Auschwitz - Täter, Gehilfen, Opfer und was aus ihnen wurde
Frankreich. Anfang 1943 Dolmetscherin bei Vernehmungen in der PA (Lager-Gestapo). Wassertrom über ihre Ankunft in Shelleys Buch
Schreiberinnen des Todes
: »Als ich zum ersten Mal die Häftlinge, bekleidet mit den Uniformen sowjetischer Soldaten, erblickte, dachte ich, sie wären sowjetische Kriegsgefangene mit geschorenen Köpfen. Sie trugen keinen menschlichen Ausdruck und glichen nicht Frauen wie mir. In sehr kurzer Zeit war ich wie sie. Zu beschreiben, was Auschwitz hieß, was uns die SS antat, würde ein enormes Talent verlangen, um dem ans zivilisierte Leben gewöhnten Leser eine Existenzweise zu vermitteln, wo ein Stück Brot, ein Paar Schuhe, eine Zahnbürste den Unterschied zwischen Leben und Tod ausmachen.« Wasserstrom als Zeugin im Auschwitz-Prozeß über Boger: »Er hat mich gezwungen, bei den Vernehmungen dabei zu sein und auch während der Folterungen zu dolmetschen. Ich hatte vor keinem SS -Mann so gezittert wie vor Boger. Alle SS ler kamen zu Boger, um bei ihm zu lernen, wie man vernimmt. Die SS ler sprachen in meiner Gegenwart sehr offen miteinander. Als ich bei einer solchen Gelegenheit hinausgehen wollte, sagten sie mir: ›Du kannst ruhig hierbleiben, du kommst aus Auschwitz sowieso nicht hinaus.‹« Nach 1945 mehrere Publikationen unter dem Namen Dounia Ourison, »dem Namen meines ersten Mannes, der in Auschwitz vergast worden ist«. Zunächst in Paris, später Dolmetscherin in Mexiko.
Watz , Stanislaus
SS -Sturmmann
* 7 . 5 . 1921 Sremska/heutiges Serbien. Herbst 1942 bis Ende 1944 in Auschwitz. SS -Totenkopf-Sturmbann, Stammlager und Landwirtschaftskommando Budy. 1948 in Krakau zu 4 Jahren Haft verurteilt (LaV).
Weber , Bruno
Leiter des Hygiene-Instituts der Waffen- SS
* 21 . 5 . 1915 Trier. Bakteriologe. 1937 NSDAP (Nr. 5416695 ) und SS (Nr. 420759 ), Hauptsturmführer ( 1944 ). Laut KZ -Arzt Hans Eisele Leiter der Hygiene-Station in Dachau. Mai 1943 Leiter des Hygiene-Instituts in Rajsko, 5 km vom Stammlager entfernt, offizieller Titel:
Hygienische-Bakteriologische Untersuchungsstelle der Waffen-
SS
und Polizei Süd-Ost, Auschwitz, Oberschlesien
. Eingerichtet, nachdem Fleckfieber und Ruhrepidemien nicht nur die Häftlinge hinwegrafften, sondern auch das SS -Personal gefährdeten. Tödliche Versuche mit Evipan oder Morphium. Laut Filip Müller haben SS -Arzt Kitt und Weber vor Hinrichtungen eine Art Fleischbeschau vorgenommen: »Vor den Hinrichtungen befühlten die beiden Ärzte wie Viehhändler die Schenkel und Waden der noch lebenden Männer und Frauen, um sich ›die besten Stücke‹ auszusuchen. Nach der Erschießung wurden die Opfer auf einen Tisch gelegt. Dann schnitten die Ärzte Stücke von noch warmem Fleisch aus den Schenkeln und Waden heraus und warfen es in bereitstehende Behälter. Die Muskeln der gerade Erschossenen bewegten sich noch und konvulsierten, rüttelten in den Eimern und versetzten diese in ruckartige Bewegungen.« Schenkel und Bauchfleisch werden bevorzugt von Frauen genommen und in der Nährbodenküche in Rajsko zu einer konzentrierten Brühe, genannt
Menschenbouillon
, verkocht. Erkaltet dient die Brühe als Nährboden für die Bakterienzucht des Bakteriologischen Labors. Häftling Imrich Gönczi ( AV , Bl. 10956 R): »Ich habe über seinen [Webers] Auftrag Menschenfleisch bearbeitet, aus dem ich den Nährboden für die Kultivierung von Bakterien herstellte.« Die Arbeit am Institut machen Häftlinge: Chemiker, Bakteriologen, Serologen, Pharmakologen, darunter Universitätsprofessoren. Im Institut werden, so Hilfspfleger Kazimierz Czelny, auch Kinderköpfe aufbewahrt, die von Mengele stammen und für »ein Institut in Berlin« (s. Verschuer) bestimmt sind. Erhalten ist ein Untersuchungsauftrag Mengeles vom 29 . 6 . 1944 : »Kopf einer Leiche ( 12 -jähriges Kind)«, von dem histologische Schnitte angefertigt werden sollen. Standortbefehl Nr. 41 / 43 : »Besuch des Vaters vom 22 . 9 .– 4 . 10 . 43 . Wohnung: Untersuchungsstelle Raisko«. Häftlingsarzt Lettich ( AV , Bl. 17004 ): »Die Mentalität von Dr. Weber war eine recht merkwürdige. Ich hatte beispielsweise einmal ein Meerschweinchen in der Hand, als Dr. Weber in meinen Arbeitsraum kam. Da das Meerschweinchen laut quietschte, fuhr er mich an, daß ich ein Mörder sei. Manchmal schoß er auch Vögel. Wenn einer dieser Vögel beispielsweise eine Beinverletzung davontrug, brachte er ihn zu uns, und wir mußten ihn gesundpflegen. Andererseits hatte er dann etwa eine Stunde vorher
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