Aus der Spur
Missverständnis. Wahrscheinlich hatte sie sich noch ein Tattoo stechen lassen, anstatt das Auto abzuholen.
» Heather, sind Sie das? Wollen Sie unseren Termin verschieben? «
» Nicht ganz. « Das Mädchen kicherte, und Shamus ging auf, dass die Kleine gar nicht verschlafen, sondern high war. » Ich brauche meine Anzahlung wieder. «
» Warum? «
» Weil ich schon einen BMW bei mir in der Garage stehen habe. Meinen goldigen Deutschen. « Heather kicherte wieder.
» Sie haben sich ein anderes Auto gekauft? Ich dachte, Sie wollten wieder einen Honda. « Am liebsten hätte Shamus seinen Kopf gegen die Wand geschlagen. Oder doch besser ihren Kopf.
» Das hat der andere Honda-Mensch auch gesagt. Ich hab’ ihn grade angerufen, weil ich die andere Anzahlung auch wiederhaben will. Sie dürfen mich aber nicht so anschreien wie der. So ein Arschloch. «
» Sie haben für zwei andere Autos Geld hinterlegt? «
» Nein. Für… draaaai… Autos! « Heather lachte schallend.
» Drei Autos. Warum? « Shamus brummte der Kopf.
» Ich bin erst zu Ihnen gegangen und dann zu Marlo, und die haben mir ein besseres Angebot gemacht, und dann bin ich zu Lexus, und der Lexus war so toll! Aber dann bin ich noch woanders hin und hab den BMW gesehen. Wissen Sie was? «
» Was? «
» Der BMW ist der Lexus unter den deutschen Autos! Also hab ich den gekauft. « Heather lachte und lachte, und Shamus war versucht, einfach aufzulegen.
» Also « , kicherte sie schließlich, » wann krieg’ ich mein Geld wieder? «
» Nun, Heather, normalerweise kann das mit dem Papierkram bis zu zehn Tage dauern… «
» Zehn Tage? Bullshit! Ich will’s jetzt sofort zurück, oder mein Dad verklagt Sie. Er is’n Spitzenanwalt und macht ständig Ärsche wie dich platt. Hey, apropos, ich weiß gar nicht mehr, ob du einen Knackarsch hast! « Und wieder diese Lache.
Es war, als würde in Shamus’ Kopf etwas zerspringen. Er musste die Sache auf sich beruhen lassen; schließlich hatte Heather Geld bei Patriot Motors angezahlt. Fünfhundert Kröten.
Draußen frischte der Wind auf. Shamus hätte schwören können, dass er die Kuhglocke hörte, mit der Gran immer seine Bestrafungen eingeläutet hatte. In den Regenspuren auf den Schaufensterscheiben konnte er ihr Gesicht erkennen. Nur noch gedämpft drangen die Geräusche des Autohauses an sein Ohr.
Shamus glaubte, nasse Sägespäne auf seinen Beinen zu spüren, und er zitterte vor Kälte. Nein! Dieses Mädchen konnte zu ihm zurückverfolgt werden. Die Anzahlung hatte eine Spur von belastenden Dokumenten hinterlassen.
Er hatte den Geruch des Eishauses in der Nase und erwartet fast, seinen Atem frostige Wölkchen formen zu sehen. Er zupfte an seinem Hosenboden. Gran hatte einen neuen Weg gefunden, ihm ins Gewissen zu schreien. Ich kann nicht.
Um seinen Schritt herum fühlte sich alles taub an. Vielleicht gab es doch eine Möglichkeit…
Sein Stuhl fühlte sich jetzt trocken an. Die Konturen des Gesichtes verliefen auf dem Fenster, und Shamus konnte das Putzmittel riechen, mit dem der Boden des Ausstellungsraums gewischt wurde.
» Bist du noch dran, Arschmännchen? «
Er bemühte sich, höflich zu klingen. » Sie müssen Ihren Vater nicht einschalten. Ich sage Ihnen, was wir machen. Ich besorge mir Ihre Anzahlung in bar und bringe Ihnen das Geld gleich am Montagmorgen vorbei. Das geht schneller, als einen Scheck mit der Post zu schicken. « Shamus blickte sich nach seinen Kollegen um. Hatte einer von ihnen das Gespräch mitbekommen? Nein, niemand.
» Mir recht. Hauptsache, ich krieg’ mein Geld. «
» Gleich am Montag, in Ordnung? Und bitte denken Sie an Patriot Motors, wenn Ihnen doch wieder nach einem Honda ist. «
» Und bitte denk’ an meinen Dad, wenn du einen neuen Arsch brauchst. «
Shamus legte auf.
Nachdem Hank den Neuwagen an seine Kunden übergeben hatte, leerte sich der Ausstellungsraum allmählich. Hank, der solche Gelegenheiten nie ungenutzt verstreichen ließ, holte eine schicke Einkaufstüte aus seiner Schreibtischnische, um seine neuesten Errungenschaften vorzuführen.
Shamus schaltete auf Durchzug. Es regnete unvermindert weiter.
Kapitel 28
Freud’scher Versprecher
Montagmorgen
Noch nie in seinem Leben war Shamus ein Wochenende so lang vorgekommen. Am Samstag regnete es, und sein Tag begann mit einem weiteren Telefonanruf von Myrtle. Sie erklärte ihm, dass sie bei diesem Wetter nicht verhandeln könne. Dachte sie etwa, er würde das mitten auf dem Parkplatz mit ihr
Weitere Kostenlose Bücher