Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen

Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story

Titel: Aus Notwehr! - Aus Notwehr! - For a House Made of Stone. Gina's Story Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Gina French
Vom Netzwerk:
massiven Steinhaus meiner Tante im Bett lag und hörte, wie draußen der Wind heulte, dachte ich an meine Familie in ihrem kleinen Heim aus Holz; ich erinnerte mich, wie wir uns in früheren Jahren aufgeregt aneinander geklammert und nervös gehorcht hatten, wie draußen der Orkan brüllte und der Regen herunterprasselte, und uns gefragt hatten, ob das Dach und die Wände wohl davongerissen würden oder nicht. Wenn ich mitbekomme, wie extrem das Wetter ist,
fühle ich mich bis heute klein und verletzlich. In Ländern wie den Philippinen sind die Naturgewalten allgegenwärtig, wie die ganze Welt am Weihnachtstag 2004 ja feststellen konnte, als ein Riesentsunami über die Region fegte und Hunderttausende in den Tod riss, darunter auch viele Touristen aus dem Westen, die in Ferienorten wie Phuket oder auf Sri Lanka Urlaub gemacht hatten.
    Damals, 1987, fand ich in der Nacht trotz des brüllenden Sturmes noch Schlaf. Als wir dann am nächsten Morgen aufwachten, hatte sich der Orkan gelegt, und die Sonne schien, als ob nichts passiert wäre, sodass die Pfützen und die nassen Blätter im Dschungel friedlich dampften. Doch die Zerstörung in den Straßen zeugte davon, wie heftig die Stürme gewesen waren. In der Woche darauf stand mein vierzehnter Geburtstag bevor, und ich plante, nach Bintan-o zu fahren, um mit meiner Familie zu feiern. Ich nahm an, dass es dann noch mehr als genug aufzuräumen gäbe, denn das Dorf lag direkt am Meer; ich konnte also noch mithelfen. Alle redeten davon, wie schlimm der Sturm gewesen war, und man hörte auch Berichte von den Riesenflutwellen, die den Dörfern am Meer zugesetzt hatten. Ich machte mir langsam Sorgen. Man hatte den Taifun inzwischen Sisang getauft.
    Später am Vormittag - ich arbeitete gerade in der Küche - hörte ich Lärm an der Tür und ging schauen, was los war. Es dauerte ein paar Sekunden, bis mir klar wurde, dass der Haufen Leute, die da tropfnass mit durchweichten Klamotten, die ihnen in Fetzen herunterhingen, draußen standen, meine Familie war. Viele hatten Schnittwunden an Kopf und Gliedern, und das Blut war noch feucht und vermischte sich mit dem Schmutz und dem Wasser.

    »Was ist passiert?«, wollte ich wissen, aber alle redeten und schrien gleichzeitig, und es war schwer herauszukriegen, was sie sagten.
    Langsam kristallisierte sich jedoch aus dem Chaos ein Bild heraus. Der Taifun hatte eine gigantische Welle drau ßen im Meer aufgepeitscht; sie war über die Strände und Bintan-o hinweggefegt und hatte viele Gebäude, darunter auch das Haus meiner Familie, mit sich gerissen.
    »Das Haus ist beschädigt?«, fragte ich.
    »Es ist weg«, sagte Mama weinend. »Alles ist weg. Es ist uns nichts geblieben.«
    »Wir hatten keine Kontrolle mehr«, erzählte mir einer meiner Brüder. »Die Welle hat uns einfach mitgerissen, uns wie Treibholz davongespült.«
    »Überall lagen Leichen«, sagte Papa. »Wir gingen zwischen ihnen herum, um zu schauen, ob jemand von der Familie dabei war.«
    Meine Tante wollte ihnen nicht erlauben, in diesem schrecklichen Zustand ihr schönes, sauberes Haus zu betreten; ich umarmte meine Verwandten also, wie sie so draußen auf der Straße standen, und weinte mit ihnen um alles, was sie verloren hatten. Sie wirkten so klein und hilflos angesichts einer derartigen Katastrophe. Mein Vater hatte hart gearbeitet, um das Haus und das Geschäft aufzubauen - und nun war alles in ein paar Stunden fortgespült worden. Von Sachen wie Versicherungen hatten wir keine Ahnung. Schadensersatz und Hilfe würden von niemandem kommen. Man musste sich selbst am Schopf packen, aus dem Schlamassel herausziehen und wieder von vorn anfangen.
    Als meiner Familie klar wurde, dass das Tantchen sie nicht hereinbitten würde - nicht einmal, um sich zu waschen
oder die Wunden zu säubern -, machten sie sich zum Gehen bereit.
    »Wo wollt ihr hin?«, fragte ich.
    »Wir gehen in das Haus in den Bergen und schauen, welchen Schaden der Sturm da oben angerichtet hat«, sagte Mama. »Vielleicht ist es dort ja nicht so schlimm.«
    Als ich so dastand und zuschaute, wie sie davongingen, mit hängenden Köpfen und vor Erschöpfung schleppendem Gang, empfand ich das starke Bedürfnis, hinter ihnen herzurennen, in diesen schrecklichen Zeiten bei ihnen zu sein und ihnen zu helfen. Aber ich wusste, dass es wichtiger war, das Tantchen zu überreden, mir Geld zu leihen, und das konnte ich ja nicht, wenn ich meinen Job hinschmiss, ohne ihr Zeit zu geben, einen Ersatz zu finden. Wenn ich

Weitere Kostenlose Bücher