Aurum & Argentum (German Edition)
glatt, bunt oder einfarbig, metallisch, elfenbein- oder perlmuttfarben, durchsichtig wie Glas oder lichtundurchlässig, geformt wie ein Säbel oder nach vorne gebogen. Ihre Hufe schienen kaum den Boden zu berühren, so schnell liefen sie, und ihre Schweife flogen hinter ihnen her wie Banner.
„ Warum haben sie es denn so eilig?“, fragte sich Flux. „Gibt es irgendwo eine Einhornversammlung?“
Die große Mustangherde verschwand in Richtung Horizont und der Mantichora schnupperte argwöhnisch.
„ Ich fürchte nein“, brummte er, als die Dämmerung schon eingesetzt hatte, „es riecht nach Schwefel und Dämonen.“
Reinecke standen vor Schreck die Haare zu Berge. „Wenn es dunkel wird, werden sie irgendwo in der Nähe aus ihren Löchern kriechen. Jeder weise Anführer würde seine Herde fortbringen von hier.“
Leon begann sich hektisch umzusehen, weit würden sie nicht mehr kommen, also musste ein Unterschlupf gefunden werden. Calep startete sofort mit seinem Besen, überflog die Gegend und entdeckte dabei eine viel versprechende Höhle, laut dem alten Löwenmann war sie dämonenfrei und so quartierten sie sich dort ein.
„ Ich bleibe in der Nähe“, versprach der Mantichora, als er das Versteck wieder verlassen wollte. In den letzten Nächten war er nicht auf die Jagd gegangen und verspürte nun wieder einen leichten Hunger. Leon sah sehr nachdenklich aus, als ihr Beschützer sie verlassen hatte.
„ Wollen wir uns nicht ein paar Gruselgeschichten erzählen?“, fragte Calep und entzündete gleichzeitig ein Feuerchen. Leon, der sowieso schon blass war wegen den Dämonen, wurde noch fahler.
„ Ja, gerne!“, bellte Reinecke, doch Flux lehnte bestimmt ab, obwohl ihn die Erzählungen sehr interessiert hätten.
„ Schade“, gab sich Calep beleidigt. Der Hobgoblin und der kleine Elf hatten sich in den vergangenen Tagen recht gut verstanden. Flux bereute es bisher nicht, dem Ziegenfüßigen auf Anraten seines Bruders noch eine Chance gegeben zu haben.
Reinecke legte den Kopf schief und sah in Leons käsiges Gesicht: „Wenn es dich beruhigt, dann werde ich Wache halten.“
„ Nicht nötig“, murmelte Leon, schließlich würde er selbst sowieso nicht schlafen können.
Flux kramte währenddessen den verkleinerten Topf aus der Packtasche. Er hielt ihn in die Nähe des Feuers und sofort vergrößerte er sich. Calep wollte natürlich nicht untätig bleiben und so verlangte er vom Wasserschlauch, dessen Geheimnis er inzwischen kannte, eine kräftige Brühe, die er dann in den Topf goss. Anschließend kamen noch Karotten und Kartoffeln hinzu, die Reinecke gestern durch Zufall beim Buddeln aufgespürt hatte. Leon schnitt das Gemüse freiwillig klein und fühlte sich daran erinnert, dass er seiner Adoptivmutter Frau Pendragon immer beim Eintopfzubereiten half. Sein Brüderchen Flux wusste sich hingegen immer erfolgreich vor solcher Arbeit zu drücken, um lieber mit Pfeil und Bogen zu üben. Dazu ließ er keine Gelegenheit aus, genau wie am zurückliegenden Morgen, doch wieder hatte er sein Ziel verfehlt, weswegen er noch immer ein bisschen mufflig war.
„ Das wird schon“, munterte ihn Calep auf, dem eine Idee gekommen war. Er förderte ein grünes Samtsäckchen aus seiner Gürteltasche. „Das hat mir Morgana mitgeben. Das Pulver darin soll Dämonen, böse Geister und Monster fernhalten.“ Er ging damit zum Höhleneingang und verteilte es dort großzügig. „So! Nun sind wir sicher.“
Leon rührte geistesabwesend in der brodelnden Suppe, er würde dennoch nicht schlafen können. Reinecke ging es da ganz anders, er gähnte schon jetzt, doch die Suppe ließ er sich natürlich nicht entgehen.
So senkte sich die Nacht über die Landschaft und als Flux sich schon lange in seinen Schlafsack gekuschelt hatte, Reinecke bereits ratzte und sich auch Calep die Decke über den Kopf zog, hielt Leon noch immer tapfer die Augen auf, so wie er es sich geschworen hatte. Die Stunden krochen im Schnecketempo dahin und der Kentaur war tief erleichtert, als die Sonne aufging und die Dämonenzeit vorüber war.
„ Guten Morgen!“, Flux setzte sich auf und ein Blick in Leons Gesicht genügte ihm, um sich ins Bilde zu setzen. „Au weia!“ Die Ringe unter den Augen seines Bruders sprachen Bände, sogar Calep fielen sie gleich auf.
„ Wohl kein Auge zugemacht, was? Da hilft nur ein Bad in einer eiskalten Quelle und viel schwarzer Tee.“ Den bekam Leon auch gleich aus dem Wasserschlauch in sein Trinkhorn gegossen
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