Aus heiterem Himmel: Ein Südstaaten-Krimi von TrueBlood-Autorin Charlaine Harris (Aurora Teagarden) (German Edition)
„Jetzt leben Sie schon seit zwei Jahren hier und sind so gesund, dass Sie mich heute zum ersten Mal aufsuchen! Was kann ich denn für Sie tun?“ Mittlerweile hatte er auch mich entdeckt, die ich versuchte, möglichst unauffällig hilfsbereit zu sein. Er versetzte mir einen herzhaften Schlag auf die Schulter, unter dem ich fast zusammengebrochen wäre. „Die kleine Ms. Teagarden! Jeden Tag hübscher!“
Ich brachte ein unbehagliches Lächeln zustande, und er wandte sich wieder Angel zu.
Die zählte ihm stoisch ihre Symptome auf: zeitweilige Erschöpfung, manchmal Übelkeit und Schwindelgefühl, Mangel an Energie. Ich erschrak. Erst am Vortag hatte ich sie noch gebeten, mir beim Rasenmähen zu helfen! Dr. Zelman wurde ruhig und sachlich. Er arbeitete gründlich, was unter anderem eine Untersuchung des Beckens einschloss, mit der weder Angel noch ich gerechnet hatten und die sie nur schwer ertrug.
„Nun, Mrs. Youngblood.“ Auf der Suche nach seinem Bleistift tastete Dr. Zelman sich den grauen Haarschopf ab und entdeckte das gesuchte Schreibgerät schließlich hinter seinem rechten Ohr. „Schade, dass Ihr Mann heute nicht mitgekommen ist. Wir haben eine Menge zu besprechen.“
Angel und ich wurden beide blass. Unwillkürlich griff ich nach ihrer Hand.
„Sie werden es geahnt haben, Mrs. Youngblood, und ich kann es Ihnen nur bestätigen. Sie sind wirklich schwanger.“
Synchron schnappten Angel und ich vernehmlich nach Luft.
„Sie haben es doch gewusst, oder? Ihre Periode dürfte sicher schon zwei Mal ausgeblieben sein, Sie sind mindestens in der zehnten Woche. Was man Ihrem wundervollen Körper natürlich nicht ansieht.“
„Ich blute nicht besonders regelmäßig.“ Angel war völlig verdattert. „Mir ist gar nichts aufgefallen, ich wäre auch nie auf die Idee gekommen, mich zu fragen. Mein Mann hatte nämlich eine Vasektomie.“
Ich musste mich setzen. Gott sei Dank stand dort, wo mein Hinterteil landete, praktischerweise schon ein Stuhl.
Selbst Dr. Zelman wirkte verdutzt. So hatte ich ihn noch nie erlebt. „Hat er das in letzter Zeit mal kontrollieren lassen?“, erkundigte er sich schließlich.
„Kontrollieren? Die Samenstränge sind abgeknipst! Was soll man da kontrollieren?“ Angel wurde ungewöhnlich laut.
„Es ist immer klug, Mrs. Youngblood, wirklich immer klug, das von Zeit zu Zeit nachsehen zu lassen. Manchmal wachsen die durchtrennten Stränge nach. Es tut mir wirklich leid, dass ich Ihnen die Neuigkeit so unumwunden mitgeteilt habe. Es hat ja nun den Anschein, als hätten Ihr Mann und Sie keine Kinder geplant. Aber Sie bekommen ein Baby, Mrs. Youngblood. Es ist unterwegs, schon recht lange sogar. Sie sind in so guter körperlicher Verfassung und so schlank, man wird Ihnen die Schwangerschaft bestimmt noch einen Monat lang oder auch länger nicht ansehen. Besonders, da es sich anscheinend um die erste handelt.“
Langsam und ungläubig schüttelte Angel den Kopf.
„Wenn Ihr Mann mit mir reden möchte“, fuhr Dr. Zelman sanft fort, „dann erkläre ich ihm gern, wie das passieren konnte.“
„Der denkt bestimmt, er weiß, wie das passieren konnte!“ Angel schien den Tränen nahe. „Aber ich würde doch nie ... nicht um alles in der Welt ...“ Hilflos schüttelte sie den Kopf.
Ich musste Angel beim Anziehen helfen, so erschüttert war sie. Dabei versuchte ich wirklich, nicht aufgeregt vor mich hin zu plappern, aber ich war sozusagen stellvertretend so freudig erregt. Es fiel mir schwer, ruhig zu bleiben.
Ein Baby.
„Wie soll ich dann weiter arbeiten?“, fragte Angel mit dumpfer Stimme. Allerdings klang das nicht so, als wäre diese Frage ihr Hauptproblem.
„Als meine Leibwächterin? Ich brauche doch gar keine Leibwächterin mehr, seit Martin aus diesem Schlamassel raus ist“, versuchte ich sie zu beruhigen. „Wenn du mir weiterhin im Haus helfen willst, werden wir schon etwas arrangieren können. Darf ich auf dein Baby aufpassen, während du mir im Haus hilfst? Wenigstens ein bisschen?“
Die Sehnsucht in meiner Stimme war nicht zu überhören.
„Du solltest eigentlich ein Baby bekommen!“ Angel rang sich ein schwaches Lächeln ab.
„Martin sorgt sich wegen seines Alters.“ Kaum hatte ich das gesagt, da hätte ich mich am liebsten auch schon in den Hintern getreten. Shelby Youngblood war genauso alt wie Martin, siebenundvierzig. Angel war achtundzwanzig, nicht zweiunddreißigeinhalb wie ich. „Wie dem auch sei!“, wechselte ich etwas zu munter das Thema.
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