Aurora Komplott (Thriller) (German Edition)
Höchstform
auf“.
„Aber, den Voß vor der gesamten Kommission so
abzukanzeln, zeugt nicht von großer Stressstabilität. Und kennen Sie eigentlich
seinen Ruf? Von der Absicht, diesen Feuerkopf zum Chef der Kieler
Kriminalpolizei zu machen, kann ich nur abraten. Ständig schrammt er doch an der
Insubordination vorbei“.
Hanson schwanden die Sinne. Hatte er richtig
gehört, hatte Wolff tatsächlich vor, ihn zum Chef der Kriminalpolizei in Kiel
zu machen? Das kleine Vorzimmer, in dem er wartete, fing an, sich zu drehen,
immer schneller rotierte es. Tausend Gedanken schossen ihm durch den Kopf.
Konnte er der Verantwortung gerecht werden, wie viele Gehaltsstufen würde er
überspringen, war ein Ende seiner fortdauernden finanziellen Engpässe absehbar,
könnte er Rebecca als Direktor der Kripo mehr imponieren? Schade, dass Hellen
diesen Karrieresprung nicht mehr erleben durfte.
„Seien Sie unbesorgt, ich kenne seinen Ruf. Aber
noch besser kenne ich den Menschen und den Kriminalisten. Und die Sache mit
Voß“, erwiderte Wolff, „spricht doch eher für Hanson als gegen ihn. Von einem
guten Vorgesetzten habe ich nichts anderes erwartet, als dass er sich schützend
vor seine Leute stellt, egal von wem oder woher der Angriff auch immer kommt.
Nein, nein, der Vorgesetzte, der seine Leute wie Kalteisen zusammenstaucht,
wenn sie Mist verzapft haben und sie wie ein Löwe verteidigt, wenn sie
angegriffen werden, ist für mich wertvoller als die Jasager, die nach oben
buckeln und nach unten treten. Da hat Hanson genau in meinem Sinne reagiert und
gehandelt. Es war in der Sache richtig, im Ton vielleicht zu scharf formuliert.
Lieber Freund, ohne den Superlativ allzu stark strapazieren zu wollen, glaube
ich, dass Hanson der Beste sein wird. Er wird mit seiner großen sozialen und
fachlichen Kompetenz und seinem bolzengeraden Charakter die Kieler
Kriminalpolizei nicht nur gut, sondern hervorragend leiten und nach außen gut
repräsentieren. Ich gebe zu, ein Chorknabe ist er nicht, auch ist er nicht der
diplomatische Feingeist, im Gegenteil, ein Kurs in Diplomatie stände ihm gut zu
Gesicht. Und Behutsamkeit gehört auch nicht zu seinen Kardinalstugenden.
Sicher, man hätte wohlformulierter dem Voß die Meinung sagen können, aber
Hanson vertritt stets seinen Standpunkt knallhart, macht keine lauwarmen
Kompromisse, ist hart, fair und gerecht, auch gegenüber seinen untergeordneten
Mitarbeitern. Sie haben recht, oft balanciert er auf Messerschneide und hat
auch manchmal Grenzen überschritten, woran viel zu viele Sesselpupser in meinem
Distrikt nie im Traum denken würden. Aber Hanson personifiziert einen Geist,
ein Prinzip, nämlich den eisernen Willen zum Erfolg, zum fallbezogenen Erfolg.
Aufgeben gehört nicht in sein Repertoire. Und, was auch wichtig ist, er hat
Fortune. Voß mit seiner überzogenen Kuschelrechtstaatlichkeit war eben keine
große Hilfe. Lieber Freund, Sie wissen wie ich, die geltenden Gesetze sind bei
der Aufklärung vieler Straftaten viel zu oft mehr Hindernis als eine Hilfe“.
„Wolff, das weiß ich, darf es aber als
Generalstaatsanwalt nicht zugeben. Das verstehen Sie doch. Oder?“
„Na klar, verstehe ich das. Und genau das ist
der Grund, über den wir froh sein können, dass Hanson oft bis ans Limit zu
gehen bereit ist. Vergessen Sie doch einmal, dass es Voß aus Ihrem Hause war,
dem Hanson ans Bein gepinkelt hat, dann wird Ihre Hartleibigkeit gegenüber
diesem Vollblutkriminalisten reinsten Wassers einem Wohlwollen weichen.
„Eben, Wolff, deshalb sollten Sie diesen
Vollblutkriminalisten lieber an der Front belassen, ihn operativ agieren
lassen, als ihm die Administration der Kriminalpolizei überzustülpen. Aber in
alter Verbundenheit und aus Freundschaft werde ich an keiner Stelle
intervenieren, wenn Sie diese Lichtgestalt auf den Schild heben wollen. Im
Gegenteil, ich könnte in der Zeit, die mir noch bis zu meiner Pensionierung
bleibt, quasi als graue Eminenz, Ihr Vorhaben unterstützen, obwohl alles was
Sie über Hanson erzählt haben anders klingt als das, was ich über ihn gehört
habe. Aber bislang haben Sie immer ein glückliches Händchen bei der Auswahl
Ihrer Führungsriege bewiesen. Wenn er aber weiterhin immer die falschen Leute
anpisst, wird seine Karriere schnell beendet sein. Und was den Voß angeht, muss
ich leider gestehen, dass ihm manchmal mehr Bodenhaftung gut zu Gesicht stände.
Er ist eben noch sehr unerfahren, dafür aber umso vorlauter. Auch sollte er
noch lernen,
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