Aus Der Laengeren Sammlung Dighanikayo Des Pali-Kanons
Wahrheit gemäß. In solcher Kunde, solchem Anblicke löst sich ihm das Herz vom Wunscheswahn ab, und löst sich vom Daseinswahn ab, und löst sich vom Nichtwissenswahn ab. ›Im Erlösten ist die Erlösung‹, diese Erkenntnis geht auf. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketentum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ versteht er da.
Gleichwie etwa, großer König, wenn da am Ufer eines Alpensees von klarem, durchsichtigem, ungetrübtem Wasser ein scharfsehender Mann stände und hineinblickte auf die Muscheln und Schnecken, auf den Kies und Sand und die Fische, wie sie dahingleiten und stillestehn; der sagte sich nun: ›Klar ist diese Wasserfläche, durchsichtig, ungetrübt; ich sehe darunter die Muscheln und Schnecken, den Kies und Sand und die Fische, die dahingleiten oder ruhn‹: ebenso auch, großer König, lenkt und richtet nun der Mönch das Gemüt auf die Erkenntnis der Wahnversiegung. ›Das ist das Leiden‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Leidensauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Leidensauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der Wahn‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnentwicklung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist die Wahnauflösung‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. ›Das ist der zur Wahnauflösung führende Pfad‹ erkennt er der Wahrheit gemäß. In solcher Kunde, solchem Anblicke löst sich ihm das Herz vom Wunscheswahn ab, und löst sich vom Daseinswahn ab, und löst sich vom Nichtwissenswahn ab. ›Im Erlösten ist die Erlösung‹, diese Erkenntnis geht auf. ›Versiegt ist die Geburt, vollendet das Asketentum, gewirkt das Werk, nicht mehr ist diese Welt‹ versteht er da. Das aber, großer König, ist ein sichtbarer Lohn der Asketenschaft, vortrefflicher noch und erlesener als es der frühere war. Einen anderen aber noch, großer König, als diesen sichtbaren Lohn der Asketenschaft, der darüber hinausreichte oder erlesener wäre, gibt es nicht.«
Nach dieser Rede wandte sich der König von Magadha Ajatasattu, der Sohn der Videherin, an den Erhabenen und sagte:
»Vortrefflich, o Herr, vortrefflich, o Herr! Gleichwie etwa, o Herr, als ob man Umgestürztes aufstellte, oder Verdecktes enthüllte, oder Verirrten den Weg zeigte, oder Licht in die Finsternis brächte: ›Wer Augen hat wird die Dinge sehn‹: ebenso auch, o Herr, ist vom Erhabenen die Lehre gar vielfach dargelegt worden. Und so nehm' ich, o Herr, beim Erhabenen Zuflucht, bei der Lehre und bei der Jüngerschaft: als Anhänger soll mich der Erhabene betrachten, von heute an zeitlebens getreu. – Ein Vergehn hat mich, o Herr, überkommen, wie einen Toren, wie einen Irren, wie einen Mißratenen, der ich, o Herr, den Vater, den gerechten, wahrhaftigen König, um der Herrschaft willen des Lebens beraubt habe. So möge mich, o Herr, der Erhabene das Vergehn als Vergehn bekennen lassen, um in Zukunft an mich zu halten.«
»In der Tat hat dich, großer König, ein Vergehn überkommen, wie einen Toren, wie einen Irren, wie einen Mißratenen, der du den Vater, den gerechten, wahrhaftigen König, um der Herrschaft willen des Lebens beraubt hast. Weil du aber nun, großer König, das Vergehn als Vergehn eingesehn und nach Gebühr bekannt hast, erkennen wir das von dir an. Denn ein Fortschritt ist es, großer König, im Orden des Heiligen, ein Vergehn als Vergehn einzusehn, nach Gebühr zu bekennen, in Zukunft an sich zu halten.«
Auf diese Worte hin wandte sich der König von Magadha Ajatasattu, der Sohn der Videherin, also an den Erhabenen:
»Wohlan denn, o Herr, wir wollen nun aufbrechen: manche Pflicht wartet unser, manche Obliegenheit.«
»Wie es dir nun, großer König, belieben mag.«
Da stand denn der König von Magadha Ajatasattu, der Sohn der Videherin, von seinem Sitze auf, begrüßte den Erhabenen ehrerbietig, ging rechts herum und entfernte sich.
Bald aber nachdem der König von Magadha Ajatasattu, der Sohn der Videherin, gegangen war, wandte sich der Erhabene an die Mönche:
»Ergriffen, ihr Mönche, ist dieser König, betroffen, ihr Mönche, ist dieser König. Wenn dieser König, ihr Mönche, den Vater, den gerechten, wahrhaftigen König, nicht des Lebens beraubt hätte: auf diesem Sitze noch wär' ihm das abgeklärte, abgespülte Auge der Wahrheit aufgegangen.«
Also sprach der Erhabene. Zufrieden freuten sich jene
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