Aus purer Liebe?
Abend aufbrechen."
Wieder erstaunte Raina ihn. "Meinst du nicht, dass es besser wäre, die Reise ausgeschlafen anzutreten?"
"Ach, es ist doch so ein furchtbar langer Flug, zwanzig Stunden. Ich kann im Flugzeug schlafen, denke ich."
"Natürlich geht das."
Sie nickte lächelnd und rutschte vom Hocker. "Ich werde die Schulleiterin anrufen und dann duschen und mich umziehen. Wenn du was trinken möchtest, schau in den Kühlschrank und bedien dich."
Dharr hätte ihr fast gestanden, wie gern er mit ihr duschen würde, aber er riss sich zusammen und nickte nur. Über Handy unterrichtete er seine Crew darüber, dass er noch am gleichen Abend zurückfliegen wollte, dann sah er sich in Rainas Wohnung um.
Ein unvollendetes Gemälde auf einer Staffelei weckte sein besonderes Interesse. Es zeigte eine spärlich bekleidete Frau mit langen braunen Haaren am Strand, die aufs Meer sah. An ihrer Seite stand ein Mann, der den linken Arm um sie gelegt hatte, während seine rechte Hand auf ihrem Oberschenkel ruhte. Dharr kam es so vor, als ob der Mann mit dieser Geste einen Besitzanspruch geltend machen wollte. Es war Rainas Liebhaber, vermutete er, und zu seinem Erstaunen war er eifersüchtig auf diesen Mann. Aber das würde er für sich behalten. Raina konnte tun und lassen, was sie wollte. Sie war niemandem Rechenschaft schuldig über ihr Liebesleben.
Dharr hatte zwar nicht vor, Raina Kahlil zu heiraten, dennoch stellte er sich vor, wie es wäre, mit ihr zu schlafen. Er fand sie ungemein sexy, und seine Fantasie kannte keine Tabus.
Aber es musste bei der Fantasie bleiben. Ihm war klar, dass ihm eine harte Bewährungsprobe bevorstand, wenn er zwanzig Stunden allein mit der bezaubernden Raina in seinem Jet verbringen würde.
Das Flugzeug wirkte wie ein riesiger Vogel aus glänzendem Metall. Raina hatte sich Dharrs Privatjet nicht mit solchen Ausmaßen vorgestellt. Aber eigentlich hätte es sie nicht überraschen sollen, wurde ihr klar. Dharr gab sich niemals mit dem Zweitbesten zufrieden.
Sie selbst hasste das Fliegen. Seit sie in jener Nacht mit ihrer Mutter von Azzril nach Amerika geflogen war, hatte sie nie wieder ein Flugzeug bestiegen. Wenn es nicht um ihren geliebten Vater gegangen wäre, wäre sie auch heute am Boden geblieben.
Sie atmete tief durch und stieg die Gangway hinauf. An Bord wurden sie von einem Steward in Kellnerlivree begrüßt. "Willkommen an Bord, Miss Kahlil. Ich stehe während des Flugs jederzeit zu Ihrer Verfügung."
"Danke", murmelte sie nur.
Dharr nickte dem Steward zu. "Wir lassen Sie wissen, wann wir das Dinner einnehmen möchten."
Raina spürte, dass Dharr ihr dicht folgte, und das machte sie noch nervöser. Er hatte sie schon immer nervös gemacht, selbst als sie noch ein kleines Mädchen war. Er war eine sehr beeindruckende Erscheinung, groß und schlank, mit edlen Gesichtszügen und diesen geheimnisvollen dunklen Augen. Besonders die Frauen lagen ihm zu Füßen.
Als sie alt genug gewesen war, um zu verstehen, dass sie als seine Braut auserwählt worden war, hatte er sie noch mehr in seinen Bann gezogen. Allein sein charmantes Lächeln fand sie unwiderstehlich. Sie war jedoch viel zu stolz, um sich das anmerken zu lassen. Auf keinen Fall würde sie sich in ihn verlieben, hatte sie beschlossen. Dafür waren sie viel zu verschieden.
Stets hatte sie das Beispiel ihrer Eltern vor Augen. Sie waren ebenfalls zu unterschiedlich, um eine harmonische Ehe führen zu können. Raina hatte immer sehr darunter gelitten, dass sie so oft stritten. Sie liebte beide abgöttisch, konnte jedoch nicht verhindern, dass sie als einziges Kind zwischen die Fronten geraten war. Beide versuchten, sie auf ihre Seite zu ziehen und ihr ihren Willen aufzuzwingen.
Nur langsam war es ihr gelungen, sich davon frei zu machen. Jetzt tat sie nur noch das, was sie selbst für richtig hielt.
Ihr war jedoch bewusst, dass ihr Vater nach wie vor darauf beharrte, dass sie eines Tages Dharr ibn Halim heiratete, so wie es die Tradition vorsah. Doch sie hatte nicht das geringste Interesse an Dharr als ihren zukünftigen Ehemann.
An diesem Abend an Bord seines Privatjets musste sie sich allerdings eingestehen, dass sie ihn sehr attraktiv und sexy fand. Der Gedanke an einen heißen Flirt mit ihm war verlockend.
Im mittleren Teil der Maschine gab es eine größere Kabine mit je vier Sitzen auf beiden Seiten und zwei große Fernseher. Als Raina eintrat, grüßten sie zwei Männer in dunklen Anzügen. Leibwächter, nahm sie an.
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