Ausgegeizt!: Wertvoll ist besser - Das Manufactum-Prinzip (German Edition)
verändern. Die großen Billigheimer stehen mehr und mehr unter Druck, ihr Geschäftsmodell anzupassen. Seit Manufactum hat sich beispielsweise in Kaufhäusern und Haushaltswarenläden verblüffend viel getan. Gute Qualität findet sich auch dort wieder immer häufiger.
Der Startpunkt dieser Rekultivierungstendenzen ist aber immer ein einzelner Unternehmer, der den Mut hat, es trotzdem zu tun, auch wenn ihm von den Banken, den Geschäftspartnern, den Beratern, den Freunden, der Familie jeder abrät. Hilfe und Unterstützung bekommen die Pioniere nirgends, am allerwenigsten von der Marktforschung. Marktforschung und Innovation verhalten sich in etwa wie Nacktschnecken zu aktiven Vulkanen. Bringt man beides zusammen, hört man maximal ein kurzes Zischen …
Wenn Qualität in Deutschlands Mitte wieder Einzug hält, dann deshalb, weil tatkräftige Unternehmer ihrem eigenen Urteil vertrauen und sich darum das Vertrauen der Konsumenten verdienen.
Führungsbedarf
Liebe Politiker, in Ihrer Zunft ist es genau das Gleiche.
Nun gehöre ich zu den wenigen Menschen, die Ihren Berufsstand jederzeit verteidigen. Ich kenne viele von Ihnen, ich weiß, dass Sie sehr hart arbeiten, und ich weiß, dass unter Ihnen viele wirklich kompetente Leute sind. Aber: Sie reden den Menschen nach dem Mund, Ihre Marktforschung sind die Umfragen und Wahlergebnisse. Sie glauben, dass Sie Erfolg haben werden, wenn Sie den Wählern das geben, von dem alle glauben, dass die Wähler es haben wollen. Ihre Reden bestehen aus den Worthülsen, die alle verwenden, und Ihre Versprechungen vor den Wahlen sind die allgegenwärtigen Versprechungen aller Ihrer Zunftgenossen, die sich nur in Nuancen unterscheiden: Letztlich geht es Ihnen darum, die Menschen in der Mitte der Gesellschaft abzuspeisen mit Instantlösungen, kurzfristig nett ausschauenden politischen Wegwerfprogrammen und gut verkäuflichen Billigmaßnahmen, die eine Halbwertszeit von Monaten haben.
Sie betreiben im Durchschnitt Politik auf Discount-Niveau: Sie hangeln sich von Wahl zu Wahl, indem Sie ad hoc die Symptome behandeln, die jeweils gerade hochpoppen, während Sie um die Wurzeln unserer gesellschaftlichen Probleme einen großen Bogen schlagen. Grundsätzliche Fragen sind unbequem. Sie sind Meister darin geworden, diese grundsätzlichen Probleme auszusitzen, denn bis zur nächsten Wahl wird es für Sie vielleicht noch reichen, bevor das Ungelöste, Unbearbeitete, Unangenehme aus dem Schatten hervortritt wie ein Lebensmittelskandal in der Fleischwirtschaft.
Und wenn Ihnen dann doch etwas vor die Füße fällt, eine kleine Lüge, ein dubioses Geschäft, eine platzende Schuldenblase, eine Landesbank oder ein todgeweihter Staatsvertrag, dann wissen Sie genau, wie Sie sich da rauslavieren können, hier ein Bauernopfer, da eine neue kleine Lüge, dort ein Ablenkungsmanöver, sodass Sie nach kurzem Wirbel Ihren Stiefel weiterfahren können wie Rewe, Edeka, Lidl und Aldi nach BSE.
Wir, das Wahlvolk, sind bereit, für Qualität zu bezahlen, wenn man sie uns erklärt, und genauso sind wir bereit, gute und sinnvolle Politik zu akzeptieren, wenn man sie uns erklärt, auch wenn sie vielleicht einen Preis erfordert, wenn sie zunächst unbequem ist und nicht süß schmeckt. Wir mögen Politiker, die konsequent sind, aufrichtig und mutig, wir wollen Politiker, die geradestehen für ihre Politik, die auch mal einen Standpunkt abseits der Mehrheit vertreten, einfach weil sie ihn für richtig halten, und die das Durchhaltevermögen haben, eine Vision zu verfolgen, auch wenn ihnen zunächst nur die wenigsten zustimmen.
So wie Werner von Siemens, Robert Bosch, Rudolph Karstadt, die Opel-Brüder früher oder in jüngerer Zeit Wendelin Wiedeking, Reinhold Würth, Alfred Herrhausen und Thomas Hoof Menschen und Mitarbeiter begeistern konnten und gleichzeitig ihr Ding eisern durchgezogen haben, auch gegen größte Widerstände, und auch dann noch, wenn die eigene Existenz auf dem Spiel stand, so wünschen wir uns eine neue Elite in der Politik, die uns begeistern kann, die aber vor allem prinzipientreu, aufrichtig, konsequent und visionär ist. Qualität kommt nicht von Opportunismus, weder in der Wirtschaft noch in der Politik. Qualität kommt von Mut, Stolz, Tatkraft und Anstand, von Nachhaltigkeit, nicht von Kurzfrist-Stoppelei.
Es würde genau diese Eigenschaften erfordern, um beispielsweise unser marodes Rentensystem grundlegend zu reformieren und die Gesellschaft auf die künftige Altersstruktur
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