Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)
Motorengeräusch zu
hören und augenblicklich war die gesamte Szenerie, der Leichenfundort, die
Position des Mordschützen und der Abstellort des Daimlers in ein gleißendes
Licht getaucht. Die Atemzüge der Kollegen verwandelten sich in dieser
bitterkalten Nacht in kleine weiße Wölkchen. Es war eine surreale Kulisse.
Eine Lichtgiraffe mit 40.000 Watt Leuchtkraft
war durch die Stabshundertschaft der Bereitschaftspolizei herbei geschafft
worden und beleuchtete das polizeiliche Treiben aus einer Höhe von zwanzig
Metern. Der schneebedeckte Boden verstärkte das grelle Licht noch um ein Vielfaches.
Hanson und die Eierköpfe kniffen die Augen zusammen. Sie waren wenige Sekunden
lang geblendet.
Die Gerichtsmediziner hatten Bachners Leichnam
entkleidet und maßen mit einem elektronischen Fühler die Rektaltemperatur,
notierten die Uhrzeit und die herrschende Außentemperatur, um anschließend dem
toten Bachner verschiedene Flüssigkeiten in beide Augen zu träufeln, die die
Pupillen zu einer postmortalen Kontraktion anregten. Die Sekunden bis zur
Pupillenkontraktion wurden gestoppt. Mit diesen ersten Untersuchungen und deren
Ergebnissen ließ sich recht genau die Todeszeit, sprich die Tatzeit, errechnen.
Hanson kannte Bachner nicht, auch nicht
flüchtig. Es war entwürdigend, wie die Mitglieder seiner Mordkommission mit dem
toten Bachner verfuhren. Aber Hanson wusste nur zu gut, noch bevor die Arbeit
der Gerichtsmedizin nicht beendet war, noch bevor Gerbers Leute nicht ihre
Spuren gesichert hatten, noch bevor die Ballistiker ihre Untersuchungen nicht
abgeschlossen hatten, war Bachners Leichnam nur eins, ein Beweismittel. Erst
mit der Beendigung aller notwendigen kriminaltechnischen und forensischen
Untersuchungen gab man dem toten Bachner die Würde zurück, übergab man ihn der
Familie.
Hanson sprach mit dem Ballistiker und dem
Chemiker, die beide über die Bekleidung Bachners gebeugt standen und sie
akribisch untersuchten, als Gerber zu ihnen trat. Er schien wieder Tritt
gefasst zu haben. Gottlob.
Die Funkgeräte beider Freunde begannen zu
rauschen, ein Zeichen, dass die Funkfrequenz aktiviert wurde und eine Durchsage
folgen würde.
„Boje 2, bitte melden,“ blökte es aus den
Handfunkgeräten. Gerber gab seinem Freund eine kurze Erklärung: „Ich habe einen
Techniker mit einem Hundeführer losgeschickt, um ...“
Aufgeregt schallte es aus dem Funkgerät, so dass
Gerber seine Ausführungen nicht beenden konnte.
„Wir haben hier diverse Reifenspuren
festgestellt. Offensichtlich von ein und demselben Fahrzeug, das hier rangiert
und geparkt worden ist. Vier Zigarettenkippen im Schnee neben den Reifenspuren,
ein Indiz auf eine längere Parkdauer. Es ist nicht anzuzweifeln, hier hat
jemand im Wagen auf den Mordschützen gewartet.“
„Genaue Standortbeschreibung,“ unterbrach Gerber
seinen Mitarbeiter, mit dem er sodann detailliert über alle notwendigen
Spurensicherungsutensilien, die nach dort geschafft werden mussten, sprach.
Kein Tatort ohne Spuren, dieser Lehrsatz aus den
Anfängen der Kriminaltechnik, schoss Hanson durch den Kopf, bewahrheitete sich
immer wieder. Nur finden muss man sie, aber dafür war Gerber mit seiner Truppe
ein Garant. Mit einem besseren Kriminaltechniker hatte er noch nie zusammen
gearbeitet.
Nichts ist für einen Jäger erregender, als die
Witterung. Die Hatz nach den Tätern war nun eröffnet. Jedes Mal war es für
Hanson wie eine Obsession, ein innerer Zwang, der ihn antrieb. Er wusste aus
Erfahrung, je näher er dem Täter kam, je enger er das Fahndungsnetz ziehen
konnte, desto mehr von diesen Endorphinen, diesen Glückshormonen, produzierte
seine Hirnanhangsdrüse und umso größer war sein Lustgewinn. Ja, in einer
solchen Situation wurde er zu einem Endorphin-Junkie. Das war der Reiz einer
jeden Jagd, auf den er nicht verzichten konnte.
Nach Hellens Tod waren die Wochenenden und die
langen Abende in den kalten und feuchten Jahreszeiten für ihn unerträglich, an
denen er allein in seiner verdreckten Wohnung hauste. Dann fehlte ihm Hellen
mehr als sonst. Dann erinnerte er sich besonders gerne an die wunderschönen
Jahre mit ihr, die oft von erotischer Erregung geprägt waren. Viel zu oft drang
in dieser Zeit ihr fröhliches Lachen an sein Ohr. Er vermisste sie sehr. Nur
der Dienst, die viele Arbeit ließ ihn nicht depressiv werden. Wie oft hatte er
dann zu Hause den Telefonhörer hochgehoben, um zu überprüfen, ob ein
Freizeichen in der Leitung zu hören war. Er wollte
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