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Aus dem Nichts ein neues Leben

Aus dem Nichts ein neues Leben

Titel: Aus dem Nichts ein neues Leben Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Heinz G. Konsalik
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verdammter Hund, Paskuleit«, sagte er draußen.
    »Und Sie haben als Pfarrer eben verdammt gesagt, Herr Pfarrer!« Paskuleit lächelte. »Wir sind jetzt ein Wolfsrudel und müssen heulen wie die Wölfe! Sie sehen, Herr Pfarrer, – das versteht man!«
    Nach fünf Tagen rollten die vierzehn Familien von Adamsverdruß mit drei Waggons weiter nach Nordwesten, nach Lübeck. Im letzten Waggon, zwischen Heu- und Strohhaufen, betreut von Franz Busko, stand der Trakehnerhengst ›Goldener Sommer‹. Für das Heu hatte Opa Jochen seine wertvollste Habe eingetauscht: Die goldene Uhr der Kurowskis, seit 1813 in Familienbesitz. Der Bauer Hermann Poltin hatte sie angenommen.
    »Das vergesse ich Ihnen nie«, sagte Julia Rambsen mit Tränen in den Augen. Opa Jochen winkte ab. »Ich hol se mir wieder. Ich kenn ja den Namen. Vergessen Sie nicht: Wir Kurowskis sind unausrottbar wie die Wanzen.«
    Von Stralsund bis Lübeck fuhr der Güterzug zwei Tage und zwei Nächte. Das heißt, – am Tage versteckte er sich irgendwo auf der Strecke und fuhr nur des Nachts. Was keiner in den drei letzten Waggons wußte: Vorne, in zwölf Wagen, wurden Granaten transportiert. Hätte Opa Jochen das geahnt, wäre er nicht so fröhlich gewesen wie auf dieser Fahrt durch ein noch erstaunlich stilles, vom Kriege kaum berührtes Land. Zwei Tage und zwei Nächte lang war es, als lebe man auf einem anderen Stern, der ›Frieden‹ hieß – – –
    Lübeck war ein einziges Heerlager.
    Die Stadt, obgleich auch stark durch Bombenangriffe beschädigt, war vollgestopft von Menschen. Verschiedene Flüchtlingszüge waren bereits aufgenommen worden, und als die vierzehn Familien aus Adamsverdruß mit ihrem Hengst ›Goldener Sommer‹ im Lager V erschienen, rauften sich die Männer der Lagerleitung die Haare.
    »Was heißt hier Einweisung und Marschbefehl?« schrie ein dicker Mann, der anscheinend viel zu sagen hatte. »Der Gauheini in Stralsund kann gut solche blöden Zettel ausschreiben! Wohin mit Ihnen, das frage ich?! Wir sind so voll, daß sich schon das Dach hebt! Und dann auch noch'n Pferd dabei!«
    »Ein Trakehnerhengst. ›Goldener Sommer‹!« sagte Opa Jochen.
    »Leckt mich im Arsch mit eurem Hengst! Und ›Goldener Sommer‹? Jawoll, das wird noch'n goldener Sommer! Ihr werdet das Vieh auffressen!«
    »Nie!« sagte Paskuleit laut.
    »Wetten?« Der dicke Mann hieb auf den Tisch. »Pro Woche gibt's fünfzig Gramm Fett und 100 Gramm Wurst … wenn se da ist! Und ihr führt ein paar Zentner bestes Fleisch spazieren! Ihr Vollidioten! Gut, ihr seid im Lager! Aber ich habe keine Betten, keine Decken, keine Ecke, wo ihr liegen könnt, – nur scheißen könnt ihr im Gemeinschaftslokus und euch waschen in der Waschbaracke! Sieg Heil!«
    »Nicht aufgeben!« sagte Paskuleit draußen. Die vierzehn Familien und ›Goldener Sommer‹ standen vor der Lagerleiterbaracke. »Wichtig ist: Wir sind erfaßt. Wir haben eine Nummer, wir sind im Westen, wir sind eingegliedert. Wir gehören jetzt dazu! Man kann uns nicht mehr weiterjagen. Lübeck ist ein Ort wie jeder Ort auf der Karte – wir werden hier leben! Los, Leute, Quartier suchen! Wir zeigen denen mal, was da aus Adamsverdruß gekommen ist!«
    Und sie zeigten es! ›Goldener Sommer‹ wurde in einer Remise neben der Lagerküche untergebracht. »Jungs, wenn ihr ihn abstecht, zerhacke ich euch!« sagte Opa Jochen ernst. »Ich gucke jede Stunde nach ihm!« Dann verteilten sich die Adamsverdrusser über alle Baracken, und Paskuleit und Busko begannen, schon am ersten Tag Schuhe zu reparieren, und besohlten sie mit zerschnittenen Autoreifen. Dafür bekamen sie einen Platz zum Schlafen … die anderen rückten eben zusammen.
    Der Anfang einer neuen Schuhmacherwerkstatt war gemacht. Nach zehn Tagen kannte jeder im Lager den Julius Paskuleit. Es war erstaunlich, wieviel heimliche Lebensmittel kursierten und bei Paskuleit, dem Schuster, hängenblieben. Es gab im Lager Genies, die spazierengingen und mit vollen Taschen zurückkamen. »Von denen werde ich lernen«, sagte Opa Jochen. »Jungchen, ich gehe für mein Leben gern spazieren –« Aber die Organisationsgenies ließen den alten Kurowski nicht in ihre Reihen. Sie hängten ihn mit allen Tricks ab.
    »Die kennen mich noch nicht«, sagte Opa Jochen knirschend. »Ich muß hier erst mal warm werden. Bei einem Kurowski dauert das nicht lange.«
    Plötzlich waren die Engländer da.
    Sie rückten in Lübeck ein ohne großen Lärm, besetzten die Stadt, übernahmen nominell das

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