Auschwitz - Taeter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde: Ein Personenlexikon
die nicht mehr aufstehen konnten. Die Toten oder Kranken wurden auf die Rampe gelegt. Es wurde so lange gewartet, bis ein Kippfahrzeug frei war, um sie dort aufzuladen. Jeweils zwei Angehörige des Sonderkommandos warfen die Toten und Kranken auf die Kippfahrzeuge. Die SS zwang uns, in dieser Weise zu verfahren. Wir wurden ständig zur Eile angetrieben. Wir mußten alles im Laufschritt erledigen. Wir hörten nur: ›Schneller, schneller.‹ Wenn wir etwas zögerten, wurden wir sofort geschlagen. Ich bin einige Male mit den Kippfahrzeugen zu den Verbrennungsgruben gefahren. Diese waren hinter den Krematorien gelegen. Bei den Verbrennungsgruben angekommen, mußten wir die Leichen und Kranken auf einem Haufen zusammenlegen. Alsdann fuhren wir sofort zurück. Einmal habe ich allerdings erlebt, wie das Kippfahrzeug unmittelbar an die Verbrennungsgrube heranfuhr und seine Fracht von Toten und lebenden kranken Menschen auf das brennende Holz herabkippte. Es handelte sich um einen aus Lettland gekommenen Transport, in dem die Menschen stehend in den Güterwaggons zusammengepfercht waren, so daß während des Transports eine größere Anzahl schon verstorben war.« Nach 1945 in der BRD, wie so viele überlebende Häftlinge körperlich und psychisch schwerstgeschädigt. Q.: AV, Bl. 18142ff.
Fuks, Jona
Mengele-Zwilling, Nr. A- 27725
* 28.4.1930. Fuks (MV, Bd. 22): »Im August 1944 wurde ich – im Zusammenhang mit der Liquidierung des Ghettos in Lodz – mit einem Transport von einigen tausend Ghettoinsassen nach Auschwitz überstellt. In diesem Transport fuhr ich mit meiner damals 27jährigen Schwester Chana Fuks und meiner Zwillingsschwester Miriam. Auf der Rampe von Birkenau wurden wir selektiert. Ich war damals schon nach vier Jahren Ghettovegetierens sehr ausgemagert und wurde bei der Aussonderung von meinen Schwestern getrennt, auf die andere Seite gestellt. Als dies meine ältere Schwester [Chana, später in Bergen-Belsen] sah, fiel sie dem selektierenden Arzt – in dem ich alsbald den berüchtigten Dr. Mengele zu erkennen hatte – zu Füßen und flehte ihn an, er möge sich erbarmen, ich wäre Zwillingsschwester und wurde bisher niemals von meiner Zwillingsschwester abgesondert. Als dies Mengele vernahm, ordnete er an, mich zurück zur Gruppe, in der meine Schwestern waren, zu führen.« Die damals 14jährige über die anderen Zwillinge (MV, Bd. 25): »Ich sah ihr Koma, ihren Tod. An die Vornamen und Nachnamen von diesen Freundinnen kann ich mich, nach 16 Jahren, nicht mehr erinnern. Besonders in Auschwitz gab es weder Vornamen noch Nachnamen. Jeder von uns, Jungen und Mädchen, wurden mit Nummern gekennzeichnet. Im Zentral-Krankenhaus, das sich auf dem Terrain von Auschwitz befand, im Zigeuner-Krankenhaus und auch Dr. Mengele haben uns nach den Nummern genannt.« Januar 1945 mit ihrer Zwillingsschwester Miriam nach Ravensbrück gekommen. Verheiratet in Israel.
Furman, Kalmin
Jüdisches Sonderkommando, Nr. 80810
* Etwa 1919. Ankunft Auschwitz am 8.12.1942 aus dem Ghetto in Grodno. Von 1000 Deportierten werden 769 »gesondert untergebracht« (Tarnwort für Vergasung). Laut Bacon sollte er seine Eltern im Krematorium verbrennen, erhängte sich, wurde aber abgeschnitten. Langbein (Menschen): »Erschoß die SS Gefangene in einem Sonderraum des Krematoriums, dann hatte Furman die Opfer am Arm zu halten. Verhielt sich jemand nicht ruhig, so wurde er am Ohr festgehalten; dann konnte der Genickschuß gut plaziert werden.« – Die Häftlinge des Sonderkommandos waren gezwungen, bei Erschießungen zu assistieren, da kleinere Gruppen nicht vergast, sondern im Krematorium erschossen wurden. Mithäftling Sackar: »Wir hielten sie an den Ohren fest, und die SS schoß ihnen eine Kugel in den Nacken.« Shlomo Venezia in seinen Erinnerungen: »Die Pistolenkugeln waren zu groß, und aus so kurzer Entfernung war der Einschlag so stark, daß der Schädel des Opfers zerplatzte. Der Deutsche wollte keine [Blut-]Spritzer abbekommen. Die Person, die das Opfer begleitete, mußte mit der Technik vertraut sein: Man mußte das Opfer auf Armeslänge am Ohr halten, der Deutsche schoß, und bevor der Erschossene zu Boden ging, mußten wir seinen Kopf geschickt nach unten drehen, denn sonst wäre das Blut wie eine Fontäne herausgespritzt.«
G
Gaar, Fritz
Fahrbereitschaft
* 2.7.1903 Opfenried, Kreis Dinkelsbühl. Kraftfahrer. NSDAP 1930, 1931 SS, Unterscharführer. Ab Oktober 1940 in Auschwitz. Zunächst Fahrer, dann
Weitere Kostenlose Bücher