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Aus der Welt

Aus der Welt

Titel: Aus der Welt Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Douglas Kennedy
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hielt auf dem Parkplatz, und Clark kam auf uns zu. Er wurde von Officer Rivers begleitet. Clark musterte mich mit professioneller Skepsis, als ich ausstieg. Ich nickte den beiden bloß zu und öffnete die Beifahrertür. Als Clark und Rivers in den Wagen sahen, schaute Ivy einfach nur zu ihnen auf. Ich konnte sehen, was sie sahen – den gehetzten Blick, die Schnitt- und Schürfverletzungen, den wunden Mund, den Knöchel, der möglicherweise bereits von Wundbrand befallen war. Rivers schlug die Hand vor den Mund. Sogar ein so abgehärteter Profi wie Clark wirkte erschüttert und winkte sofort die Sanitäter herbei.
    Fünf Minuten später fuhr Clark mich dorthin zurück, wo ich hergekommen war. Ein Polizeiauto mit zwei Beamten folgte uns. Dank der inzwischen aufgehenden Sonne sah ich, durch welches Gelände ich vorher gefahren war. Die zweispurige Asphaltstraße durchquerte die größte Einöde, die ich je gesehen hatte. Nichts als plattes Land, das sich ewig auszudehnen schien und den furchtbarsten Anblick überhaupt bot: den einer endlosen Leere. Auf meiner Rückfahrt nach Townsend hatte ich beim Verlassen des Schotterwegs wohlweislich einen Blick auf den Kilometerzähler geworfen, sodass ich Sergeant Clark nun mitteilen konnte, dass wir genau 153 Kilometer nach der Pfingstgemeinde von Townsend nach rechts abbiegen müssten. Während ich das sagte, berührte ich meine Jackentasche und spürte ein hartes Metallobjekt.
    »In all dem Durcheinander und der Aufregung habe ich ganz vergessen, Ihnen das hier zu geben.« Mit diesen Worten zog ich Coursens Waffe hervor.
    »Meine Güte«, sagte Clark, nahm sie mir ab und wog sie in seiner Rechten, während er mit der Linken das Steuer hielt. Er überprüfte, ob sie gesichert war, und befahl mir dann, das Handschuhfach zu öffnen und nach einem Beweisbeutel zu suchen. Darin lagen etwa ein Dutzend solcher Beutel, Chirurgenhandschuhe und anderes Spurensicherungszubehör. Er bat mich, den Beutel aufzuhalten, und ließ die Waffe hineinfallen. Anschließend öffnete er den Deckel des Aufbewahrungsfachs zwischen den beiden Vordersitzen und legte die Waffe hinein.
    »Am besten, Sie erzählen mir genau, was passiert ist«, sagte er. »Ich möchte alles wissen.«
    Ich gehorchte. Clark unterbrach mich nicht, bis ich geendet hatte.
    »Und Coursen hat Ivy erzählt, dass die Leichen im Keller liegen?«, fragte er.
    »Ich fürchte, ja.«
    Er schüttelte den Kopf und schwieg eine Weile.
    »Er wurde also in die Mangel genommen und wartet auf uns.«
    »Und ob er das tut.«
    »Wenn wir ihm das mit Ivy, Hildy und Mimi nachweisen können und es schaffen, ihm diese merkwürdige Entführung in Dundas zur Last zu legen – was hat er dann noch alles verbrochen?«
    »Ich glaube, Sie werden einiges zu besprechen haben.«
    Bevor wir den Schotterweg erreichten, sagte ich Clark etwas, das ich schon auf der ganzen Fahrt nach Townsend im Hinterkopf gehabt hatte.
    »Wenn diese Geschichte in wenigen Stunden publik wird, gibt es einen Riesenwirbel. Deshalb müssen Sie mir etwas versprechen, das nicht verhandelbar ist.«
    »In so einem wichtigen Mordfall ist nichts ›nicht verhandelbar‹«, sagte er. »Aber sagen Sie ruhig, was Sie sich wünschen.«
    »Ich möchte, dass man mich da vollkommen raushält.«
    »Im Ernst?«
    »Im Ernst. Niemand soll wissen, welche Rolle ich dabei gespielt habe.«
    »Das wird schwierig sein.«
    »Sie werden eine Möglichkeit finden, Sergeant. Das ist meine einzige Bitte.«
    Er überlegte kurz.
    »Sie wissen, was Ihnen entgeht, wenn Sie aus der Sache rausgehalten werden?«
    »Ja – plötzliche Berühmtheit. Eine furchtbare Vorstellung.«
    »Auch wenn damit unglaubliche Dankbarkeit verbunden ist? Meine Güte, wenn sich herumspricht, was Sie getan haben, wird man Ihnen Buch- und Filmverträge anbieten. Und natürlich eine Reise nach Ottawa, damit Ihnen der Generalgouverneur eine Tapferkeitsmedaille anheften kann. Aber zum Teufel mit dem Ruhm – denken Sie an das Geld!«
    »Daran habe ich schon gedacht. Aber auch daran, dass sich jeder verdammte Journalist auf mich stürzen wird. Auf meine Geschichte, auf meinen …«
    »Verlust?«, fragte er.
    »Genau.«
    »Na ja, das fällt wohl unter ›menschliches Interesse‹.«
    »Von wegen! Die wollen nur die Auflage in die Höhe treiben. Ohne mich, Sergeant. Ernten Sie den Ruhm, und wahren Sie meine Anonymität.«
    »Das muss ich erst mit meinem Vorgesetzten besprechen. Aber ich glaube, er wird in Ihrem Sinne entscheiden.«
    Wir hatten 153

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