Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)
wie einen ersten kleinen Ertrag erzielen. Fünfzig Jahre ohne Umsatz. Der Mann lächelte zynisch, desillusioniert. Das also war sein Forstrevier.
Instabile Monokulturen
Wir Förster wissen seit diesen Stürmen, wie es sich anfühlt, wenn einem das bisher glänzend funktionierende Wirtschaftsprinzip in einer einzigen Nacht um die Ohren fliegt. Ein Wirtschaftsprinzip, das man erforscht, gelehrt, studiert und gelebt hat, an das man geglaubt hat, von dem man überzeugt war: das Wirtschaftsprinzip der Reinertragslehre. Das Prinzip, mit dem man Holz in großen Mengen in möglichst kurzer Zeit zu möglichst viel Geld machen konnte. Theoretisch zumindest.
Es ist nicht nur für uns Förster, sondern für uns alle an der Zeit, die Augen zu öffnen. Es ist an der Zeit zu verstehen, dass unsere Gier und unser Geiz eine Wirtschaft geformt haben, die umzufallen droht wie eine Fichtenmonokultur im Orkan. Zu verstehen, wie unser Billigkonsum, der Kostenfetischismus der Unternehmen und die blinde Profitmaximierung in der Wirtschaft sich gegenseitig verstärken. Wie der Mainstream unserer Gesellschaft in einer langsamen, lethargischen Abwärtsspirale der Mittelmäßigkeit die lebenswichtige Mitte unserer Märkte in armselige Wüsten verwandelt hat. Es hat alles mit uns zu tun.
Wir denken, wir konsumieren und wir wirtschaften nämlich genau so, wie die Förster es im letzten Jahrhundert getan haben. Wir sind die schnellste, konzentrierteste, effizienteste und ertragsstärkste Gesellschaft, die es je auf der Erde gab. Und die instabilste. Wir unterliegen genau den gleichen Naturgesetzen, denen die Forstwirtschaft auch unterliegt. Wenn wir so weitermachen, dann wird sich unsere Lebenswirklichkeit schon bald schlagartig in einen See verwandeln – einen See, in dessen Mitte sich ein kleiner Hügel erhebt, auf dem wir uns panisch wie wuselnde Mäuse versammeln, um Schutz vor den Fluten zu suchen, während wir in Wahrheit schutzlos ausgeliefert sind. Dann ist es mit dem Geiz, der uns dahin gebracht hat, zu Ende.
Sonnenklar
Doch es gibt Unternehmer, die längst weitergedacht haben, die sich mit Erfolg gegen den Mainstream stemmen, die viel mehr können, als einfach nur billig, kostenoptimiert und renditefokussiert die Märkte auszubeuten. Unternehmer, die Qualität kompetent herstellen oder umfassend bewerten können, die diesen Wert profitabel verkaufen können und die so den Erhalt von sinnvollen Produktionsstrukturen fördern, anstatt immer mehr kaputt zu machen.
Diese Unternehmer tun das nicht deshalb, weil Marktforscher es ihnen geraten haben, sondern deshalb, weil sie überzeugt davon sind, das Richtige zu tun. Diese Leute sind keine verbohrten Ideologen, sondern gestandene und stolze Vollblutunternehmer, die auf ehrliche Weise Geld verdienen wollen. Und sie schaffen das in einer fast aussichtslos scheinenden Marktsituation. Sie sind zuversichtlich, denn sie wissen, dass die Uhr für sie tickt, dass ihnen die Entwicklungen auf der Welt in die Karten spielen, dass die Zukunft ihnen entgegenkommt. Ihnen ist sonnenklar, dass immer mehr Menschen sich nicht mehr mit billigem Ramsch minderer Qualität zufriedengeben werden und dass mit jedem weiteren Jahr noch mehr Kunden begreifen werden, dass nachhaltige Produkte auch die preiswerteren Produkte sind.
Manufactum ist eines dieser Unternehmen. Manufactum ist ein Versandhaus mit zusätzlichen Ladengeschäften in einigen deutschen Städten. Es wurde im Jahr 1987 von Thomas Hoof, der zuvor Landesgeschäftsführer der Grünen in Nordrhein-Westfalen gewesen war, in Recklinghausen im nördlichen Ruhrgebiet gegründet. Als zwanzig Jahre später die Otto-Gruppe das Unternehmen kaufte, erwirtschaftete es mit etwa 300 Mitarbeitern einen Jahresumsatz von etwa 75 Millionen Euro.
Ich kam 1997 zu Manufactum, ursprünglich, um dort den Pflanzenkatalog zu entwickeln. Von 1999 bis 2004 war ich Marketing- und Vertriebschef, Prokurist und Mitglied der Geschäftsleitung. Bei Manufactum lernte ich zu verstehen, wie das Prinzip der Nachhaltigkeit, das ich als Landwirt und Förster in der Urproduktion gelernt hatte, in der alltäglichen Praxis auch in der Wirtschaft umgesetzt werden konnte. Ich sah den Beweis dessen, was ich schon immer geahnt hatte, direkt vor meinen Augen: Nachhaltigkeit funktioniert. Nachhaltigkeit ist auf Dauer wirtschaftlich überlegen. Nachhaltigkeit wird von den Märkten angenommen. Nachhaltigkeit ist kein Konzept für die Nische, sondern ein Konzept für unsere gesamte
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