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Auschwitz - Täter, Gehilfen, Opfer  und was aus ihnen wurde

Auschwitz - Täter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde

Titel: Auschwitz - Täter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Ernst Klee
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. Juni 1985 .
    Vorbemerkung [E. K.]: Ich habe die Akten des Ermittlungsverfahrens der StA Frankfurt komplett durchgearbeitet. Aussagen über Mengele sind mit höchster Vorsicht zu behandeln, denn er hätte demnach gleichzeitig im Stammlager, in Birkenau, Monowitz und in den Außenlagern gewütet. Mengeles Tätigkeitsfeld war aber Birkenau. Und er faßte im Alltag, aus Angst vor Ansteckung, Kranke nicht an. Häftlingspfleger Julian Zbigniew Rybka ( MV , Bd.  31 ): »Er hielt sich weit von den Kranken entfernt, und ich sah ihn niemals irgendeinen kranken Häftling berühren.«
    Urteile über Mengele: Der jüdische Arzt Dr. Berner ( MV , Bd.  23 ): »Man konnte ihn sozusagen als einen schönen Mann bezeichnen, der wie ein Filmschauspieler wirkte. Es ist mir auch in Erinnerung, daß er es liebte, Themen aus der Oper Rigoletto zu pfeifen. Er wirkte mit einem Wort stolz und elegant. Ein Element der Herablassung war keinesfalls zu übersehen.« Häftlingsärztin Stoppelman ( MV , Bd.  16 ): »Im Gegensatz zu anderen SS -Ärzten war bei Mengele auffällig, daß er bei Selektionen in besonders guter, fast fröhlicher Stimmung war. Ich kann mich daran erinnern, daß er irgendwelche Melodien pfiff und ein regelrecht heiteres Wesen zeigte. Erkennbar bereitete ihm das Treffen dieser Entscheidungen Vergnügen.« Revierschreiberin Eva Landstofova, Nr.  9398 ( MV , Bd.  25 ): »Ich habe die ganzen Jahre hindurch niemals gesehen, daß Mengele zum Beispiel einen Häftling geschlagen hat. Er entschied und schickte allerdings massenweise Häftlinge ins Gas. Ich erinnere mich daran, daß, als Dr. Mengele Häftlinge ins Gas auswählte, er gewöhnlich die Arie aus Aida ›Sie liebte ihr Leben‹ pfiff.« Ella Lingens ( MV , Bd.  8 ): »Er war ein auffallend hübscher und eleganter Mann. Charakteristisch für ihn war, daß er vielfach im Lager weiße Handschuhe trug. Gelegentlich trug er auch eine Reitpeitsche, mit der er sich leicht gegen den Stiefelschaft schlug.« Häftlingsärztin Borbala: »Er trug ständig schneeweiße Handschuhe. Auf den ersten Blick war seine Erscheinung sehr gewinnend, als ich seine Tätigkeit kennenlernte, wurde mir sein starkes Gepflegtsein unsympathisch.« Häftlingsarzt Lettich ( AV , Bl.  17004 ): »Während meiner Tätigkeit im Hygieneinstitut brachte Dr. Mengele mehrmals Schädel [Köpfe] von Zwillingen im Kindesalter und außerdem Schädel von erwachsenen Einzelpersonen dorthin. Ich hatte die Aufgabe, an diesen Schädeln Nomauntersuchungen [Noma ist ein Wasserkrebs, der im »Zigeunerlager« als Folge der Hungerernährung epidemisch auftritt] vorzunehmen. Es war für mich eindeutig, daß diese Schädel nicht von Leichen herrührten, die auf natürliche Weise angefallen waren, sondern um solche, die von Leichen auf Grund von Verbrechen herrührten. Die Schädel rochen stark nach Phenol.«
    Mengeles Forschung: Die Beschäftigung mit dem Wasserkrebs dürfte seinem Eigeninteresse geschuldet sein. Die übrigen Versuche unternimmt er als Gehilfe vor Ort des Kaiser-Wilhelm-Instituts ( KWI ) für Anthropologie. Sein KWI -Chef Verschuer unter dem Kennwort
Spezifische Eiweißkörper
in einem Bericht vom 20 . 3 . 1944 an die
Deutsche Forschungsgemeinschaft
( DFG ): »Als Mitarbeiter in diesem Forschungszweig ist mein Assistent Dr. med. et Dr. phil. Mengele eingetreten. Er ist als Hauptsturmführer und Lagerarzt im Konzentrationslager Auschwitz eingesetzt. Mit Genehmigung des Reichsführers- SS werden anthropologische Untersuchungen an den verschiedensten Rassengruppen dieses Konzentrationslagers durchgeführt und die Blutproben zur Bearbeitung an mein Laboratorium geschickt.« 
    Von besonderer Bedeutung sind Mengeles Augen-Experimente. Sie sind Teil eines der aufwendigsten und, wie es schien, der erfolgversprechendsten Genforschungsprojekte der NS -Zeit. Es handelt sich um eine Verbundforschung mehrerer Kaiser-Wilhelm-Institute über Augenfarbe und Genwirkstoffe. Experimentiert wird zum Beispiel zur Genwirkkette der Augenpigmentierung bei Mehlmotten. 1940 war es dem Protozoologen (Spezialist für Einzeller) Viktor Schwartz gelungen (so der Direktor des KWI für Biologie Alfred Kühn am 9 . 12 . 1940 an die DFG ), »Augenanlagen so zwischen verschiedene Schmetterlingsarten und Rassen einer Art wechselseitig zu überpflanzen, daß im fertig entwickelten Falter das eine Auge oder ein Augenteil der einen, das andere Auge der anderen Art oder Rasse angehört.« Lingens im Auschwitz-Prozeß: »Ich erinnere

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