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Aus dem Nichts ein neues Leben

Aus dem Nichts ein neues Leben

Titel: Aus dem Nichts ein neues Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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für die Frauen! Was machen Sie auf dem Schiff, he?«
    »Ich sorge hier für Ordnung, Mann!« Dr. Bollow straffte sich. Er schlug den Kragen seines Lammfellmantels hoch und ging an Kurowski vorbei. Kurz darauf hörte man seine helle Stimme irgendwo schreien: »Alle Männer bis 50 Jahre an der Brücke sammeln! Abzählen lassen! Für jede Frau zwei Männer von Bord!«
    »So ein Schwein!« sagte Opa Jochen bitter. »Julius, was für eine dicke Sau! Wenn der den Krieg überlebt, muß mich Pfarrer Heydicke neu missionieren. Dann glaub ich nicht mehr an Gott.«
    Gegen Mittag wurden die Stege eingezogen, die Schiffe waren überfüllt. Man wußte zwar, daß noch von allen Seiten mehrere große Trecks heranzogen, aber es hatte keinen Sinn mehr, sie abzuwarten. In der Ostsee sollten sowjetische U-Boote und Minensucher kreuzen und alles zusammenschießen, was von der deutschen Küste abstieß. Keiner wollte das Risiko eingehen, diese vollbeladenen Schiffe auch noch zu opfern. Die Soldaten und die zurückgebliebenen Männer, meistens Bauern und Arbeiter aus ehemals kriegswichtigen Betrieben, die nun längst von den russischen Divisionen überrollt waren, winkten den drei Schiffen nach, als sie langsam die Weichselmündung hinunterglitten zur offenen See. Über den Masten knatterten die Rote-Kreuz-Fahnen, auf den Dächern der Ruderhäuser leuchtete ebenfalls das internationale Zeichen. Hier suchten die Unschuldigsten und die am meisten Getroffenen eines Krieges ihr Leben wieder: Frauen, Kinder und Greise, von dieser Minute an heimatlos, erbärmlich arm, angespültes Strandgut der großen Schlachten, Überlebende mit der Chance, irgendwo zu verhungern oder draußen auf der Ostsee in einen russischen Torpedo zu laufen. Denn auch das Rote Kreuz hatte seine Mahnkraft verloren. Es galt nur noch eins: Vernichten! Auslöschen!
    Als die Küste im Schneenebel versank, gingen Paskuleit und Opa Jochen durch das Schiff, um zu sehen, was von Adamsverdruß gerettet worden war. Zuerst sahen sie Oberfeldrichter Dr. Bollow. Er saß in der Kapitänskajüte und rauchte gemütlich eine Zigarre. »Er wird durchkommen«, sagte Kurowski in einem Ton, der bei Paskuleit ein Kribbeln unter der Kopfhaut erzeugte. »Wir werden ihn einmal in die Finger kriegen. Mein Jungchen hat er aufgehängt! Wo wären wir jetzt ohne den Oberleutnant?«
    In der Masse der Flüchtlinge trafen sie Julia Rambsen wieder, die junge Gutsherrin mit ihrem Säugling. »Nun ist Ihr Trakehnerhengst ›Goldener Sommer‹ auch hin«, sagte Paskuleit. »Ihr einziges Kapital.«
    Julia Rambsen lächelte still. »Er steht unten in einem Ladebunker. Er fährt mit.«
    »Wie haben Sie das denn fertiggekriegt?«
    »Einer der Offiziere ist Turnierreiter. Welch ein Glück …« Ihr Lächeln war wie eine Sonne, die den eisigen Nachmittag aufwärmte.
    Auch Pfarrer Heydicke war auf dem Schiff, und in einer Ecke saß sogar Felix Baum, der Ortsgruppenleiter. Er grinste, als Kurowski und Paskuleit sprachlos vor ihm stehenblieben, und zeigte auf sein rechtes Bein. Es war geschient und dick umwickelt.
    »Wann ist'n das passiert?« fragte Opa Jochen.
    »Gar nicht. Ich hab's nur verbunden. Verwundete dürfen mit.«
    »Du verfluchtes Aas!« sagte Paskuleit leise. »Wenn das 'rauskommt!«
    »Ich wollte bei euch bleiben! Verdammt, wir können uns mal gegenseitig notwendig haben. Der Frieden wird furchtbar sein, verlaßt euch drauf. Und wenn ich auch nichts habe, – 'ne große Fresse habe ich!«
    »Da hat er recht«, sagte Opa Jochen überwältigt, »'ne große Fresse hat in Deutschland noch immer 'was genützt! Halt dich gut, Felix …«
    Langsam, schwer im Wasser liegend, mit stampfenden Maschinen rollten die drei Schiffe durch die Ostsee. Sie fuhren in Küstennähe, um die Halbinsel Heia herum, manchmal so nahe, daß man bei klarem Wetter Feuerschein vom Land sehen konnte und der Wind dumpfes Grollen herübertrug. Die Russen waren schnell, – sie rollten Deutschland auf wie eine Konservendose. Ihre Panzerdivisionen waren die Büchsenöffner.
    Bei Stolpmünde stießen zwei Küstenwachboote zu ihnen, hinter Rügenwalde gliederte sich ein Minensuchboot ein … wie ein Geleitzug dampfte die kleine Kolonne durch die eisige See in die Freiheit.
    Pfarrer Heydicke betete jeden Tag in einer Art Bordgottesdienst. »Gott, laß uns durchkommen. Mach die U-Boote blind. Leg Nebel zwischen die Russen und uns. Mein Gott, schütze uns …« Gebete, die man nie vergessen sollte.
    Sie fuhren vierzehn Tage durch die Ostsee,

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