Aus Dem Dunkel
Frauen mochte. Ganz bestimmt nicht, er liebte ihre Körper, liebte es, wie stark er sich bei ihnen fühlte. Aber er hatte nicht die geringste Ahnung von Intimitäten. Er mochte es nicht, wenn zärtliche Gefühle sich seiner bemächtigten. Gefühle, die einen Mann um den Verstand brachten und ihm das Herz brachen, konnte er sich nicht leisten. Es hatte ihn zehn Jahre seines Lebens gekostet, um bei klarem Verstand zu bleiben. Er durfte nicht zulassen, dass eine Frau ihm diesen erneut raubte. Wieso war er dann eigentlich verheiratet und hatte ein Kind?
Ein Klopfen an der Tür riss ihn aus seinen Gedanken.
Gott, Allmächtiger. Gleich würde er es herausfinden.
2
»Herein.« Gabe setzte sich auf, und das Herz schlug ihm bis zum Hals.
Die Tür wurde nach innen aufgestoßen. Gabe sah den weißen Ärmel des Arztes, während er sie aufhielt. Die typischen Geräusche eines Krankenhauses drangen herein – das Piepsen von Monitoren, ein Arzt, der ausgerufen wurde, Lifttüren, die sich öffneten. Aber mehrere Sekunden verstrichen, bevor sich jemand zeigte.
Dann kam eine Frau herein. Gabe schoss das Adrenalin mit einer derartigen Wucht durch den Körper, dass er sich unwillkürlich rechts und links an den Gittern des Bettes festklammerte. Fest sah er ihr in die Augen, und sie erwiderte seinen Blick. Gott im Himmel, kein Wunder, dass er verheiratet war. Ein Blick auf sie genügte, und er wünschte, es würde nie vorbei sein.
Honigfarbene Augen betrachteten ihn aus einem herzförmigen Gesicht. Ihre Wimpern und Augenbrauen waren fast unmerklich dunkler als ihr goldenes Haar, das ihr über den Rücken fiel. In der Mitte ihres Kinns befand sich ein winziges Grübchen. Sie trug ein enges weißes Oberteil, das sich um ihre schönen Brüste schmiegte, dazu Shorts, die ihre schlanken, muskulösen Beine betonten.
»Gabe?«, flüsterte sie, so als würde sie ihn ebenfalls nicht wiedererkennen. Er nickte und wollte den Namen aussprechen, den man ihm genannt hatte – Helen . Helen war der perfekte Name für sie. Aber dann betrat eine weitere Frau den Raum, und er dachte … Moment mal, vielleicht ist das Helen .
Aber die andere war noch ein Mädchen, dabei größer und etwas stämmiger als die Frau. Ihr Haar war schwarz gefärbt. Ihre Augen, die eine dunkelgrüne Variante derer der erwachsenen Frau waren, verrieten ihre Verwandtschaft.
Aber halt! Das Mädchen war vielleicht zwölf oder dreizehn. Wenn sie seine Tochter war, müsste er sich doch an sie erinnern können. Noch nie in seinem ganzen Leben war er so verwirrt gewesen.
Während er seinen Blick wieder auf die Frau richtete, spürte er, wie seine Panik nachließ. Ohne Frage war sie die schönste Frau, die er je gesehen hatte. Die Untersuchungen, die er in der vergangenen Woche hatte über sich ergehen lassen, verblassten angesichts dieser unerwarteten Belohnung. Vielleicht war er doch der Aufgabe gewachsen, ein guter Ehemann zu sein.
Helen hatte das dringende Bedürfnis, auf dem Absatz kehrtzumachen und zu fliehen. Glücklicherweise stand Mallory direkt hinter ihr und versperrte so den einzigen Weg hinaus.
Gabe beherrschte den Raum. Sie hatte jedes Mal Tage gebraucht, um sich wieder an ihn zu gewöhnen, wenn er länger fort gewesen war. Nicht, dass er ein Riese war mit seinen eins zweiundachtzig, aber er besaß eine magnetische Anziehungskraft. Seine Lebendigkeit wirkte ungeheuer einnehmend, und das Krankenhausbett erschien plötzlich wie ein Kinderbettchen.
Langsam ging sie auf ihn zu. Gabe starrte sie an, als wäre er bis ins Mark getroffen. Sein Gesichtsausdruck war so offen, spiegelte eine solche Schutzlosigkeit, dass sie zögerte. War er es überhaupt, oder handelte es sich doch um eine Verwechslung?
Sie betrachtete ihn aufmerksam. In seinem Krankenhaushemd sah er ohnehin anders aus, aber seine breiten Schultern waren ihr vertraut, wie auch seine Arme. Abgesehen von den straffen Muskeln sah er dünner aus als das letzte Mal, als sie ihn gesehen hatte. Seine eingefallenen Wangen unterstrichen nur seine ohnehin schon klaren Züge.
Es war ohne Frage Gabe. Sein Gesicht war dasselbe, und seine Augen zerstreuten auch die letzten Zweifel. Sie besaßen einen eigentümlichen gelbgrünen Schimmer, und sein Blick spiegelte die gleiche Intelligenz und Intensität, die sie vor drei Jahren so angezogen hatte. Sie musste sich wappnen, um ihm jetzt zu widerstehen.
»Na«, sagte sie mit seltsam heiserer Stimme, »wie geht es dir?«
Er warf ihr sein so vertrautes, schiefes
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