Aus der Spur
» Vorschlag « hin Nelson zu dieser Einsatzbesprechung mitbringen. Nelson hielt das für ein gutes Zeichen, Chang aber wusste es besser. Der Colonel führte etwas im Schilde. Hoffentlich würde Chang bei dem Meeting Verbündete gewinnen können.
Nelson sprach auf der Fahrt zum Hauptquartier nicht viel. Schließlich brach Chang das Schweigen: » Bei der Besprechung werden mehrere Leute anwesend sein, aber das schaffst du schon. «
» Ich hasse so was. Mist! « Wenn Nelson nervös war, konnte er manchmal richtig unleidlich sein. » Hat die Untersuchung des Kleiderbeutels was ergeben? «
» Ein paar verschmierte Fingerabdrücke, aber die waren unbrauchbar. Von den Haarproben verspreche ich mir eigentlich mehr. Damit könnten wir zumindest alle Verbrechen auf dieselbe Person zurückführen. «
» Wir wissen doch längst, dass wir es mit einem Einzeltäter zu tun haben. «
» Aber wir könnten mit den Ergebnissen unser Täterprofil ergänzen. Dann beschaffen wir uns Sandys Kundenkartei. Vielleicht bekommen wir ja ein Phantombild zustande, das jemand erkennt. « Chang musste den hohen Tieren seine Vorgehensweise ja irgendwie plausibel machen.
» Das ist aber etwas weit hergeholt. «
» Angriff ist die beste Verteidigung, und etwas Besseres fällt mir nicht ein. Wir wissen immer noch nicht, was die Opfer miteinander verbindet. «
» Die Antwort liegt direkt vor unserer Nase. Das spüre ich. « Nelson fuhr sich mit den Fingern durch die Haare.
» Dir juckt nicht zufällig der Kopf? « Chang wusste, dass das ein untrügliches Zeichen dafür war, wenn sich bei Nelson ein Geistesblitz anbahnte.
» Ein bisschen. «
***
Als Chang und Nelson den Konferenzraum gleich neben Colonel Byrds Büro betraten, richteten sich alle Augen auf sie. Chang unterdrückte den Impuls, die Fäuste zu ballen, aber er konnte spüren, dass eine Auseinandersetzung in der Luft lag.
Byrd saß bereits am runden Konferenztisch, die beiden Zivilisten neben ihm. Zu Changs Überraschung entdeckte er ein freundliches Gesicht unter ihnen. Es gehörte Nancy Brand, die für Gouverneurin Spiker arbeitete. Ihr Lächeln erinnerte ihn an Colleen. Es schien zu sagen: » Ich weiß etwas, was du nicht weißt. «
Nancy war Anfang dreißig und sah einfach umwerfend aus: groß, Traumfigur, elegant. Nur leider band sie ihr Haar immer zu einer strengen Hochfrisur zurück. Chang war Nancy zum ersten Mal begegnet, als er bei der Polizei von Delaware angefangen hatte. Die Gouverneurin hatte unbedingt ihre Integrationspolitik demonstrieren wollen und Nancy geschickt, um den asiatischstämmigen Chang vorzuführen wie einen dressierten Affen. Nancy war das Spektakel wohl genauso unangenehm gewesen wie ihm.
Er erinnerte sich noch an Nancys freundliche Art und daran, dass es zwischen ihnen gefunkt hatte, aber Chang hatte jeglichen Annäherungsversuch im Keim erstickt. Damals war er noch mit Colleen zusammen gewesen, auch wenn ihm inzwischen bewusst war, dass sie zu jener Zeit schon am Anfang vom Ende ihrer Ehe gestanden hatten. Seit seiner Scheidung war er Nancy nicht mehr begegnet.
Der zweite Zivilist war Nick Fargo, Repräsentant des Generalstaatsanwalts. Der junge Mann hatte einen überheblichen Zug um den Mund und die Augen eines Raubtiers. Chang fand ihn auf Anhieb unsympathisch.
» Kommen Sie herein, meine Herren « , sagte Byrd. Er stellte die Anwesenden einander vor und kam dann gleich zur Sache: » Was können Sie uns Neues sagen? Ihre vorläufigen Berichte haben wir ja alle gelesen. «
Chang sah, wie Fargo Nelson abwägend musterte und dann Byrd etwas ins Ohr flüsterte. Beide lachten, und Byrds Lippen formten ein stummes » Kann sein « . Dreckspolitiker, dachte Chang.
Er warf Nelson einen Blick zu. Oh, oh. Nelson hatte sein » Schwammgesicht « aufgesetzt und nahm jede Nuance im Mienenspiel der Anwesenden in sich auf. Er würde genau wissen, was sie dachten, und es womöglich persönlich nehmen. Aber Chang hatte jetzt keine Zeit, um ihm gut zuzureden.
» Nun, Sir « , sagte Chang eilig. » Ich werde Ihnen zunächst erläutern, was wir Neues herausgefunden haben und wie es zu dem passt, was wir schon wissen. Mr. Rogers wird dann auf die Details eingehen. « Chang fühlte sich wie ein Schauspieler, der die unveränderlichen Bewegungsabläufe eines japanischen Kabuki-Theaterstücks durchexerzierte. Das Ende stand auch hier von vornherein fest.
Er erklärte, sie seien zu dem Schluss gekommen, dass der Täter Handschuhe trug und immer andere Schuhe, da
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