Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story
Unterhalt der Familie leisten. Gleichzeitig wollte ich aber nicht weggehen und wieder unter Fremden leben, nicht gleich jedenfalls.
»Ich glaube, ich werde das Tantchen fragen, ob ich für sie arbeiten kann«, sagte ich.
Meine Tante lebte in der Stadt Sorsogon, wo sie mit Erfolg ein Kurzwarengeschäft führte und einige Angestellte hatte. Anstatt der zwölf Stunden Busfahrt nach Manila war es bis Sorsogon nur ein kurzes Stück im Sozius eines »Dreirads«, wie wir die Motorroller-Taxis nannten, die die Fahrgäste von einem Dorf zum anderen beförderten, wobei sie den Schlaglöchern und Pfützen und manchmal auch einem grasenden Wasserbüffel auswichen. Das Tantchen war eine Verwandte meines Vaters und brauchte jemanden, der die Wäsche, das Putzen und Kochen für all die Leute übernahm, die in ihrem Haus wohnten und in ihrem Geschäft arbeiteten. Mama gefiel der Gedanke nicht besonders, dass ich für einen Teil der Familie arbeiten wollte, der sie so viel Verachtung spüren ließ. Aber als sie sah, dass ich fest entschlossen war, gab sie es nach ein paar Versuchen, mich wieder für die Schule zu begeistern,
schließlich auf. Ich fuhr also in die Stadt und klopfte an die Tür meiner Tante, um meine Dienste anzubieten.
Meine Tante kam mir immer alt vor, obwohl sie vermutlich erst mittleren Alters war, und sie schien nie zu lächeln. Es war, als würde sie meinen, dass alles, was um sie herum geschah, Teil einer Verschwörung war, die zum Ziel hatte, ihr das Geld zu stehlen und das Leben noch schwerer zu machen, als es sowieso schon war. Dabei hatte sie ein überaus leichtes Leben, jedenfalls soweit ich das beurteilen konnte.
Ich wusste, dass sie auf meine Mutter und die übrige Familie herabsah, weil sie sich für etwas Besseres hielt, aber sie war das einzige mir bekannte Familienmitglied, das mir einen Lohn anzubieten hatte. Vermutlich verschaffte ihr das einen Vorteil gegenüber dem Rest von uns. Sie war nicht reich, aber sie wusste, wie man Geld verdient, und - was noch wichtiger war - sie wusste, wie man es zusammenhielt.
»Du kannst kochen und sauber machen«, sagte sie, nachdem sie mich gründlich ins Verhör genommen hatte. Sie willigte ein, mir umgerechnet knapp zwei Euro im Monat zu zahlen; ich musste mich allerdings damit einverstanden erklären, dass man es mir von meinem Lohn abzog, falls ich etwas kaputtmachte.
Es war mir egal, dass ich weniger Geld verdiente als in Manila und dass sie auf mich herabsah. Zumindest kostete ich meine Familie nichts und konnte vielleicht sogar einen Teil von meinem Lohn sparen und dann meiner Mutter geben, denn in Sorsogon gab es nicht viel, wofür man sein Geld ausgeben konnte. Ich war jedenfalls schon stolz, überhaupt etwas zu verdienen, und ich wusste, dass ich in
meinem Alter in einer so kleinen Stadt ohnehin nicht mehr verdienen konnte.
Weil ich hier arbeiten wollte, stimmte ich den Bedingungen zu, ohne zu fragen, für wie viele Personen pro Tag ich überhaupt kochen sollte. Ich stellte bald fest, dass wir insgesamt zu fünfzehnt waren und ich dafür verantwortlich war, dass auch alle etwas zu essen bekamen. Ich schlief in einem großen Zimmer mit Stockbetten, in dem alle, die für meine Tante arbeiteten, unterkamen. Sie und ihre nächste Familie hatten ihre eigenen Räume. Es gab noch einen weiteren Angestellten, der für alle im Haus die Wäsche machte. Die meisten waren groß und trugen XL-Kleidung. Ihre Sachen wurden im Laden sehr schmutzig, und deshalb musste jeden Tag alles im Waschbecken von Hand geschrubbt und in der Sonne zum Trocknen aufgehängt werden, bevor es dann zum Bügeln hereingeholt wurde. Den lieben langen Tag gab es keinen Augenblick ohne Hausarbeit.
Wir standen beide um sechs in der Früh auf und arbeiteten hart, bis es Zeit war, wieder zu Bett zu gehen. Unsere einzigen Pausen waren die Mahlzeiten; allerdings mussten wir allen auftragen und hinterher abräumen. Ich begann jeden Tag mit dem Putzen des Hauses, das vier Schlafzimmer und zwei Toiletten hatte. Das Zimmer meiner Tante durfte ich nur sauber machen, wenn sie da war, weil sie mir nicht traute - schließlich hätte ich ja etwas stehlen können. Wahrscheinlich dachte sie das, weil ich dem ärmeren Teil der Familie angehörte und in ihren Augen somit ganz automatisch eine Diebin war, der man nicht trauen konnte.
Gegen acht Uhr war ich dann mit den Einkäufen für den Tag beschäftigt, bevor die Sonne zu heiß herunterbrannte;
ich kaufte alles, was wir an Gemüse, Fisch und Fleisch
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