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Aus dem Nichts ein neues Leben

Aus dem Nichts ein neues Leben

Titel: Aus dem Nichts ein neues Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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Schreckliches geschehen war. Baum holte sein Parteibuch aus der Tasche und zerriß es.
    »Sie haben ihn verurteilt«, sagte Heydicke leise. »In einer regelrechten Gerichtsverhandlung unter dem Vorsitz von Oberfeldrichter Dr. Eberhard Bollow. Wegen Fahnenflucht und Feigheit vor dem Feind … zum Tode. Ich habe versucht, ihn zu verteidigen … sie haben mich einfach hinausgeworfen. Eine Stunde später haben sie ihn aufgehängt … Er hängt an der Straße an einem Baum, das Ritterkreuz noch um den Hals …«
    »Dr. Eberhard Bollow –«, sagte Opa Jochen laut. Dann nahm er ein Schulheft aus der Tasche, riß aus ihm ein paar Blätter, teilte sie in neun Streifen und schrieb neunmal den Namen Dr. E. Bollow darauf. Die Streifen verteilte er an Paskuleit, Baum, Busko, Heydicke, Erna, die Kinder und steckte selbst auch einen ein. »Damit ihr diesen Namen nie vergeßt!« rief er dröhnend. »Dieser Zettel ist wichtiger als jedes Geld! Nie vergessen! Wir werden den Namen Dr. Bollow noch brauchen!« Dann zogen sie weiter.
    Nach vier Stunden kamen sie an dem Baum vorbei, an dem der junge Oberleutnant hing. Die Adamsverdrusser legten grüßend die Hände an den Kopf, Paskuleit ging zu ihm hin und drückte dem Toten die eisige Hand. Heydicke segnete ihn. Opa Jochen brüllte: »Mein Jungchen, wir werden immer an dich denken!« und zeigte den Kindern den Toten. »Das ist er! Und sein Mörder heißt Dr. Bollow! Nicht vergessen!«
    In der Nacht, einer ganz klaren, frostklirrenden Nacht, erreichten sie die Weichsel bei Nickelswalde. Im treibeisübersäten Wasser lagen wirklich drei Schiffe … und vor ihnen eine dreifache Kette Soldaten mit gesenkten, geladenen Maschinenpistolen.
    Die Lage war ganz klar: Die Schiffe standen bereit, die Flüchtlinge aufzunehmen, – aber nur Frauen und Kinder. Die Männer mußten zurückbleiben und warten, ob dann noch Plätze frei waren. Konnten die Schiffe noch mehr aufnehmen, würden zuerst die Alten an Bord gelassen werden.
    »Ich bleibe!« sagte Opa Jochen. »Aber ihr« – er zeigte auf Erna und die Kinder – »ihr geht aufs Schiff! Verflucht, keine Widerrede, Erna, – denk an Ewald!«
    Durch einen Schlauch schwerbewaffneter Offiziere und Soldaten wurden die Frauen und Kinder an Bord gelassen. Der Abschied war für immer, die meisten ahnten es. Auf dem Land blieben die Wagen zurück, all die armselige Habe, die sie mit dem Treck gerettet hatten. Nur was man tragen konnte, war zugelassen, und die meisten Mütter trugen ihre Kinder auf den Armen. Auf ihren Rücken hingen Rucksäcke, zusammengerollte Decken, Kleiderbeutel, ein bißchen zu essen. Weinend gingen sie auf die Schiffe, und die Männer winkten ihnen nach, mit brennenden Augen und verzerrten Gesichtern. Am Morgen durfte auch Opa Jochen an Bord … er wehrte sich, aber Paskuleit ließ den Alten von Busko abschleppen, und eine Stunde später durfte er auch aufs Schiff. Ein Mann mit einem Holzbein, so entschied die Offizierskommission, ist nur bedingt wehrfähig.
    »Nun sind wir alle wieder zusammen«, sagte Opa Jochen und umarmte Paskuleit. »Was haste mitgenommen?«
    »Nur die Schuhmacherwerkzeuge.«
    »Das reicht. Auch nach'n Krieg wird keener barfuß gehen.«
    Über ihnen flatterte die Fahne des Roten Kreuzes. Sie wurde am Hauptmast hochgezogen. Und unter der Fahne stand ein Mann, von dem keiner wußte, wie er an Bord gekommen war, – aber er war da. Oberfeldrichter Dr. Eberhard Bollow.

6
    Von einem neuen Treck, der aus Richtung Marienburg müde, am Ende aller Kräfte durch den eisigen Tag herankam, wurden wieder Frauen und Kinder durch die Absperrkette auf die Schiffe gelassen. Ein paar Offiziere gingen herum und schrien zu den schon an Bord befindlichen Männern: »Wenn der Platz nicht reicht, müßt ihr wieder runter! Verstanden?!«
    »Verstanden!« brüllte Opa Jochen zurück. »Aber dann alle!« Er blickte zu Dr. Bollow hinüber, der unter der Fahne stand, als müsse er dort Ehrenwache halten. »Ich sag's ihm persönlich!« knurrte Kurowski. Paskuleit hielt ihn am Ärmel fest.
    »Bist du verrückt?!« zischte er. »Willste die Rübe abhaben?«
    »Von dem da?« Opa Jochen lachte gefährlich. »Wenn ich tief einatme, hängt er mir unter der Nase!« Er riß sich los und stampfte über das Deck zu Dr. Bollow.
    »Alle Männer von Bord!« schrie Kurowski. »Es kommen noch mehr Frauen!«
    Verwirrt starrte der Oberfeldrichter den alten, großen Mann mit dem wilden Bart an. »Was wollen Sie?« sagte er dann ziemlich unsicher.
    »Platz

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