Aurum & Argentum (German Edition)
und die Bes, die bis dahin auf großem Fuß gelebt hatten, mussten wieder mit gewöhnlicher Feldarbeit zu Brot kommen. Viele jammerten und nur die Willensstärksten waren in den Minen geblieben und hatten die Hoffnung nicht aufgegeben. Um die Bewachung des Dorfes hatte sich niemand groß gekümmert und als wenig später eine Bande von Dämonen hindurchmarschiert war, hatte man ihnen kaum Widerstand entgegenbringen können. Die Geißel der Unterwelt nahm mit sich, was sie gebrauchen konnte, die letzten Schätze und auch einige Dorfbewohner. Für gewöhnlich hätte das Schicksal den Bes nun ruhig eine Pause gönnen können, doch es war anders gekommen: nur wenige Wochen später waren dann auch noch grüne Kobolde, Orks und Oger durch das Dorf gewalzt. Häuserbrände und der Verlust beinahe aller Vorräte an Nahrung und vieler Nutztiere waren die Folge gewesen. Den Bes selbst war kaum etwas zum Leben geblieben.
„ Mein Vater war ein großer Medizinmann“, klagte der Unglückswurm, „doch die Vorfahren haben ihn zu sich gerufen, noch bevor man die Diamantader fand. Die Aufgabe, das Dorf zu beschützen, ist an mich übertragen worden und ich habe kläglich versagt.“ Er schämte sich so sehr, dass man meinen konnte, er würde gleich im Erdboden versinken. Leon schniefte ergriffen, die Geschichte war auch wirklich zu traurig.
„ Und was ist mit dem großen Grauen?“, hakte Flux nach, der ganz genau aufgepasst hatte. Der Bes ließ den Kopf hängen und erzähle mit belegter Stimme weiter. Sein Volk, so bekamen die anderen zu hören, war einst sehr mächtig gewesen und mit Zauberkräften gesegnet. Mancherorts hatte man ihren Urahn daher als Orakelgott verehrt. Diese Kräfte hatten sie aber schon lange verloren, nur bei einzelnen Bes tauchten sie ab und an wieder auf, so wie beim Vater des Unglücklichen. Dieser hatte sich grandios darin verstanden, Dämonen und Schlangen abzuwehren, außerdem war er ein begnadeter Arzt gewesen und ein Freund allen Lebens. Das Dorf der Bes war einst für alle Kreaturen dieser Welt offen gewesen und der alte Medizinmann hatte sich sogar gut mit besagten Kentauren, Ziegenelben und anderem zwielichtigem Volk verstanden. Regelmäßig waren die raufenden und trinkenden Genossen hier vorbei gekommen, sie hatten sich ihre Beulen und Kratzer versorgen lassen und nur selten über die Stränge geschlagen.
„ Bei ihrem letzten Besuch haben sie sich nicht so anständig benommen“, knirschte der Bes mit den Zähnen, „sie faselten irgendetwas davon, dass sie selbst überfallen wurden, und dann haben sie sich genommen, was sie finden konnten.“
Skeptisch runzelten Flux und Calep die Stirn, doch es sollte noch besser kommen: „Mein Vater hatte nie Vorurteile gegen irgendwen, sogar den großen Grauen hat er bewundert. Ihr müsst wissen, dass sich hinter diesem Titel ein mächtiger Drache verbirgt. Er lebt schon ewig auf dem Berg nahe unserem Dorf. Mehrfach hat sein glühender Atem einen Waldbrand ausgelöst und die Dorfbewohner haben ihn immer gefürchtet. Doch so lange mein Vater lebte, hat er nie einen der Unseren angegriffen oder gar gefressen. Sogar unsere Nutztiere ließ er in Ruhe, doch das ist anders, seit das Pech uns verfolgt. Nun raubt er regelmäßig Ziegen, Schafe oder Kühe, die am Hang oder am Fuße des Berges weiden. Ich habe versucht, ihn zu verfluchen, zu verbannen und mit Magie zu zähmen, doch ohne Erfolg. Ich bin nicht mein Vater und als Medizinmann ein Versager.“ Er begann sich erneut die braunen Haare zu raufen. „Viele Familien sind schon fortgezogen. Doch kann man seinem Unglück entfliehen? Es haftet einem doch an wie die Klette, ist klebriger noch als Harz.“
„ Du solltest Poet werden“, riet Calep, „oder Philosoph.“
Der Bes, der ihm kaum bis zum Bauch reichte, begann zu Schielen: „Nichts lieber als das, aber vorher muss ich das Dorf retten.“ Er holte tief Luft und korrigierte sich, „Besser gesagt, ihr rettet das Dorf. Dafür seid ihr ja gekommen.“
Nun machten alle große Augen und Calep schüttelte wild mit dem Kopf: „Aber sonst geht es dir gut, ja? Wir haben schon etwas ganz anderes vor!“
Als er das hörte, schien der Medizinmann kurz davor zu sein, in Ohnmacht zu fallen: „Oh ihr Götter, wir müssen euch sehr verärgert haben! Nicht einmal eure Boten, die ihr geschickt habt, wollen uns retten!“
Er rang die Hände und Flux ärgerte sich sehr, „Ist ja wie im Märchen, immer sind die Drachen die Bösen!“ Der junge Elf setzte sich
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