Aus der Asche - Silvanubis #2 (German Edition)
Naomi bleibt bei ihr. Hab keine Angst, wir lassen Anna nicht allein. Nun komm schon.« Bridget nahm ihn bei der Hand und zog ihn mit sanfter Gewalt aus dem Zimmer. Leise schloss sie die Tür hinter sich und schob Alexander die Treppe hinunter. »Am besten gehst du direkt zum Brunnen. Das kalte Wasser wird dir guttun.« Bridget öffnete die Haustür und schickte ihn mit einem leichten Schubs auf den Weg. »Wenn du magst, setz dich danach noch einen Moment zu uns, iss und trink ein wenig, wenn du dich schon nicht ausruhen möchtest.«
Alexander nickte wortlos und stieg die wenigen Treppenstufen der Veranda hinunter. Es wollte ihm einfach nicht gelingen zu antworten. Eigentlich hätte er erleichtert sein müssen. Anna lebte, Nico ebenfalls, Kyras Plan war misslungen. Doch ihm schien nicht nur seine Stimme abhandengekommen zu sein. So sehr er auch in sich hineinhorchte, da war nichts. Keine Erleichterung, keine Wut, nur Angst. Lähmende, erdrückende Angst. Angst um Anna. Er fühlte sich dumpf und leer. Bridget meinte es gut, hatte sich aufopfernd um Anna gekümmert. Fast zwei Stunden lang hatte sie sie versorgt. Alexander hatte wortlos zugesehen. So viel war passiert in den vergangenen Wochen. Kaum hatte er sich seine Gefühle Anna gegenüber eingestanden und sich schrecklich darüber gefreut, dass sie diese offenbar erwiderte, stahl sie sich davon. Kaum hatte er sich von seiner Verletzung erholt, ging es ihr mindestens genauso schlecht. Alles war so furchtbar schnell gegangen. Manchmal meinte er, ihm blieb nicht einmal genug Zeit zum Atmen. Die Angst um Anna brachte ihn fast um das letzte bisschen Verstand, das ihm noch geblieben zu sein schien.
Alexander wischte sich mit dem Ärmel den Schweiß aus dem Gesicht. Es war früher Morgen und doch war es schon drückend warm. Als er seine Hände betrachtete, erschauderte er. Kein Wunder, dass Bridget darauf bestand, dass er sich wusch. Er hatte sich nicht einmal die Zeit genommen, Annas Blut abzuwaschen. Der Brunnen befand sich unweit des Hauses unter den großen Weiden. Er hatte die Konstruktion bereits bei seiner Ankunft hier bewundert. Der Schacht war bis zum Grund mit Steinquadern ausgekleidet. Eine kniehohe Mauer umschloss den Brunnen und darüber war eine Seilwinde angebracht worden, an der zwei Eimer hingen. Während der eine sich senkte, wurde der andere hochgezogen. Alexander bediente die Winde, stellte geistesabwesend den vollen Eimer auf den Mauerrand und ließ sich schließlich das kalte Wasser über die Hände rinnen. Teilnahmslos stellte er fest, dass diese immer noch zitterten. Er senkte den leeren Eimer und zog den anderen nach oben. Mit beiden Händen schöpfte er Wasser und wusch sich sein Gesicht. Diese verfluchte Angst. Was, wenn Anna es nicht schaffen würde? Erneut bewegte er das Seil und ließ den leeren Eimer im Schacht verschwinden. Schweren Herzens ging er die wenigen Schritte zur Veranda zurück und ließ sich auf der Treppe nieder. Von drinnen waren gedämpfte Stimmen zu hören. Wer mit wem sprach, war nicht genau auszumachen. Er konnte da jetzt nicht reingehen. Er konnte nicht sprechen, nicht essen und nicht trinken.
Alexander stützte die Ellbogen auf die Knie und rieb sich die pochenden Schläfen, als ihn das Schnauben eines Pferdes hochschrecken ließ. Noah, er war zurückgekehrt, allein. Langsam ließ er sich aus dem Sattel gleiten, band die Zügel am Geländer der Veranda fest und musterte seinen Freund.
»Alexander«, er setzte sich neben ihn. »Wie geht es ihr?«
Alexander räusperte sich, es schien ihm, als müsste er erst irgendwo nach seiner Stimme graben. »Sie schläft.« Er unterbrach sich, schlug die Hände vor sein Gesicht und erschrak, als er sich schluchzen hörte. All die angestaute Angst, die Verzweiflung, der Hass auf die Magierin, die Liebe für Anna, die Ungewissheit, alles wollte mit einem Mal hinaus. Es war einfach zu viel und er konnte nicht mehr! Und Noah ließ ihn weinen. Still saß er neben seinem Freund und wartete. Schließlich stand Alexander auf und lief zum Brunnen zurück. Nochmals schöpfte er Wasser und warf sich das kalte Nass ins Gesicht. Dann drehte er sich langsam um und schüttelte den Kopf. »Es tut mir leid, Noah. Es ist …«
Noah lächelte schwach. »… einfach zu viel?«
Alexander zuckte mit den Schultern. »Könnte man so sagen. Ist sie …« Er räusperte sich erneut und langsam wurde seine Stimme fester. »Wird sie gut bewacht?«
Nun war es Noah, der sich einen Ruck geben musste, zu
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