Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
schnellen Schritten das Notariat. Tobias drückt eine Kurzwahltaste auf seinem Handy. Zwei Minuten später fährt Clement vor. Laval zieht sein Jackett aus und zeigt mit seinem Finger auf den roten NO Button, der an seinem Hemd befestigt ist.
»Den kann ich wohl jetzt getrost ablegen.« Mit einem triumphierenden Lächeln gibt er mir die Hand. »Ich gratuliere Ihnen zu Ihrem neuen Haus, Frau Martin.« Zur gleichen Zeit betritt Clement das Zimmer.
»Oh Verzeihung, Gavin, ich wusste nicht, dass du Klienten hast. Ich bin nur gekommen, um dir zu sagen, dass wir heute Abend ein Treffen mit dem Bürgerverein haben. Wir treffen uns um acht Uhr vor der Baustelle des alten Lokals von René. Ich will auch nicht weiter stören. Man sieht sich.« Ich begreife nicht. Ungläubig schaue ich in die grinsenden Gesichter von Tobias, Timo und Laval.
»Mit ihrer frechen Klappe ist sie schneller! Ich werde es Marie auf dem Nachhauseweg erklären. Vielen Dank, Gavin. Wir sehen uns heute Abend. Ich steige zu Tobias in den Wagen und so langsam dämmert es mir.
»Er gab gar keinen Haftbefehl?«
»Doch Schatz, nur keinen Internationalen und einen Auslieferungsantrag gab es auch nicht.«
»Ihr durchtriebenen Kerle. Das war ein eiskalter Bluff!«
»Nenne du mich nicht durchtrieben. Wieso hast du nicht die ganze Kasse dabei gehabt? Wo sind die 250000 Euro von deinem Pokergewinn?«
»Das Geld hab ich redlich verdient. Aber die Vorstellung, dass wir Vadim mit seinem eigenen Geld ausgezahlt haben, ist doch der Brüller, oder?«
»Marie, du bist jetzt stolze Besitzerin eines Mehrfamilienhauses mit drei Ladenlokalen. Wie hat Agent Tobi das gedeichselt?«
»Oh Tobi, du machst mich ganz scharf.«
»Das muss warten. Es kommen heute Abend mindestens 250 Gäste aus dem Ort, die den Sieg mit uns feiern wollen. Der Getränkelieferant steht schon seit einer viertel Stunde vor der Eins.« Völlig überwältigt schaue ich meinen Mann an. Als er den Wagen zum Stehen bringt, sage ich: »Ich liebe dich, Tobias Martin. Mit dir wegzugehen, war die beste Entscheidung, die ich je getroffen habe.«
Sarah und Claire haben den letzten Bauschutt von der ehemaligen Terrasse weggeräumt. Aus dem Magazin holen Timo und Christina Stehtische und ich baue mit Tobi einen Tresen aus den verbliebenen Tischen. In der Gastroküche stehen vier große Töpfe auf dem Herd, in denen ich Suppe für die Anwohner koche. Rosier verspricht eine Fuhre mit frischem Baguette mitzubringen. Der russische Schlägertrupp hatte die Musikanlage verschont. Tobias verteilt die Lautsprecherboxen im Innen und Außenbereich und läutet das Dorffest mit lauter Musik ein. Bis zehn Uhr habe ich jeden einzelnen Besucher persönlich begrüßt und seinen Dank angenommen. Unzählige Male versichere ich, dass es ohne meinen Mann und meinen Schwager nie soweit gekommen wäre.
»Madame Martin?« Ich erkenne die Maklerin, die mir mit einem Glas Wein zuprostet.
»Ich habe ein tolles Objekt in Saint Tropez im Angebot. Eine mondäne 800 qm große Villa mit Nebengebäuden im puristischen Stil. Tolle Ausstattung mit zwei Pools und einer Garage für acht Wagen. Das Anwesen liegt auf einem herrlichen Park von 1,4 ha in absoluter Strandnähe. Wenn Sie einen Interessenten haben, dann geben Sie mir doch Bescheid. Der jetzige Besitzer musste Frankreich unerwartet schnell verlassen.«
Plagegeister
Tobias dreht sich auf die andere Seite und streckt seinen Arm aus, um meinen Körper zu berühren. Wenn er wie gewohnt, seine flache Hand auf meine Beine legen kann, schläft er beruhigt und entspannt weiter. An diesem Morgen ertastet er nur die kalte Bettdecke. Der Platz neben ihm ist leer. Ich bin bereits aufgestanden. Es ist noch stockfinster draußen und er setzt sich erstaunt auf. Schlaftrunken schlendert er durch das Haus, um mich zu suchen. Er findet mich frisch geduscht und mit einem Becher Kaffee in der Hand, hellwach am Schreibtisch sitzend. Seit einer Stunde brüte ich schon über dem kulinarischen Konzept für das neue Mató SPA & Bistro. Auf dem Boden habe ich zahlreiche Feinschmecker Magazine ausgebreitet, aus denen ich Fotos ausschneide, auf DIN A4 Papier klebe und in einen Ordner ablege.
»Du schreibst um diese Zeit nicht wirklich an der Speisekarte?«
»Doch, Tobi. Das ist das A und O. Solange wir nicht wissen, wie unser Angebot aussehen soll, kann ich mich nicht um passendes Küchenpersonal kümmern. Schau doch mal,
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