.
Sollte der Staatssekretär einem Verbrechen zum Opfer gefallen sein, blieb nur
zu hoffen, dass er nicht Opfer einer politisch motivierten Gewalttat war. Ja,
dann konnte er nicht zu einer neuen Verbrecher-Jagd blasen, denn dann wäre er
als Leiter der Mordkommission mit seiner Truppe nicht zuständig. Die Jagd aber
hatte er lieben gelernt. Sie war nach Hellens Tod zu seinem Daseinszweck
geworden. Dann konnte er ihren Tod vergessen.
Er beschloss spontan, Pelka den ersten Angriff
zu überlassen. Bis jetzt war es ja nur eine ganz normale Leichensache mit einer
Todesursachenermittlung, die durchermittelt und abgearbeitet werden musste. Der
pfiffige Pelka würde als routinierter Ermittler die Angelegenheit in wenigen
Stunden in trockenen Tüchern haben. Er bräuchte die Akte dann nur noch
durchzulesen und sie, wie jede andere Leichensache, an die Staatsanwaltschaft
abzuverfügen.
Plötzlich stand er am Counter vor Rebecca. Sie
hatte schon seine Karteikarte gezogen und grüßte ihn freundlich. Da war es
wieder, dieses Knistern in der Luft, diese mit den Händen fühlbare Spannung.
Jedes Mal, wenn er dieser wohlproportionierten Frau gegenüberstand, verspürte
er einen trockenen Hals und musste dagegen anschlucken.
Sein Freund, der Zahnarzt, dass traute er ihm
zu, hatte wohl ein Verhältnis mit dieser gutaussehenden Frau. Sie war schon
eine Sünde wert.
Noch bevor Rebecca seine Karteikarte geschickt
an die erste Stelle auf dem Tresen placiert hatte, hatte er seiner Sekretärin
die fernmündliche Anweisung erteilt, Pelka als Ermittlungsführer einzusetzen.
Abrupt beendete er sodann das Gespräch. Handys waren für ihn nur
Nachrichtenmittel. Er versenkte es in die Tasche seines verschlissenen
Trenchcoats zurück und ließ sich von der Sprechstundenhilfe in das Wartezimmer
führen. Täuschte er sich, war Rebecca heute eine Spur freundlicher als sonst?
Begann sich zwischen ihnen die Chemie zu ändern? Nichts wünschte er sich mehr.
Sie schenkte ihm ein wunderschönes Lächeln. Hanson lächelte verlegen zurück und
hoffte, dass sie das Glühen, das er auf seinen Wangen spürte, nicht merkte. Als
sie ihm die Tür zum Wartezimmer öffnete, blieb sie in der Türzarge stehen.
Hanson musste sich an ihr vorbeizwängen, er spürte ihre prallen Brüste und roch
ihren frischen Atem. Beides war ihm nicht unangenehm, im Gegenteil. Trotz
seiner Zahnschmerzen regte diese flüchtige Berührung nicht nur seine sündige
Phantasie, sondern auch ein gewisses Verlangen an. „Unsinn Junge“, sagte er
sich, “diese Schönheit ist mindestens zehn Jahre jünger und wird sich doch
nicht mit einem kleinen Kriminalhauptkommissar abgeben wollen“. Noch hielt
Hansons Vernunft sein Herz gefangen, weil die Jahre ihn gelehrt hatten, in
Herzensangelegenheiten nie das Unmögliche zu wollen und zu akzeptieren, dass
seine besten Jahren weit zurück langen. Auch fürchtete er, nicht ganz so gut zu
riechen. Seit zwei Tagen hatte er nicht mehr die Unterwäsche und die Oberhemden
gewechselt. Seine Waschmaschine war seit geraumer Zeit defekt und sein Konto
gewaltig überzogen. Eine neue Maschine konnte er sich vorerst nicht leisten.
Der Winterurlaub war bezahlt und hatte ein riesengroßes Loch in seine Kasse
gerissen. Früher hatte Hellen alle finanziellen Regelungen getroffen und großes
Geschick bewiesen. Er aber strauchelte von einer finanziellen Katastrophe in
die nächste. Gerne hätte er noch die Nähe, die Tuchfühlung, zu Rebecca
genossen. Aus Sorge Rebecca könnte seinen männlich herben Ausdünstungen
wahrnehmen, schlich er viel zu schnell an ihr vorbei in das Wartezimmer, nicht
ohne nochmals den Duft ihrer Nähe durch beide Nasenflügel tief in sich
einzuatmen. Sein Brustkorb blähte sich wie ein Blasebalg.
Was war da eben geschehen, in diesem flüchtigen
Augenblick? Gar nichts war geschehen – und dennoch hatte Hanson die Gewissheit,
dass
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