Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)
Zeuge dieses Gespräches geworden zu sein. Jeden
Moment könnte Frau Köhler mit dem aufgebrühten Kaffee ins Zimmer kommen. Dann
war er quasi als Lauscher an der Wand ertappt. Die Loyalität dieser Frau schrie
geradezu danach, Wolff alles brühwarm zu berichten. Schon hörte er Geschirr
klappern und die Absätze ihrer Pumps, die sich der Tür näherten. Schnellen
Schrittes war Hanson an ihrem Schreibtisch und schaltete die Gegensprechanlage
aus, um dann wieder gelangweilt auf seinem Stuhl zu sitzen.
Mit einem Augurenlächeln, als wollte sie sagen,
Hanson, hast du nun alles dich betreffende erfahren, erschien sie mit einem
Tablett Kaffeegeschirr und einem edlen Cognac in der Tür und hielt es so
andächtig, als trüge sie eine geweihte Monstranz ins Allerheiligste des großen
Manitu, nicht ohne Hanson vorher noch ein Glas Weinbrand zu servieren.
Aus den Gesichtsregungen seiner Kunden hatte
Hanson in vielen Berufsjahren zu lesen gelernt und meistens erkannt oder
erahnt, was in diesen Köpfen gedacht wurde. Diese Fähigkeit machte ihn zu einem
guten Kriminalisten. Aber dieses Lächeln der Frau Köhler konnte er nicht
deuten. War es tatsächlich ein Lächeln der Wissenden oder nur eine freundliche
Mine? War es ein abgekartetes Spiel zwischen ihr und dem Präsidenten, die
Sprechanlage nicht auszuschalten? Eines war sicher, Wolff, dieser Fuchs,
wusste, dass er im Vorzimmer wartete. Wollte Wolff so seine Personalplanungen
offenbaren, um ihm, Hanson, den Karriereweg darzulegen? Ihm vielleicht durch
die Blume zu verstehen geben, was auf dem Spiel stand?
Die Worte seines Freundes Jörg vor vielen
Wochen, mehr für sein Sexualleben zu tun, damit er mehr auf sein Äußeres Acht
geben würde, dröhnten in seinem Kopf wie Donnerhall.
„Röschen, ist Hanson schon da?“, meldete sich
die Sprechanlage erneut.
„Wartet seit einer halben Stunde“.
„Meine Empfehlung und eine Entschuldigung an
Herrn Hanson, aber er muss sich noch ein Weilchen gedulden“. Es knackte erneut
in der Leitung, die Verbindung war unterbrochen.
Mit einem matten Lächeln in Richtung Hanson
entschuldigte sich Frau Köhler bei Hanson: „Sorry, ist nicht meine Schuld“.
Gedankenschwer rekapitulierte Hanson das
Gehörte. War das eine Showveranstaltung? Er war sich nicht sicher. Unbehagen
beschlich ihn. Dann plötzlich stand Wolff vor ihm. „Na, Dag, was kann ich für
Sie tun, kann ich Ihnen etwas anbieten?“
„Danke, ich bin bestens versorgt, fast möchte
ich meinen, verwöhnt worden. Ihr Cognac kann Ihnen zur Ehre gereichen, Herr
Präsident“.
„Was führt sie zu mir, Dag?
„Äh ..., eine unangenehme Geschichte, die beiden
toten Kollegen vom Polizeirevier ...“
„Jaja, sehr schlimm, gibt es was Neues?“
„Ja, sie haben sich vergiftet, als sie das in
der Wohnung gefundene Geld zusammenrafften, um es zu stehlen. Die Geldscheine
waren mit einem Gift versehen, das in die Blutbahn einzudringen im Stande war“.
„Moment mal. Dag, Sie wollen mir erklären, dass
zwei altgediente Polizeibeamte schwach wurden und zwei Toten in die Tasche griffen,
sozusagen die Leichen gefleddert haben“?
„Genauso wird es gewesen sein“.
„Mist, verdammter. Wer weiß davon?“
„Bislang nur Gerber und ich und die Kommission“.
„Gut so. Dabei soll es auch bleiben. Die beiden
waren verheiratet und hatten Kinder. Sie sollen die Toten in guter Erinnerung
behalten. Es nütz niemandem, wenn wir die Wahrheit an die große Glocke hängen
und ihr Angedenken postum zerstören. Die Wahrheit soll mit den diebischen
Kollegen beerdigt werden. Halten alle über diesen Sachstand dicht?“
„Ja, für alle lege ich meine Hand ins Feuer“.
„Gut, gut, Dag, wenn keiner die Wahrheit in die
Welt posaunt, braucht keiner etwas über diese diebischen Kollegen zu wissen.
Wolff rümpfte missbilligend die Nase. Sein Entschluss stand fest, er konnte
nicht zulassen, diese Tatsache in seiner Stadt publik werden zu lassen.
Um Wolffs Lippen spielte ein kaum
wahrzunehmendes Lächeln. „Äh, Dag, ich kann mir gut vorstellen, dass die
Kollegen das Geld nicht stehlen, sondern sicherstellen wollten. Und wenn Sie
sich alles in Ruhe noch einmal durch den Kopf tropfen lassen, bin ich sicher,
dass Sie zum gleichen Ergebnis kommen. Sie verstehen, was ich meine“.
„Ja, ich verstehe“, antwortete Hanson
pflichtschuldig und dachte, elegante Dialektik, alles in ein anderes Licht zu
tauchen und Schwarzes ins Weiße zu verkehren.
„Ich wusste es, auf Sie, Dag, kann ich
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