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Ausgefressen

Ausgefressen

Titel: Ausgefressen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Matthies
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ihren Wunsch zu erfüllen.
    »Sorry Ray, aber ich möchte gerne, dass er es macht. Ich finde ihn sehr attraktiv. Meinst du, dass er mir den Gefallen tun wird?«
    »Ich soll was?«, erwidert Phil, nachdem ich ihm Claires Anliegen erklärt habe. »Einer Hyäne Parfüm hinter die Ohren tupfen?«
    »Die Schnecke steht auf dich, Phil. Stell dich nicht so an!«
    »Tu ich aber. Was glaubt sie, wer sie ist?«
    »Keine Ahnung, was sie glaubt. Aber wenn du sie beleidigst, dann wird sie uns nicht helfen.« Phil seufzt. Claire schaut gespannt zwischen uns beiden hin und her. Dann nimmt sie zufrieden zur Kenntnis, dass Phil vorsichtig den Flakon öffnet, um ihr widerwillig ein paar Tropfen Parfüm hinter die grindigen Ohren zu tupfen.
    »Gaaaanz Paaariiiiis träumt von der Liiiiiiiebeeee«, trällert sie glücklich. Ich kassiere einen vorwurfsvollen Blick.
    »Hier geht es um die Sache, Partner!«, versuche ich, ihn zu beschwichtigen.
    Nachdem Phil das Vorhängeschloss des Hyänengeheges mit Hilfe eines Dietrichs bezwungen hat, schaue ich demonstrativ der immer noch trällernden Hyäne hinterher, die gerade zu Beas Stand geht, um dort die Witterung aufzunehmen. »Findest du eigentlich, dass Claire einen hübschen Hintern hat? Meines Wissen ist sie in deinem Alter.«
    Phil ignoriert meine Bemerkung und folgt Claire.
    Wie von ihr befürchtet, ist es schwierig, eine Spur von Hanno von Sieversdorf zu finden. Zwei Stunden lang durchquert Claire mit fast geschlossenen Augen den Zoo und nuschelt dabei vor sich hin. Offensichtlich katalogisiert sie im Geiste die Fundstücke: »Leere Getränkedose mit Speichelspuren eines heuschnupfengeplagten Jungen von etwa acht Jahren. Abgenagter Hühnerknochen aus dem Zoorestaurant mit den Lippenstiftresten einer Frau Anfang dreißig. Zigarettenkippe mit Biergeruch von einem jungen Mann mit Oberlippenbart und Diabetes, Typ  2  …«
    Phil und ich wollen bereits entnervt aufgeben, als Claire plötzlich nuschelt: »Kieselstein mit Blutpigmenten eines Mannes Anfang siebzig, hoher Adrenalinspiegel …«
    »Moment!«, rufe ich, und Claire verharrt. »Ist das nicht, was wir suchen?«
    Phil zieht einen kleinen Plastikbeutel hervor, in dem sich die blutige Serviette befindet, die wir am Eiswagen gefunden haben, öffnet den Beutel und lässt Claire die Nase hineinstecken.
    »Identisch. Kein Zweifel. Obwohl die Probe auf dem Stein winzig ist.«
    Phil schaut in Richtung des Eiswagens, dann verlängert er die gedachte Linie zwischen dem Eiswagen und dem aktuellen Fundort. Ich folge seinem Blick und sehe den Ostausgang.
    »Lass uns da suchen«, sagt Phil.
    Ich übersetze für Claire, die sich schnüffelnd zum Ostausgang begibt.
    Auch am Eingangsgitter findet sich ein kaum sichtbarer Blutfleck, der zu den anderen passt. Immerhin wissen wir jetzt, auf welchem Weg der alte von Sieversdorf den Zoo verlassen hat.
    »Kann sie seine Spur auch draußen verfolgen?«, fragt Phil.
    Ich nicke. »Prinzipiell schon, obwohl die Bürgersteige dauernd gereinigt werden. Außerdem müssen wir uns beeilen. Opa Reinhards nächster Rundgang ist um Mitternacht, und es könnte ihm auffallen, dass eine Hyäne fehlt.«
    »Geht ganz schnell«, erwidert Phil und öffnet mit seinem Dietrich das Eingangstor, während ich Claire schildere, was wir vorhaben.
    Wenig später stehen wir auf dem blitzsauberen Bürgersteig. Claire schnüffelt kurz, dann zieht sie die Nachtluft durch ihre spitzen Zähne. »Hier bin ich mit meinen Fähigkeiten leider am Ende, meine Herren. Aber ich würde sagen, sie sind nach links gegangen.«
    »Und warum?«, frage ich verblüfft.
    »Weil rechts ein Taxistand ist. Und jemand, der eine Schussverletzung hat, die er verbergen will, würde kein Taxi nehmen, oder?«
    »Was sagt sie?«, will Phil wissen.
    »Dass wir in dieser Richtung suchen müssen«, antworte ich und zeige mit der Pfote auf eine Hochhaussiedlung, die sich hinter einer großzügigen städtischen Parkanlage in den Nachthimmel erhebt.
    Phil schließt die Augen und überlegt.
    »Von der Logik her könnte das passen«, sagt er nach einer Weile.

Kapitel 17
    Am nächsten Morgen treffen wir uns, noch bevor die ersten Schulklassen in den Zoo einfallen. Um diese Zeit sieht man nur rüstige Rentner und melancholische Singles durch die Anlage flanieren. Pfleger Silvio kippt einen Eimer Frühstück ins Gehege. Besser als nichts. Trotzdem könnte ich mal wieder eine saftige Portion Lebendessen vertragen. Lustlos knabbere ich an einem toten Insekt herum.
    Phil errät

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