Auschwitz - Täter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde
der Entlausung ihre Sachen schnell wiederfinden könnten. Zuerst kamen die Frauen mit den Kindern hinein, hernach die Männer, die ja immer [als arbeitsfähig ins Lager selektiert] nur die wenigeren waren. Dies ging fast immer ganz ruhig, da die Ängstlichen und das Verhängnis vielleicht Ahnenden von den Häftlingen des Sonderkommandos beruhigt wurden. Auch blieben diese Häftlinge und ein SS -Mann bis zum letzten Moment in der Kammer.« Mithäftling Leon Cohen: »Nach den ausgegebenen Anweisungen hatten wir für eine gute Atmosphäre in dem Raum zu sorgen. Wir sollten den Opfern Sicherheit geben und sie nicht erschrecken. Das war die Politik, damit sie ruhig und still in die Gaskammer gingen. Zunächst zogen sich Frauen und Kinder aus und gingen weiter in die Gaskammer. Dann kamen die Männer.«
Bajric , Asif
SS -Schütze
* 4 . 6 . 1922 . In Auschwitz bis 29 . 6 . 1944 . Standortverwaltung, SS -Küche. – Die Gefangene Kitty Hart über die erste Schüssel Suppe nach der Ankunft: »Ihr Geruch war fürchterlich und ihr Geschmack entsetzlich. Ich versuchte einen Schluck und mir wurde übel.«
Balbin , Abraham André
Jüdisches Sonderkommando
, Nr. 41796
* 12 . 5 . 1909 Tomaszow-Mazowiecki. Schneider. Ankunft Auschwitz am 27 . 6 . 1942 aus Pithiviers in Frankreich. Von den 1000 Deportierten sind 937 Juden polnischer Abstammung. Im Kommando bei den Gasbunkern. Balbin (zit.n. Friedler): »Eines Morgens kamen wir zu der Grube, die wir am Tag vorher gemacht hatten. Die war voll mit Toten. Die Leichen waren nur mit einer ganz dünnen Schicht Erde bedeckt. Ich glaube, es war auch Kalk über die Leichen gestreut. Und der Mann, ein Häftling, hat sich über den Graben gebeugt und auf einmal schreit er: ›Das ist meine Tochter! Meine Tochter, meine Tochter!‹ Und da ist der SS -Mann gekommen, um zu sehen, was dort los ist. Als er gehört hat, daß der Mann glaubt, seine Tochter zu sehen, da hat er seine Pistole gezogen und hat den Mann erschossen. Dabei hat er gesagt: ›So, dann kannst du jetzt bei deiner Tochter liegen.‹« Balbin gelingt nach drei Wochen der Wechsel in ein Elektrikerkommando. Gestorben am 11 . 9 . 2003 in Nancy.
Baldus , Alfons
SS -Unterscharführer
* 14 . 12 . 1911 Groß Rettingen, Kreis Diedenhofen. SS -Totenkopf-Reiterregiment Warschau. Wachkommando Auschwitz, Bewachung von Häftlingskommandos. Koch, d.h. Überwachung der Häftlingsköche im »Zigeunerlager«. Baldus: »Da ich die Zustände im Zigeunerlager, ich meine das ewige Betteln der Kinder, nicht mehr ertragen konnte, habe ich mich weggemeldet.« Ende 1942 »Koch« im Außenlager Jawischowitz. Zuletzt Standortverwaltung. Kommandanturbefehl vom 7 . 6 . 1943 : »Besuch der Ehefrau auf die Dauer von 4 – 6 Wochen«. Nach 1945 Wohnsitz in Hessen. – Häftlingsärztin Adelsberger (Erinnerungen), die zusammen mit den Kindern in einer Baracke des »Zigeunerlagers« schläft: »Die Kinder waren wie die Erwachsenen nur noch Haut und Knochen, ohne Muskeln und ohne Fett, und die dünne pergamentartige Haut scheuerte sich über den harten Kanten des Skeletts überall durch und entzündete sich in schwärenden Wunden. Krätze bedeckte den unterernährten Körper von oben bis unten und entzog ihm die letzte Kraft. Der Mund war von Noma-Geschwüren [Wasserkrebs] zerfressen, die sich in die Tiefe bohrten, die Kiefer aushöhlten und krebsartig die Wangen durchlöcherten. Durchfall, durch Wochen hindurch, löste ihren widerstandslosen Körper auf, bis bei dem steten Wegfließen von Substanz nichts mehr von ihm übrigblieb. Viele von ihnen, die so lange des Essens entwöhnt waren, fragten nicht mehr nach Nahrung, aber alle verlangten zu trinken; auch die, deren Körper schon viel zu viel Flüssigkeit gespeichert hatten, bettelten immer und immer um Wasser. Durst, unstillbarer Durst, war eine der großen Plagen. Wasser war verboten, weil es verseucht war. Durch keine Drohung und keine Bitte waren die Kinder vom Trinken abzuhalten. Sie verkauften ihre letzte Brotration für einen Becher des gefährdeten Wassers, und wenn sie kaum mehr gehen konnten, krochen sie nachts von ihrem Lager und krabbelten heimlich auf allen vieren unter den Betten hindurch zu den Kübeln mit Aufwaschwasser und soffen es aus. Vor Hunger und Durst, Kälte und Schmerzen kamen die Kinder auch nachts nicht zur Ruhe. Ihr Stöhnen schwoll orkanartig an und hallte im ganzen Block wider, bis sie erschöpft nachließen und nach kurzer Pause zu neuem Crescendo ansetzten. Nacht
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