Aurum & Argentum (German Edition)
stolz:
„ Und ich will einmal genauso werden wie er!“
Das hatte seine Mutter gehört. „Na hoffentlich hast du ihm nicht dein Temperament vererbt, mein Lieber!“
Ihr Gatte schnaubte bestätigend: „Das bringt nur Unglück! Ich weiß es ja und ich will auch nicht mehr so überschäumend und kopflos sein.“
Das war immerhin ein Anfang.
„ Einsicht ist der erste Schritt zur Besserung“, hatte Flux auch sofort das passende Sprichwort parat.
„ Das ist ja alles ganz schön und gut“, mischten sich nun wieder die Mädchen ein, „aber unser Papi kann doch nicht immer mit einem Apfelbaum vor dem Kopf herumlaufen.“
„ Hihi“, alberte Calep, „ein Brett wäre wesentlich praktischer.“
Hilfe suchend blickte die Eselstute in die Runde. Ihr Mann hatte seine Lektion gelernt und nun wirklich schon Strafe genug. Doch wer konnte ihn befreien?
Flux knuffte seinen Bruder in die Seite. „Du könntest es doch wenigstens versuchen!“
Ein Hoffnungsschimmer glomm in den Augen der Monocerosdame. „Bitte versuche es, edler Kentaur.“
Leon wurde ganz verlegen, so hatte ihn noch niemand genannt.
Sein Brüderchen knuffte ihn erneut. „Nun mach schon! Ich will endlich frühstücken.“
Reinecke nickte bestätigend, „Ich auch!“
„ Also schön“, ließ Leon sich darauf ein, „aber nur, wenn er verspricht, hinterher einen kühlen Kopf zu bewahren.“
Der Hengst gab kleinlaut sein Ehrenwort und seine Frau bestätigte: „Ich werde persönlich dafür sorgen, dass er keinen neuen Wutanfall hat!“
Leon vertraute auf ihr Wort und er half von Natur aus gerne. Also fasste er dem Hengst vorsichtig um den Bauch und mit einem kräftigen Ruck war das Malheur auch schon behoben. Der Hengst schüttelte vor Freude sein Haupt, dass seine Mähne flog. Reinecke hatte keine Augen für dieses Spektakel, er machte sich über die Äpfel her, die bei der Befreiungsaktion vom Baum gefallen waren.
Jubelnd sprangen die drei Fohlen um Leon herum. „Er hat unseren Papi gerettet!“
Der Hengst seufzte und kassierte sogleich einen bösen Blick von seiner Gattin, er ließ den Kopf hängen und sie kniff ihn mahnend ins linke Ohr.
„ Ich werde mein Temperament zügeln, versprochen.“
Nun lächelte die holde Dame, alles war wieder in bester Harmonie.
„ Können wir jetzt weiterspielen?“, die Zwillingsmädchen hörten auf herumzuhopsen.
„ Aber natürlich“, kam es von der Mutter, bevor ihr Papa auch nur die Schnauze aufmachen konnte.
„ Ich will auch!“, quäkte der Kleine.
„ Na, dann komm her, wenn du dich traust!“, Reinecke, der sich satt gegessen hatte, zeigte die Zähne. Der junge Einhornhengst schnaubte, scharrte mit dem Huf und senkte das Haupt, nur Sekunden später verfolgte er auch schon den Enfield, der sich das Spielchen irgendwie anders vorgestellt hatte.
„ Ganz mein Sohn!“, dem Vater schwoll vor Stolz die Brust, seine Ehefrau stieß ihn an: „Wir müssen dieses Malheur wieder gut machen.“
Flux nickte, er sah das auch so. Sein Bruder war inzwischen mit einem der Zwillinge beschäftigt. Das freche Fräulein war auf seinen Rücken gesprungen, lag dort nun quer, ließ die Beinchen zu seinen Flanken herabbaumeln und grinste ihn frech an. Ihre Schwester versuchte derweil, Calep zum Spiel aufzufordern, sie stieß ihren Kopf gegen sein Schienbein, doch anstatt mit ihr zu spielen, hüpfte er auf einem Bein herum und biss vor Schmerz die Zähne aufeinander.
„ Pfff“, brummte die Kleine, „Langweiler.“ Schon hatte sie etwas viel interessanteres entdeckt, sie nahm Anlauf, sprang und lag alsdann neben ihrer Schwester auf Leons Rücken. Die beiden Einhörnchen wieherten vor Vergnügen.
„ He, Kinder! Nicht so wild!“, mahnte ihre Mutter, während sich der Vater tausend Mal bei Calep entschuldigte, für sein Verhalten und das seiner Tochter. „Sie sind noch jung, sie wissen es nicht besser …“
„ Und ihr zwei kommt da jetzt herunter!“, die Einhorndame klang sehr streng. Ihr Sohnemann hatte es inzwischen geschafft, Reinecke auf einen Baum zu jagen. Dort verschnaufte der Enfield erst einmal im Geäst, während sich sein Verfolger darüber ärgerte, nicht ebenfalls hinaufklettern zu können. Vorsichtig hob Leon die Schwestern nacheinander von seinem Rücken und kaum standen sie im Gras, riefen sie im Duett: „Noch einmal! Noch einmal!“
Doch Flux saß bereits wieder auf diesem Ehrenplatz und das Knurren seines Magens läutete die Rückkehr zum nächtlichen Rastplatz ein.
Die
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