Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
verspreche, persönlich anzureisen und die Sache selbst in die Hand zu nehmen. Wenn Steffen Krieg führen will, dann soll er ihn haben.
Ich parke meinen Wagen auf dem Stellplatz des Gesundheitshauses. Ich bin bestimmt keine Erbsenzählerin, aber nach meiner Auffassung, profitiert Steffen bereits übermäßig von meiner Großzügigkeit.
»Ich will nicht, dass das Haus verkauft wird«, sagt er störrisch. »Wir haben es mühevoll restauriert, um immer einen Platz für die Familie haben zu können.«
»Nein Steffen, ich habe es auf meine Kosten teuer restaurieren lassen«, berichtige ich ihn zornig. »Kein Mensch außer dir und der irren Petra will da freiwillig wohnen. Komm doch mal wieder zur Vernunft. Du kannst doch nicht allen Ernstes von mir verlangen, dass ich dir und deiner Neuen ein vierhundert Quadratmeter großes Haus finanziere. Hast du denn gar keinen Anstand mehr?«
»Ich denke darüber nach.« Ich erkläre die Zeit des Nachdenkens für beendet. Auf der Fahrt in die Heide bestelle ich einen Schlüsseldienst zum Haus, der mir die Tür zum Bauerhaus öffnet. Danach rufe ich einen Möbelspediteur an, der zum doppelten Preis noch am gleichen Tag das Haus vollständig räumt. Ich packe Steffens persönlichen Sachen in Umzugskartons und bringe die schweren Kartonagen eigenhändig in die Garage. Möbel und andere Sachen werden aufgeladen. Als der Makler eintrifft, überreiche ich ihm die neuen Schlüssel und eine Vollmacht für den Fall, dass die Tür erneut zwangsweise geöffnet werden muss.
Ich bin auf dem Weg nach Berlin, als um halb neun mein Handy klingelt. Ich weiß genau, was jetzt kommt und nehme schadenfreudig das Gespräch an.
»Das kannst du doch nicht machen«, brüllt Steffen durchs Telefon.
»Ich habe es im Rücken und nicht mit Ohren, mein Lieber. Also schrei mich nicht an!« Ich empfehle ihm, vorrübergehend zu Hanna zu ziehen. Solange sie bei Ellen an der Algarve weilt, hat er dort einen Ort, um in Ruhe seine Gedanken zu ordnen und endlich die Scheidungspapiere zu unterzeichnen. Ich lege auf und parke den Wagen in der Tiefgarage des Berliner Hotels. Zufrieden fahre ich mit dem Fahrstuhl in den vierten Stock. In Zimmer 406 empfängt Sarah mich mit den Worten: »Du strahlst ja so.«
»Das passiert, wenn man endlich klar Schiff macht.« antworte ich und berichte von meiner erfolgreichen Räumungsaktion.
Im Vorzimmer der neuen Bereichsleitung Beauty begrüße ich die Sekretärin Monika mit einem Lächeln. »Gibt es Frau Schade noch oder wurde ihr Stuhl in den letzten Wochen schon wieder neu besetzt?« Seitdem ich anfing, meine Kosmetik bei QHS zu verkaufen, hatte ich es mit sieben verschiedenen Bereichsleitern zu tun. Dieser Posten ist ein Schleudersitz und die Frage an die grinsende Vorzimmerdame ist nicht unberechtigt.
»Herr Sander ist seit zwei Wochen der Neue«, lacht Monika. »Wollen Sie einen Termin?« Sicher will ich einen Termin. Warum sonst sollte ich mich zu Fuß in den dritten Stock bemüht haben.
»Gegen 13.00 Uhr hat Herr Sander Zeit für Sie.« Ich blicke durch die Glastür und kann die dunklen Umrisse einer Person erkennen. Sander scheint weder zu telefonieren noch anderweitig im Gespräch zu sein. Es sind keine Laute aus seinem Zimmer zu hören.
»Ich habe jetzt Zeit für Herrn Sander.« Ich blicke Monika mit ernster Miene an.
»Tut mir leid, Frau Simon«, beginnt sie, aber ich unterbreche die Sekretärin.
»Es gibt zwei Möglichkeiten, entweder Herr Sander spricht jetzt mit mir oder Herr Sander führt heute selbst durch meine vier Sendungen. Sollte Herr Sander nicht sofort aus seinem Kabuff kommen, reise ich ab!« Über die Wichtigtuerei dieser Jungmanager kann ich mich furchtbar aufregen. Ich bin in Kampflaune. Das ist auch Monika klar. Die Glastür öffnet sich und ein junger Mann, geschätzte Anfang zwanzig, kommt mit ausgetreckter Hand auf mich zu.
»Frau Simon! Sie brauchen doch keinen Termin. Kommen Sie doch bitte in mein Büro.« Ich mustere den Neueinsteiger.«
»Wie alt sind Sie?«
»Vierundzwanzig«, antwortet er der Omi artig. Ich sehe auf das Namenschild auf seinem Schreibtisch. Sven Sander Junior Product Manager Beauty.
»Machen Sie hier Praktikum?« Der hoch rot angelaufene Burschi erklärt, dass er noch in der Probezeit ist und das Junior in einem halben Jahr von seinem Titel wegfallen wird.
»Wenn du das hier sechs Monate überlebst«, sage ich und tätschele dem Beauty
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