Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)
einfach nicht Gefahr laufen,
telefonisch nicht erreichbar zu sein, wenn zu einem neuen Halali geblasen und
er als Leiter der Ersten Mordkommission bei einer Jagd nach einem Täter
gebraucht wurde.
Seinen Job kündigen, nein, das konnte er nicht.
Das Jagdfieber war für ihn zu einem Lebenselixier geworden. Er war dann ein
Getriebener, immer mehr von diesem Glückshormon zu erhaschen. Wie dekadent ein
Großteil dieser Gesellschaft auch war oder noch werden sollte, er würde
weitermachen; nicht für das Gemeinwesen, sondern nur für sich selbst musste er
weitermachen, trotz der vielen unangenehmen Erinnerungen in seinem Job, die
sich in ihm festgefressen hatten, trotz vieler alptraumhafter
Dienstgeschehnisse, die tiefe Narben auf seiner Seele hinterlassen hatten. Wenn
er Witterung aufgenommen hatte, war alles vergessen. Dann zählte nur die Jagd,
das Kräftemessen mit einem Wild, das mit ebenbürtiger Intelligenz und
Verschlagenheit und manchmal auch einer größeren Raffinesse und Brutalität
ausgestattet war. Diese Verbrecher-Jagd war immer erregender als jede
Großwildjagd.
Der Geländewagen war zwischenzeitlich mit allen
möglichen Sicherungsutensilien beladen worden. Zwei Bereitschaftspolizisten
schleppten noch einen Stromgenerator vom Gerätewagen der Stabshundertschaft
herbei und hatten große Schwierigkeiten, ihn zu verstauen. Er passte nicht mehr
in den Geländewagen hinein, die Heckklappe ließ sich nicht mehr schließen.
Hanson gab seinem Stellvertreter Pelka, noch
einige Anweisungen und fuhr dann mit offener Heckklappe, begleitet von Gerber
und zwei weiteren Kriminaltechnikern, mit dem Geländewagen in nordwestlicher
Richtung davon. Sie folgten dem Waldweg, am toten Bachner vorbei, passierten
den Hinterhalt, an dem die Subsonic-Hülse gefunden worden war und sahen nach
einer sechsminütigen Autofahrt im Scheinwerferkegel einen
Bereitschaftspolizisten, der ihnen mit ausgebreiteten Armen die Weiterfahrt
versperrte.
Als Hanson das Fahrzeug anhielt und ausstieg,
spürte er wie sich seine Zahnschmerzen langsam aber immer schmerzhafter zurück
meldeten. In seiner Manteltasche fühlte er den Tablettenblister und konnte nur
noch zwei Schmerztabletten ertasten. Er entschloss sich, mit der Einnahme
dieser letzten Tabletten noch ein wenig zu warten, um so die Zeit in die Länge
ziehen zu können, denn sein Zahnarzt machte seine Praxis erst um zehn wieder
auf. Jetzt war es 00.45 Uhr. Gute neun Stunden waren also zu überbrücken.
Hanson hatte schon weitaus schwierigere
Situationen bewerkstelligen müssen.
Der Generator war von Gerbers Leuten mit den
Halogenstrahlern verkabelt worden, nur anspringen musste der alte Zossen noch,
dann war genügend Licht für eine intensive Spurensuche und -sicherung
vorhanden.
Dreimal drückte Gerber vergebens den Anlasser.
Beim vierten Mal sprang das Uraltgerät endlich an. Die Halogenlampen
überfluteten den Waldweg mit einem grellen Licht. In der Ferne querte die
Kreisstraße nach Rönne den Feldweg. Ab und zu huschte ein Auto vorbei.
Es war ganz offensichtlich, hier hatte ein Auto
gewendet und war wieder in Richtung Kreisstraße geparkt worden. Die vier
Zigarettenkippen, wie auf einem Silbertablett serviert, ließen fast zwingend
den Schluss zu, als habe der Fahrer, wer auch immer das war, auf jemanden
gewartet. Aus dem Wald heraus führten diverse Schuheindruckspuren zu der
Rangierzone.
„Dieser einzelnen Fußspur hier“, erklärte ein
Techniker, „sind wir mit dem Fährtenhund gefolgt,“ und deutete mit dem Finger
auf die Schuheindruckspuren, die zielstrebig zu den Zigarettenkippen führten.
„Diese Spuren rühren von uns her,“ erläuterte der Techniker weiter.
Hanson aber hörte nicht mehr hin. Endlich hatte
er einen Faden in der Hand, den es nun aufzuwickeln galt. Die Zigarettenkippen
würden molekulargenetisch analysiert werden, das erstellte DNA-Muster dieser
Kippen, die sogenannten PCR-Systeme, bräuchten dann nur noch beim
Bundeskriminalamt mit den DNA-Mustern bereits erfasster Verbrecher verglichen
werden und dann ...
Nein, so einfach würde dieser Fall doch nicht zu
knacken sein. Noch vor Stunden glaubte er, sich mit Schwerkriminellen messen zu
müssen. Und nun schien der Doppelmord der Klärung schon ein gerütteltes Maß
näher gekommen zu sein.
„Hanson, ruhig Blut,“ hörte er sich sagen. Ein
Schritt nach dem anderen und nichts überhasten hatte ihn Wolff gelehrt. Immer
wieder musste er sich daran erinnern, wie er in jungen Berufsjahren zu
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