Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
gastieren sollen. Während der Monate Juli und August habe ich täglich Live Musik am Abend geplant. Die Räume sind zweckmäßig und trotzdem liebevoll ausgestattet. Mit Doppelbett, zwei Sesseln, einem Couchtisch, Einbauschrank und einer kleiner Küchen Pantry.
»Die Zimmer sind schöner, als die im Hotel de la Poste«, kommentieren Jean und Carlos das neue Domizil ihrer Musiker Kollegen.
»Marie, in diesem Jahr gibt es eine kleine Änderung. Du kannst nicht mehr die ganze Woche mit uns rechnen. Carlos und ich möchten nur noch an 5 Tagen arbeiten und zwar zusammen. Bitte teile uns so ein, dass wir gemeinsame Arbeitszeiten haben.« Diese Nachricht verdirbt mir sofort die Laune. Mit Jean, Carlos, dem schüchternem Frank und Freundin Sarah war die Mitarbeiterplanung eigentlich abgeschlossen. Nun tut sich wieder eine neue Baustelle auf. Ich bin mir sicher, Tobias noch nicht davon erzählen zu wollen. Das brauche ich auch nicht. Mein Mann steht im Türrahmen und hört das Gespräch mit an. Mit hängender Miene ruft er mich zu sich. Ich soll herunter kommen und den ersten Bewerber begrüßen.
Cillian ist Mitte dreißig und kocht bisher in der Großküche im Krankenhaus in Nizza. Das Gespräch wird von mir nach fünf Minuten beendet. Mit einem Kantinenkoch ist mir nicht geholfen. Der Bretone Elouan ist erst Anfang Zwanzig und sein Lebenslauf hat den Umfang der Bibel. Und zwar erstes und zweites Testament. Er hielt es bei keinem Arbeitgeber länger als zwei Wochen aus und ihm wurde überall noch während der Probezeit gekündigt. Der Spanier Juan ist eine Augenweide, erfahren, kreativ und absolut ambitioniert. Aber er spricht weder Deutsch, Französisch noch Englisch.
»Lerne ganz schnell eine Fremdsprache und komme wieder«, sage ich und verabschiede ihn mit einem lauten Seufzer.
»Das ist gar nicht nötig«, sagt Tobias. »Dieser Schönling wird nie in deiner Küche kochen!« Ich griene über seine Bemerkung. Murrend verlässt er das Bistro und macht sich auf den Weg, um einen Musikagenten zu treffen, der ihm Demos verschiedener Gruppen und Solokünstler zeigen will.
Meine Wahl fällt auf Arnaud. Der Küchenmeister ist Mitte fünfzig und hat hervorragende Referenzen. Er kochte schon auf der ganzen Welt. Zuletzt in einem kleinen Gourmet Restaurant in Aix en Provence, das kurz vor der Schließung steht. Ich bin mehr als glücklich über seine Bewerbung. Seinem Vorschlag, ein Probe Kochen zu veranstalten, stimme ich sofort zu.
»Mein Mann feiert übermorgen seinen Geburtstag. Ich habe das Fest hier im Bistro geplant. Unser Beikoch Louis will mir zur Hand gehen. Aber wenn Sie diese Aufgabe übernehmen wollen, dann ist das die perfekte Lösung.« Ich überreiche ihm die letzte Version, meiner Speisekarte und erhalte ein zustimmendes Lächeln.
»Ausgewogen, lecker und machbar. Allerdings werden wir ohne eine komplette Brigade während der Hauptsaison nicht auskommen. Ohne Sous Chef, Chef de Partie und Commis de Cuisine, fange ich nicht an. Meine Kollegen sind auch auf der Suche nach einer neuen Anstellung. Wir sind ein eingespieltes Team. Wenn Sie Interesse haben, bringe ich sie morgen mit und Ihr Mann bekommt ein Geburtstagsessen, von dem noch lange Zeit gesprochen wird.« Mir ist es nur lieb. So kann ich die Baustelle »Küche« ad acta legen. Um die Einkäufe will Arnaud sich selber kümmern. Als ich ihm Bargeld geben will, lehnt er ab. Das Telefon klingelt und so verabschieden wir uns auf die Schnelle. Clara sagt, dass Opa Paul und Oma Thea angekommen sind. Tobias Vater und seine Frau sollen das Gästezimmer im Wohnhaus beziehen. Für den Rollstuhlfahrer Paul kommt ein Appartement im ersten Stock nicht in Frage. Ich beeile mich, um die ersten Familienmitglieder zu begrüßen. Den Rest der Bande erwarte ich am nächsten Tag.
Im rasanten Tempo fahre ich nach Hause. Clara soll nicht zu lange mit den beiden allein sein. Unser Töchterchen liebt es, peinliche Geschichten zu erzählen. Schon häufig hat sie Tobi und mich mit dem Ausplaudern privater Angelegenheiten in arge Verlegenheit gebracht. Ich begrüße meinen Schwiegervater mit Küsschen auf die Stirn.
»Schön, dass ihr gekommen seid. Tobi wird auch gleich eintrudeln. Wo steckt Thea?«
»Sie packt unseren Koffer aus.«
»Hallo Marie. Darf ich dir die Blumen geben, die im Zimmer stehen. Das sind Primeln und gegen die bin ich allergisch. Mit dem Ausdruck des Bedauerns, nehme ich ihr den kleinen Blumentopf
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