Aus vollem Herzen: Über das Geschenk des Lebens und die Kraft der Musik
fünfmonatigen Aufenthalts in Seattle Tag für Tag an meinem Krankenbett und zeigte eine bis zur Selbstaufgabe gehende Zuneigung. Ganz zu schweigen von meinem Bruder Albert, der während meiner Krankheit alles stehen und liegen ließ, um möglichst viel Zeit an meiner Seite verbringen zu können. Mein jüngerer Bruder Jordi hat sich mir gegenüber ebenfalls stets großherzig gezeigt und war mir immer wohlgesinnt. Auch mein Schwager und meine Schwägerin sowie Neffen und Nichten haben damals bemerkenswerte Opfer gebracht.«
»Erkennen Sie sich äußerlich in Ihren Kindern wieder?«
»Bei Albert auf jeden Fall. Bei Júlia weniger, schließlich ist sie ein Mädchen, doch liebe ich sie sehr.«
»Was erwarten Sie von Ihrer Gattin?«
»Was im Grunde jeder von dem Menschen an seiner Seite erwartet: Verständnis und liebevolle Zuneigung. Außerdem Harmonie, doch das gehört im Grunde zum Verständnis.«
»Ist es schwierig, in einer Paarbeziehung den nötigen Freiraum zu wahren? «
»Einen Freiraum zu haben ist von allergrößter Bedeutung. Mitunter fällt es schwer, sich einzugestehen, dass man eigentlich egoistisch ist, wenn man das verteidigt. Jedenfalls habe ich eine Paarbeziehung stets für äußerst komplex gehalten.«
»Bei einer Beziehung ist es doch oft so wie bei zwei Autos, die von derselben Stelle aus losfahren und sich im Laufe der Zeit stark voneinander entfernen können, weil sie unterschiedlich schnell fahren.«
»So ist es in der Tat. Eins ist mir immer bewusst gewesen: Durch meine Arbeit war ich häufig von zu Hause fort, sodass meine Frau nur wenige Tage mit mir zusammen sein konnte. Das macht das gemeinsame Leben schwerer, als wenn jemand, der im Büro oder wo auch immer arbeitet, jeden Abend um acht zu Hause ist. Während man in diesem Fall wohl gegen Alltagsroutine oder Langeweile ankämpfen muss, war es bei mir so, dass das Zusammenleben unter meiner ständigen Abwesenheit gelitten hat.«
»Was ist das Wichtigste, das Sie im Leben getan haben?«
»Wenn ich es darauf anlegte, einen guten Eindruck zu machen, würde ich sagen, dass das Wichtigste noch kommt. Aber das wäre eher eine ausweichende Antwort. Ehrlich gesagt meine ich, dass bei allem, was mir im Leben widerfahren ist, das Wichtigste war, dass ich stets ich selbst geblieben bin. Ich habe mich nie Selbsttäuschungen
hingegeben und bin stets mit beiden Beinen fest auf dem Boden der Wirklichkeit geblieben. Ich habe meinen Wurzeln und den grundlegenden Werten die Treue gehalten, die mir Eltern und Großeltern vermittelt haben. Später mag ich mich hier und da geirrt haben, das war dann meine eigene Schuld. Auf jeden Fall bin ich stolz darauf, dass es mir gelungen ist, an meinen Grundsätzen festzuhalten und an mich selbst zu glauben.«
»Sprechen wir von Werten. Welche Werte wollten Sie Ihren Kindern weitergeben, und welche erscheinen Ihnen grundlegend für eine Gesellschaft, die sich reinen Gewissens im Spiegel betrachten will, ohne entsetzt vor dem Gesicht zurückzufahren, das sie da erblickt?«
»An erster Stelle muss auf jeden Fall eine einwandfreie moralische Grundhaltung stehen. Gleich darauf folgen Ehrlichkeit und Anstand. Hinzu kommt die Achtung vor anderen, gleich welchem Volk oder welcher Gesellschaftsschicht sie angehören, unabhängig davon, ob sie weiß oder farbig sind. Darin sehe ich die grundlegenden Anforderungen an einen guten Menschen. Darüber hinaus sollte man nie zu sehr der Verlockung durch das Materielle erliegen.«
»Was bedeutet für Sie Glück? Können Sie mir eine allgemeine Definition geben und eine Situation schildern, in der Sie ausrufen konnten: ›Wie gut es mir doch geht!‹«
»Schon seit vielen Jahren bin ich überzeugt davon, dass Glück darin besteht, nicht unglücklich zu sein. Für mich bedeutet Glück, dass alles um mich herum am rechten Platz und so ist, wie es sein soll. Ich weiß nicht, ob ich mich damit klar ausdrücke.«
»Wenn ich Sie recht verstehe, bedeutet Glück Ihrer Ansicht nach in etwa, dass es in Ihrem Umfeld kein Leiden gibt, alles wohlgeordnet ist und keine Schwierigkeiten Sie bedrängen.«
»Mehr oder weniger. Ich fühle mich glücklich, wenn ich mit Kindern, Enkeln, Schwiegertochter, Schwiegersohn und Freunden in meinem Haus an der Costa Brava bin und mich mit ihnen über irgendetwas unterhalte, ganz gleich, ob tiefgründig oder oberflächlich, und sehe, dass meine Angehörigen wie selbstverständlich mit mir auf einer Wellenlänge liegen. Glück ist für mich
Weitere Kostenlose Bücher