Aus der Dunkelkammer des Bösen - Benecke, M: Aus der Dunkelkammer des Bösen
der Grund für seine Zeugung.
Es ist kein Zufall, dass seine Mordserie im Jahr nach dem Kennenlernen seiner leiblichen Mutter begann. In seiner Vorstellung war sie von einer traumhaften, liebevollen Fantasiegestalt, bei der er sich endlich zu Hause fühlen wollte, zum Ursprung all seines Übels geworden. Ihre Affäre mit einem verheirateten Mann warder einzige Grund für seine Geburt. Die Wut darüber, die er sich nicht traute, an ihr selbst auszulassen, ließ er junge Frauen spüren, die ihn an seine Mutter erinnerten. Fast alle seiner Opfer hatten wie sie längere braune Haare.
Sieben Monate nach seinen Messerattacken, im Juli 1976, beging er seinen ersten Mord. Gegen ein Uhr nachts sah er auf einem Parkplatz zwei junge Frauen, die sich in einem Auto miteinander unterhielten. Als die achtzehnjährige Donna Lauria aus dem Wagen stieg, schoss Berkowitz drei Mal in ihre Richtung, wobei er sie tödlich in den Brustkorb traf, während eine weitere Kugel ihre im Wagen sitzende neunzehnjährige Freundin Jody Valenti in die Hüfte traf.
Drei Monate später schoss Berkowitz nachts auf ein in einem Auto sitzendes Pärchen, wobei beide verletzt überlebten. Einen weiteren Monat später fielen ihm die sechzehnjährige Donna DeMasi und ihre achtzehnjährige Freundin Joanne Lomino zum Opfer, die spätabends von einer Kinovorstellung heimgingen. Auch diese beiden überlebten schwer verletzt.
Ende Januar 1977 schoss Berkowitz wieder nachts auf ein in einem Auto sitzendes Pärchen. Die sechsundzwanzigjährige Christine Freund starb, ihr Verlobter wurde verletzt, schaffte es aber noch, mit seinem Auto wegzufahren und dem Angreifer zu entkommen. Auf die Frage, warum er es meist auf in Autos sitzende Paare abgesehen hatte, antwortete er, seine Mutter Betty habe mit seinem Vater in solchen geparkten Autos gesessen.
Im März 1977 änderte Berkowitz sein Vorgehen. Bis dahin hatte er stets nachts auf Pärchen geschossen. Dieses Mal erschoss er abends eine junge Frau, die alleine auf dem Heimweg war. Offenbar tötete er immer dann, wenn die Wut ihn gerade wieder besonders packte und er irgendwo eine Person erblickte, die ihn an seine Mutter und die Umstände seiner Zeugung erinnerte.
Wie viele Serienmörder, die unter Minderwertigkeitsgefühlen leiden und sich Beachtung wünschen, schrieb Berkowitz einen Brief an die New Yorker Polizei und einen an einen Reporter, in denen er wirre Angaben zu den Morden machte und behauptete,ein gewisser Sam verlange von ihm, immer mehr Morde zu begehen. Hier gab er sich auch zum ersten Mal den Namen »Son of Sam«.
Es machte ihm Spaß, einerseits die Polizei und die Öffentlichkeit mit seinen völlig verrückt wirkenden Briefen zu verwirren und gleichzeitig die Vorstellung zu verbreiten, ein irres Monster verlange nach Menschenleben. Er unterschrieb seine Briefe sogar mit »Mr. Monster«. Weil es ihm nie gelungen war, sich mit etwas Gutem hervorzutun – sein Traum vom Heldentum war längst geplatzt –, verschaffte er sich nun Aufmerksamkeit, indem er Angst verbreitete. So befriedigte er zwei seiner Bedürfnisse: Er ließ seiner Wut auf seine Mutter und sein missratenes Leben freien Lauf und konnte sich gleichzeitig mächtig, wichtig und beachtet fühlen, weil er eine Großstadt in Angst versetzte.
Durch viele Zeitungsberichte war bekannt geworden, dass ein Serienmörder in New York sein Unwesen trieb und dass ihm bisher nur junge Frauen mit langen braunen Haaren zum Opfer gefallen seien. Deshalb begannen die Frauen in New York damit, sich die Haare blond zu färben und sie kurz schneiden zu lassen, in der Hoffnung, so nicht mehr für den Serienkiller interessant zu sein.
Im Juni 1977 schoss Berkowitz wieder in gewohnter Weise spät nachts auf ein Pärchen, das nach einem Discobesuch in einem Auto saß. Die beiden wurden verletzt, überlebten aber. Einen Monat später, am 31. Juli, schoss er erneut nachts auf ein Pärchen, das sich gerade in einem Auto küsste. Stacy Moskowitz starb, ihr Freund wurde schwer verletzt. Moskowitz war das erste Opfer, das eine völlig andere Frisur hatte, als die anderen weiblichen Opfer: Sie hatte kurz geschnittene, blonde Locken. Diese Frisur hatte sie sich aus Angst vor dem Serienmörder machen lassen und glaubte damit sicher vor einem Angriff zu sein.
Der Mord an Stacy Moskowitz führte schließlich zu Berkowitz’ Festnahme. Eine Frau, die nahe des Tatorts wohnte, erinnerte sich an ein Auto, das zu nah an einem Feuerhydranten geparkt war und dafür einen
Weitere Kostenlose Bücher