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Aus der Welt

Aus der Welt

Titel: Aus der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Kennedy
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geführt hat, anonym bleiben möchte. Das hat die Medien natürlich erst recht neugierig gemacht. Aber nur Inspektor Laughlin, Officer Rivers und die beiden Beamten, die uns zur Hütte begleitet haben, kennen Ihre Identität. Und so soll es auch bleiben.«
    »Allerdings dürften einige Leute an Ihrem Arbeitsplatz Ihr großes Interesse am Fall Ivy MacIntyre mitbekommen haben. Deshalb habe ich noch gestern Abend persönlich mit Geraldine Woods gesprochen. Ich habe ihr erklärt, dass ich eine höchst vertrauliche Information für sie hätte und sie gefragt, ob sie diese für sich behalten könne. Anschließend habe ich nur gesagt, dass Sie uns ›eine große Hilfe‹ bei der Suche nach Ivy MacIntyre waren, aber aus persönlichen Gründen nicht wünschen, dass Ihre Identität bekannt wird. Sie hat äußerst verständnisvoll reagiert und mir versprochen, nichts weiterzuerzählen. Sie haben mit ihr zusammengearbeitet. Glauben Sie ihr?«
    »Im Unterschied zu den meisten anderen Bibliothekskollegen ist sie keine Klatschtante. Und sie ist ziemlich anständig.«
    »Den Eindruck hatte ich auch – zumal sie mir vorschlug, eine Geschichte in Umlauf zu bringen, nach der Sie das Land mehrere Tage vor Ivys Entdeckung verlassen haben.«
    Ich konnte mir zwar nicht vorstellen, dass Marlene oder Ruth ihr das abnahmen. Andererseits würde Geraldine ihnen auf ihre leise, hartnäckige Art schon klarmachen, dass sie das Thema nicht weiter vertiefen würde.
    »Am besten, sie erzählt der Belegschaft, dass ich einen Nervenzusammenbruch hatte und zur Behandlung in ein Krankenhaus in den Vereinigten Staaten verlegt worden bin.«
    »Möchten Sie wirklich, dass Ihre Kollegen das glauben?«
    »Bevor das alles passiert ist, stand ich tatsächlich kurz vor einem Nervenzusammenbruch – und jeder wusste davon. So gesehen … Hauptsache, meine Spuren werden verwischt.«
    Clark sah Inspector Laughlin fragend an. Seine Antwort bestand in einem kurzen, zustimmenden Nicken.
    »Das hätten wir also erledigt«, sagte er.
    »Hat man die Leichen im Keller gefunden?«, fragte ich.
    »Die Spurensicherung hat heute Morgen die Arbeit aufgenommen.«
    »Und Ivy? In den Nachrichten hieß es, ihr Gesundheitszustand sei besorgniserregend.«
    »Es besteht keine Lebensgefahr. Sie könnte allerdings ihren Fuß verlieren, obwohl die Ärzte alles tun, um ihn zu retten. Sie wurde noch nicht von uns verhört – und wird es auch nicht, bis sich ihr Zustand deutlich verbessert hat. Aber sie hört nicht auf, nach der Frau zu fragen, die sie gefunden hat … und nach ihrem Vater.«
    Ich wollte schon eine Bemerkung machen wie »In diesem Punkt haben Sie sich wohl gründlich geirrt, was?«, aber Inspector Laughlin kam mir zuvor.
    »Ein furchtbarer Justizirrtum hat stattgefunden«, sagte er. »Nicht mehr, aber auch nicht weniger. Wir werden die Konsequenzen tragen müssen.«
    »Und Brenda?«, fragte ich.
    »Haben Sie sie denn heute Morgen nicht auf allen Kanälen gesehen?«, fragte Clark.
    »Nein, ich habe den Fernseher bewusst ausgeschaltet.«
    »Seien Sie froh! Sie hat sowohl die überglückliche Mutter als auch die trauernde Witwe gespielt.«
    »Jetzt trauert sie um zwei Männer – da sie auch etwas mit Coursen hatte.«
    »Woher wissen Sie das?«
    Ich schilderte die Unterhaltung, die ich zwischen Coursen und seinem Anhänger Carl belauscht hatte, als ich im Kofferraum eingesperrt gewesen war.
    »Das haben Sie gestern gar nicht erwähnt«, sagte Clark.
    »Da war auch jede Menge los.«
    »Stimmt, und damit nicht noch etwas verloren geht und ich eine offizielle Aussage von Ihnen habe, würde ich die ganze Geschichte gern noch einmal mit Ihnen durchgehen. Wir werden Sie dabei filmen – doch keine Angst, die Aufnahme wird nie an die Öffentlichkeit gelangen. Inspector Laughlin wird auch dabei sein, wenn Sie nichts dagegen haben.«
    »Ganz, wie Sie wollen.«
    Von Inspector Laughlin kam ein weiteres kurzes Nicken.
    In der nächsten Stunde erzählte ich noch einmal alles von vorn. Dabei merkte ich, dass ich nicht nur eine gute Zeugin, sondern auch eine gute Geschichtenerzählerin war. Weil ich eine Nacht durchgeschlafen und ein wenig Abstand zu den Ereignissen gewonnen hatte, ähnelte die jetzige Version zwar durchaus der von gestern auf der Fahrt zur Hütte mit Sergeant Clark, war aber deutlich stringenter. Bis zu dem Moment in Verns Auto hatte ich nie über Emilys Tod sprechen können. Doch diese Geschichte konnte ich problemlos erzählen. Weil es eine Geschichte war, die nicht

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