Aus Dem Dunkel
Erleichterung. »Sicher«, erwiderte sie.
Gabe setzte sich ihr gegenüber aufs Sofa und hielt kurz inne, als er die finstere Miene des Commanders bemerkte. »Hast du nicht Lust, mitzuspielen?«, rief er. »Es könnte schwierig werden. Mallory hat das Genie ihres Großvaters geerbt.«
Zufrieden beobachtete er, wie Oliver Troy sich besänftigt erhob. »Wenn ihr nichts dagegen habt«, murmelte er.
Eine halbe Stunde später, als Mallory im Begriff war, ihren Großvater mit ihrer Königin schachmatt zu setzen, wagte sich Helen ins Wohnzimmer, um zu verkünden, dass das Essen fertig sei. Die Worte blieben ihr im Hals stecken, als sie sah, dass ihre Tochter drauf und dran war, das kleine Königreich des Commanders zu stürzen.
»Schachmatt«, erklärte Mallory mit lobenswerter Bescheidenheit.
»Bei Gott, ich kann es nicht glauben!«, rief Oliver Troy voller Bewunderung. »Sie ist aus dem richtigen Holz geschnitzt. Hast du das gesehen, Ingrid?«, fragte er seine Frau, die, aufgeschreckt durch den Lärm, ebenfalls einen Blick ins Wohnzimmer warf. »Deine Enkelin hat mich gerade beim Schach geschlagen.«
»So, so«, rief Ingrid, und die Überraschung stand ihr ins Gesicht geschrieben. »Es ist Essenszeit«, verkündete sie. »Bitte wascht euch die Hände und kommt zu Tisch.«
»Aye, aye«, erwiderte der Commander.
Mallory schenkte ihm ein Lächeln und erntete ein Grinsen.
Von der anderen Seite des Kaffeetischs schmunzelte Gabe Helen zufrieden an. Irgendwie war es ihm gelungen, den Generationskonflikt zwischen Mallory und ihrem Großvater aus der Welt zu schaffen. Zu Helens vollständiger Verwirrung zwinkerte er ihr im Anschluss auch noch anzüglich zu.
Und es war dieses Zwinkern, das ihr den Rest gab. Mit einem seltsamen Gefühl der Erleichterung akzeptierte Helen, dass ihr Plan, den alten Gabe wieder an die Oberfläche zu bringen, nicht funktioniert hatte. Hoffnung keimte in ihr auf und ihr Herz flatterte aufgeregt. Bitte lass ihn einfach so bleiben , hörte sie sich beten. Bitte lass es nicht zu, dass seine Erinnerung ihn mir wieder wegnimmt.
13
Um zehn Uhr in jener Nacht stellte sich Helen dem Unausweichlichen. Sie würde sich mit Gabe ein Bett teilen müssen. Und sie ganz allein war schuld an dieser Situation. Sie hatte ihren Eltern nicht den kleinsten Hinweis darauf gegeben, dass sie und Gabe getrennt schliefen. Schließlich ging das außer sie beide ja auch niemanden etwas an. Sie hatte vorgehabt, zu Mallory ins Bett zu schlüpfen, sobald sich ihre Eltern zurückziehen würden, doch niemand hatte ihr gesagt, dass in Mallorys Schlafzimmer ein Büro eingerichtet worden war.
Also schlief ihre Tochter diesmal auf dem Sofa im Wohnzimmer. Dort konnte sich Helen aber kaum zu ihr gesellen. Ihr blieb also kein anderer Ausweg als das Doppelbett im Gästezimmer, das gerade mal halb so groß wie ihr eigenes zu Hause war, mit Gabe zu teilen.
Sie blieb länger als nötig unter der Dusche und grübelte, wie sie dieses Hindernis umschiffen konnte. Ihr ganzer Körper kribbelte verräterisch und voller Erwartung. Nachdem sie jeden Zentimeter ihrer Haut mit duftender Seife eingeschäumt hatte, rügte sie sich auch schon für diese rituelle Vorbereitung. Es würde absolut nichts passieren, solange sie dabei etwas zu sagen hatte.
Für diese Art von Vertrauensvorschuss war sie einfach noch nicht bereit.
Sich mit dem Gedanken zu beschäftigen, Gabe für immer in ihrem Leben zu haben, war eine Sache. Etwas völlig anderes war es aber, ihn tatsächlich in ihr Bett und vor allem in ihr Herz zu lassen.
Früher am Abend waren sie noch durch die Innenstadt von Annapolis gejoggt. Gabe, der normalerweise eine weitaus größere Ausdauer besaß als sie, hatte ungefähr genauso lange durchgehalten wie Helen. Sie waren acht Kilometer gelaufen und hatten die Sache dann beendet. Er war zuerst duschen gegangen und wartete jetzt wahrscheinlich zwischen den Laken auf sie.
Helen nahm sich Zeit, ihr Haar zu föhnen und zu bürsten, sodass es in seidigen Locken über ihren Rücken fiel. Sie putzte ihre Zähne, bis sie strahlten. Das reicht nun wirklich , sagte sie entschieden zu ihrem Spiegelbild. Du teilst mit ihm schließlich nur das Bett, das ist alles. Du wirst nicht mit ihm schlafen.
Doch ihr ganzer Körper kribbelte vor Erwartung und war offenbar auf etwas ganz anderes eingestellt.
Sie schlüpfte in ihren Seidenpyjama und legte ein Ohr an die Tür. Im angrenzenden Raum herrschte absolute Stille. Trotzdem konnte sie sich Gabe in seinen
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