Aus Freundschaft wurde Liebe (German Edition)
weißt.“
„ Ich habe gehofft, du würdest mich verstehen, Janina“, sagte er traurig. „Was soll ich denn deiner Meinung nach tun?“
„ Den Mann ins nächste Krankenhaus schicken, damit sich jemand um ihn kümmert“, fauchte sie ihn an. „Du hast mir versprochen, dass wir nach dem Mittagessen sofort aufbrechen.“
„ Das habe ich nicht vergessen, Janina. Aber so einfach ist das nicht, wie du dir das vorstellst. Es tut mir leid, wenn du mich nicht verstehen kannst. Lass dich nicht länger aufhalten, wenn du es so eilig hast, nach Hause zu kommen“, sagte er entschlossen. „Ich bleibe in Diebach, bis Doktor Körner wieder zurück ist. Mein Dienst beginnt erst am Wochenende wieder.“
„ Und wie kommst du nach Stuttgart zurück?“, fragte sie triumphierend. „Wir sind nur mit einem Wagen hergekommen.“
„ Das habe ich mir auch gerade überlegt, Janina.“ Seine Stimme klang müde. Er war bitter enttäuscht darüber, dass sie nicht mehr Verständnis für ihn aufbrachte. „Fahr nur heim mit deinem Wagen. Es gibt auch noch andere Verkehrsmittel, mit denen ich zurückkommen kann.“ Er wartete ihre Antwort nicht mehr ab. Im Flur stand schon seine Tasche bereit, die vor ihm sein Vater immer zu seinen Krankenbesuchen mitgenommen hatte. Simon fiel ein, dass er seine Besuche nun zu Fuß machen musste, nachdem er ja nun leider kein Auto mehr zur Verfügung hatte. Falls er zu einem Notfall aus einem der umliegenden Dörfer gerufen wurde, würde er sich abholen lassen müssen. Er hoffte, dass ihm das erspart blieb, denn ihm war klar, dass dabei viel kostbare Zeit verloren gehen würde, die möglicherweise lebensrettend sein konnte.
Ein roter Sportwagen fuhr mit überhöhter Geschwindigkeit an ihm vorbei, als er gerade die Hauptstraße verlassen wollte. Es war das erste Mal, seit sie sich kannten, dass sie im Streit auseinander gegangen waren. Janina musste begreifen, dass er in erster Linie seinem Gewissen gegenüber verpflichtet war. Nur dann war ein gemeinsamer Lebensweg für ihn denkbar. Er hoffte von ganzem Herzen, dass sie wieder zueinander finden würden.
* * *
„Haben Sie die Briefe wirklich schon alle fertig, Susanne?“, erkundigte sich der Bürgermeister erstaunt, als die junge Frau mit der Postmappe zu ihm hereinkam. Als ihm ihr blasses, abgespanntes Gesicht auffiel, meinte er besorgt: „Sie sollten sich auch ab und zu eine kleine Pause gönnen. So eilig sind die Sachen doch gar nicht.“ Er nahm ihr die Mappe ab und blätterte darin. Fein säuberlich getippt, wie er es von seiner Sekretärin gewohnt war, lagen die Briefe in den einzelnen Fächern.
„Könnte ich heute ausnahmsweise gleich heimgehen, wenn ich die Post weggebracht habe, Herr Leitner?“, fragte Susanne Holzer vorsichtig. Zögernd schlug sie vor: „Ich könnte die Zeit gelegentlich einmal nacharbeiten.“
„ Das wäre ja noch schöner“, polterte er los. „Selbstverständlich können Sie gleich Schluss machen und nach Hause gehen. Gibt es Probleme, Susanne?“, fragte er mitleidig.
„Mehr als genug“, gestand sie bitter. „Ich habe auch keine Hoffnung, dass es irgendwann einmal leichter für uns werden könnte. Aber ich will mich nicht beklagen. So lange ich meinen Vater noch habe, komme ich schon irgendwie zurecht.“
„ Gibt es Schwierigkeiten mit Ihrer kleinen Tochter?“, erkundigte er sich mitfühlend.
„Mit Melanie?“, fragte sie fast erstaunt. „Die Kleine ist mein Sonnenschein, trotz allem Kummer, den ich mir ihretwegen manchmal mache. Melanie ist natürlich noch lange nicht so weit, wie man es von einem sechsjährigen Kind erwartet, aber sie macht gute Fortschritte. Und sie ist vor allem ein liebes, anhängliches Mädchen, das mir mit seiner Zuneigung viel mehr zurückgibt, als ich ihr bisher geben konnte.“
Nachdenklich glitt der Blick des Bürgermeisters über die zierliche Erscheinung der jungen Frau. Er fand sie bildhübsch in ihrem blauen Baumwollkostüm. Wie ein langer Mantel lagen die glatten naturblonden Haare über ihren schmalen Schultern. Vor kurzem war sie achtundzwanzig Jahre alt geworden, fiel ihm wieder ein. Kaum zu glauben, dass die junge Frau schon so viel durchmachen musste. Er fragte sich, warum das Leben manchen Menschen so schwere Prüfungen auferlegte.
„Meinem Vater geht es seit einiger Zeit nicht so gut“, erklärte ihm Susanne Holzer bedrückt. „Ich mache mir große Sorgen um ihn. Wenn ich meinen Vater auch noch verliere, stehe
Weitere Kostenlose Bücher