Ausgeflittert (Gesamtausgabe)
verseuchten Landluft bekommen!«
Tobias sucht ein feines Stadthotel. Er will mit mir das Hamburger Großstadtleben genießen. Weit weg von Heidschnucken und Hünengräbern. Bis zur Beerdigung verbringen wir beide die Zeit in der City. Wir besuchen Museen, Galerien und Kunstausstellungen. Bei einem Mittagessen in der Innenstadt schlage ich vor, dass er diese Collage Kunst unbedingt weiter entwickeln soll.
»Du möchtest, dass dein Gesicht in Galerien zu bewundern ist?« Natürlich meine ich das nicht.
»Du wirst diese Art Bilder doch auch mit anderen Motiven gestalten können.« Ich denke an Filmklassiker, an Bilder eines Jahres, Metropolen, Sportler, Musiker, Impressionen und, und, und. Ich bin wieder in kreativer Stimmung und schäume über vor Ideen und Begeisterung. Das war der Grund, weshalb sich Tobi in mich verliebt hatte. Er lässt sich von meiner Euphorie anstecken und denkt ernsthaft darüber nach, meine Vorschläge umzusetzen.
»Du bist einfach unglaublich. Ich bin so glücklich, wenn wir zusammen sind«, sagt er und küsst meinen Mund.
Die Feier der kleinen Lillie findet zwei Tage nach Karls Beisetzung statt. Auf dem Schulhof treffe ich auf Steffen und frage ihn, welche Entscheidung er nun in Sachen Bauernhaus getroffen hat.
»Alles bleibt wie es ist!« Dass die Welt sich weiter dreht, wird er spätestens in einer Woche von meinem Anwalt per Post erklärt bekommen.
Tobi verbringt Tage und Nächte am Computer und arbeitet am Projekt Legenden . Er sammelt Bilder von Elvis, J.F. Kennedy, Marylin Monroe, Muhammad Ali, den Beatles und den Stones. Gespannt warten wir auf die ersten Probedrucke. Tobi ist unzufrieden und sagt, er könne das nicht so umsetzen, wie bei seinem Erstlingswerk. Da war ich seine Inspiration. Zu den Anderen fehlt ihm der emotionale Zugang. Ich sehe es anders und finde die Entwürfe gelungen. Begeistert betrachte ich die zwei Meter langen und ein Meter breiten Kunstobjekte in der Garage, die nach Tobis Ansicht genau dorthin gehören. Ich bin kein Mensch, der so schnell aufgibt und recherchiere im Internet nach persönlichen Accessoires. Schnell werde ich fündig. Die Originalausgabe der Washington Post zum Attentat auf den US Präsidenten. Zwei Original Eintrittskarten für den Boxkampf Ali gegen Frazier vom 28. Januar 1974 im Madison Square Garden, New York. Handsignierte Sticks von Ringo Starr, dem Drummer der Beatles. Täglich werden kleine Päckchen aus aller Welt per Kurier zugestellt. Ich sammele sie und verziehe mich in die Garage, während Tobi zum Surfen geht. Ich appliziere die Gegenstände auf die Bilder, klebe, spachtele und male Zeichen, Symbole und Schriften säuberlich mit Ölfarbe nach. Als Tobi für drei Tage geschäftlich auf Reisen ist, lade ich den bekannten Galeristen Pascal Frobert zu uns nach Hause ein. Mein freundlicher Nachbar Robert hat mir den Kontakt hergestellt. Auch er findet, dass diese außergewöhnliche Kunst nicht in der Garage verstauben darf. Das Urteil des Kunstkenners ist eindeutig. Genial! Ich freue mich und verspreche, dass Tobi sich nach seiner Rückkehr sofort mit ihm in Verbindung setzen wird. Zusammen mit Robert und Belle rücke ich Möbel und stelle die Bilder im Haus auf. Tobias kommt erst gegen zwei Uhr nachts nach Hause. Müde und abgekämpft freut er sich aufs Bett, als ich ihn im hellerleuchteten Wohnzimmer aufgeregt empfange.
»Das ist der Hit. Sieh doch nur«. Tobi schaut und staunt. Wir trinken noch zwei Kannen Kaffee in der Nacht und betrachten die Bilder vom Sofa aus.
»Du musst sie noch signieren.« Tobias ziert sich. Dann kennzeichnet er die Bilder mit Mató und setzt sich zufrieden zu seiner Muse.
Ich telefoniere schon über eine Stunde mit der Anwaltskanzlei Strömer in Berlin. Die Scheidung sollte nach Jahren der Trennung nur eine Formsache sein. Allerdings die Veräußerung des Hauses und der Umstand, dass Steffen über zwanzig Jahre nicht erwerbstätig war, könnte die Prozedur in die Länge ziehen. Steffen hat auf das Schreiben des Anwaltes nicht geantwortet. Ich beauftragte auch einen Immobilienmakler mit dem Verkauf des Hauses. Dieser stellte mehrmals ein Schild Zu Verkaufen vor dem Eingang auf. Sobald der Makler abfuhr, nahm Steffen das Schild ab. Er wechselte auch die Schlösser aus, so dass der Immobilienverkäufer mit den wenigen Kaufinteressenten vor verschlossener Tür stand. »So geht das nicht«, sagt der Makler und droht, seine Bemühungen sofort einzustellen. Ich
Weitere Kostenlose Bücher