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Ausgefressen

Ausgefressen

Titel: Ausgefressen Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Moritz Matthies
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seine Position als Clanchef festigen. Ich habe mir schon so was gedacht.
    »Und was, wenn ich nicht mitspiele?«, will ich wissen.
    »Dann gibt’s was auf die Fresse«, erwidert Rocky pragmatisch. »Dein Bruder weiß, wovon ich rede.«
    Rufus nickt bestätigend. Offenbar hat er während meiner Abwesenheit hier nicht viel Spaß gehabt. Das werde ich nun ändern.
    »Vermutlich soll ich dir auch mitteilen, wenn ich mit Phil einen Deal mache, damit du den dann als dein Werk ausgeben kannst, richtig?«
    Rocky sieht mich an. »Hä? Wovon redest du denn da?«
    Ich hatte ganz vergessen, dass die Luftpumpe zwischen Rockys Ohren nur einfache Sätze verarbeiten kann.
    »Egal. Du willst also, dass ich dich als Boss akzeptiere.«
    »Endlich hast du es begriffen«, erwidert Rocky.
    »Okay, Bruderherz«, beginne ich. »Dann schlage ich vor, dass du Rufus und mich von jetzt an in Ruhe lässt. Wir werden nicht für die Wache eingeteilt und müssen keine Grabungsarbeiten erledigen. Und wir nehmen auch nicht an deinen bescheuerten Sitzungen teil.« Rocky sieht mich an, als würde ich ihm gerade die Relativitätstheorie erklären wollen.
    »Im Gegenzug machen wir dir keine Schwierigkeiten. Du kannst mit Roxane glücklich werden, und du kannst schikanieren, wen du willst – nur eben nicht Rufus und mich.«
    In Rockys Augen ist ein Blitzen zu sehen. Scheint so, als würde er mir gerne sofort eine Kopfnuss verpassen. Aber noch hält er sich zurück.
    »Und was soll mich davon abhalten, euch zu schikanieren?«, fragt er. »Immerhin bin ich hier der Clanchef.«
    »Ganz einfach. Wenn du nicht mitspielst, dann ziehen Rufus und ich in einen anderen Clan. Und zwar in einen, in dem Kreativität nicht unterdrückt, sondern gefördert wird.«
    »Kreativi… was?«, blafft Rocky.
    Ich sehe, dass Rufus sich nervös die Pfote aufs Ohr haut. Er hat längst begriffen, dass ich unserem großen Bruder Märchen erzähle.
    »Kreativität. Das ist ein Synonym für Ideen- oder Erfindungsreichtum«, versucht Rufus sein Glück.
    »Syno… was?«, schnauzt Rocky und verpasst Rufus einen Nasenstüber.
    Rufus und ich wechseln einen Blick. Es ist ganz offensichtlich sinnlos, das Gespräch weiter zu vertiefen. Im Gegenteil, wir müssen es schnellstens in flachere Gewässer schleppen.
    »Im Grunde ist alles ganz einfach«, fasse ich zusammen. »Du lässt uns in Ruhe, oder wir hauen ab. Basta.«
    »Und wo soll dieser andere Clan sein?«, fragt Rocky grinsend. Da ist eine leichte Unsicherheit in seinen Augen zu erkennen. Immerhin.
    »Wir haben mehrere Angebote«, lüge ich schamlos. »Auch aus dem Ausland. Rufus und ich könnten sogar nach Amerika oder Australien gehen. Oder auch nach Afrika.«
    Rocky lacht höhnisch, aber es wirkt gekünstelt. Er ist sich nicht sicher, ob ich nicht vielleicht doch die Wahrheit sage.
    »Und was sagst du, wenn ich euch einfach gehen lasse, kleiner Bruder?«, fragt Rocky triumphierend. Er scheint sich gerade für sehr gewitzt zu halten.
    »Prima«, erwidere ich locker. »Wir packen noch heute Abend unsere Sachen und hauen ab.« Ich schaue aufmunternd zu Rufus, der nickt unsicher. »Die Technik könnt ihr behalten. Wir kriegen sowieso in unserem neuen Clan die allermodernsten Geräte zur Verfügung gestellt. Und hier gibt es ja bestimmt jemanden, der sich mit der Zeit in technische Fragen einarbeiten wird. Und falls nicht, was soll’s? Wir haben ja schließlich vorher auch ganz gut ohne Technik gelebt, nicht wahr, großer Bruder?«
    Rufus bearbeitet wieder sein Ohr. Rocky denkt nach. Das kann eine Weile dauern, also warte ich.
    »Ihr würdet mich als Clanchef akzeptieren?«, fragt er nach einer gefühlten Ewigkeit.
    Ich nicke. »Sofern wir freie Hand bekommen.«
    »Und nie wieder Kopfnüsse«, ergänzt Rufus, der offenbar Morgenluft wittert.
    Rocky nickt bedächtig. »Tun wir mal so, als wäre ich mit deinem Vorschlag einverstanden. Was soll ich den anderen sagen? Wenn sich rumspricht, dass ihr weder arbeiten noch Befehle von mir entgegennehmen müsst, dann wollen das sicher alle.«
    Mit diesem Einwand habe ich gerechnet. »Sag ihnen, wir sind
EMS
. Das steht für
Erdmännchen mit Sonderaufgaben
. Und sag ihnen auch, dass DU diese Idee gehabt hast. Dann wird keiner meckern, weil es eine Idee des Clanchefs war.«
    Rocky nickt erneut. Ihm ist unbehaglich bei der Vorstellung, dass wir nicht länger nach seiner Pfeife tanzen. Aber das scheint ihm das kleinere der beiden denkbaren Übel zu sein. »Okay. Ich denke, ich bin einverstanden.

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