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Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen

Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen

Titel: Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lydia Mark;Benecke Benecke
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Strafzettel erhielt. Der Fahrer war ihr aufgefallen, weil er am Tatabend in der Nachbarschaft herumgeschlichen war unddie an ihm vorbeigehenden Menschen bedrohlich angestarrt hatte. Nach dem aufsehenerregenden Mord meldete sie ihre Beobachtung der Polizei, die ermitteln konnte, dass David Berkowitz den Strafzettel erhalten hatte.
    Die Polizisten fanden in Berkowitz’ Auto unter anderem Munition, Straßenkarten von den Tatorten und einen noch nicht abgeschickten Brief an die Polizei, in dem Berkowitz weitere Morde ankündigte. Er wurde beim Verlassen seiner Wohnung festgenommen. Dabei sagte er: »Ihr habt mich. Warum hat das so lange gedauert?«
    Bei der anschließenden Vernehmung gestand Berkowitz die »Son of Sam«-Morde und bot an, sich vor Gericht für schuldig zu bekennen, wenn ihm hierfür die Todesstrafe erlassen werden würde. Er behauptete auch, dass er mit dem geheimnisvollen Sam in seinen Briefen seinen ehemaligen Nachbarn Sam Carr meinte. Dessen Hund sei von einem Dämon besessen, der ihm die Morde befohlen habe. Folglich war nicht Berkowitz, sondern der Hund des Nachbarn der »Son of Sam«!
    Der Dämonenhund war nur der Auftakt einer ganzen Reihe von Nonsens-Geschichten, die Berkowitz erzählte, um sich selbst als Opfer der Umstände darzustellen. In den Wochen nach seiner Festnahme begann er damit, sein Geständnis zurückzunehmen und zu behaupten, er habe einer satanistischen Sekte angehört.
    Die meisten der ihm zugeschriebenen Morde hätten Mitglieder der Sekte begangen, von denen er aber nur die Vornamen kenne. Er behauptete auch, er habe Informationen über einen anderen Mord an einer Universität, den ein Mitglied seiner Sekte einige Jahre zuvor begangen haben soll. Die Ermittler stellten fest, dass er in Wahrheit nur Informationen über den Fall hatte, die er sich aus der Zeitung zusammengereimt hatte. Es fanden sich nie schlüssige Hinweise darauf, dass an seiner Behauptung, Mitglied einer satanischen Sekte gewesen zu sein, etwas dran war. Die wenigen Opfer und Zeugen, die den Täter vor Berkowitz’ Festnahme beschrieben, sprachen immer von einem Mann seiner Statur und mit seinen dunklen Augen. Manchmal trug er bei den Taten eineblonde Perücke, die zu besorgen und verschwinden zu lassen in einer Stadt wie New York kein Problem ist. Auch in seiner Wohnung fanden sich keine Hinweise auf Kontakte zu irgendwelchen Sektenmitgliedern. Außerdem hörte die Mordserie mit seiner Verhaftung auf, obwohl er behauptete, es gäbe »noch mehr Söhne von Sam da draußen«.
    Es passt aber – auch ganz unabhängig von der Schuldfähigkeitsfrage – zu Berkowitz’ Persönlichkeit, sich als Mitglied einer mächtigen, geheimnisvollen Gruppe darzustellen. Er sehnte sich schließlich sein Leben lang nach normalen Beziehungen zu Menschen, nach Anschluss, Aufmerksamkeit und Bewunderung. Wegen der negativen Art, mit der er sein Leben, seine Umgebung und andere Menschen wahrnahm, schaffte er es aber nie, einen Freundeskreis oder eine Gruppe, der er sich hätte zugehörig fühlen können, zu finden.
    Stattdessen schlich er stets alleine durch die Stadt, sah sich Horrorfilme an, las Bücher über geheime Kräfte und probierte magische Rituale aus, von denen er gehört oder gelesen hatte. Die Fantasie, sowohl von einer mächtigen Sekte als Mitglied ausgewählt zu werden, als auch dunkle Mächte mit magischen Ritualen beherrschen zu können, war also eine sehr angenehme Vorstellung für ihn. So fühlte er sich weniger wertlos und weniger einsam.
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    Erfolglose Narzissten
    Sich mit etwas völlig frei Erfundenem und dabei so Fantasievollem wie im Fall Berkowitz derart wichtig zu machen ist dem bereits erwähnten Psychologen Rainer Sachse zufolge typisch für erfolglose Narzissten. Narzissten sind, wie bereits erklärt, Menschen, die sich als etwas ganz Besonderes empfinden und von der Umwelt auch so behandelt werden wollen (siehe S. 90). Viele von ihnen legen sich dafür auch ins Zeug und arbeiten hart daran, Erfolge im Leben zu erzielen. Doch es gibt eine Gruppe von ihnen, die wie Berkowitz nichts von dem, was sie sich vornehmen, erreichen.
    Berkowitz wollte ein Kriegsheld und ein großer Liebhaber sein, hat aber nichts davon auch nur im Entferntesten hinbekommen. Weil ihre grandiosen Träume ebenso grandios scheitern, nennt Sachse solche Menschen »erfolglose Narzissten«. Sie wollen aber ebenso wie ihre erfolgreichen Gegenstücke beachtet und für besonders wichtig gehalten werden. Deshalb entwickeln sie oft

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