Ausgejodelt: Mira Valensky ermittelt in Wien: Ein Mira-Valensky-Krimi
Meter Schnur mitgenommen, um zwei Bilder aufzuhängen. Wir haben nur Wandleisten und dürfen keine Nägel einschlagen. Ich wollte eine durchsichtige Schnur, und da ist mir die Nylonschnur eingefallen.“
„Dann müssen die Kriminalbeamten ja die Bilder mit der Schnur gesehen haben.“
„Ja, aber das beweist nur, dass ich die Schnur verwendet habe. Ich hatte völlig vergessen, dass noch ein Stück Schnur in einer Schreibtischlade liegt. Ich habe einfach nicht mehr daran gedacht.“
„Sie können dir nichts nachweisen.“
„Sie können mich aber in Untersuchungshaft nehmen. Jederzeit.“
Ich nickte. „Aber dann bekommen sie es mit mir und dem Magazin zu tun.“
Joe seufzte. „Wenn das so einfach wäre.“
„Wir müssen schneller sein“, sagte Vesna.
Wenn das so einfach wäre.
„Morgen liegt der kriminaltechnische Befund vor, ob die Schnur am Tatort mit meiner Schnur übereinstimmt.“
„Warum erzählen sie dir das alles?“
„Keine Ahnung, sie wollen mich wahrscheinlich mürbe machen. Ich soll gestehen.“
„Ich vermute etwas anderes. Sie zweifeln selbst an ihrer Theorie.“
Vesna schüttelte den Kopf. „Nein, nein! Joe Platt ist Promi. Sie haben Angst vor Skandal.“
Da ging die Türe auf. Herein kam Vesnas Lebensgefährte, sichtlich angetrunken. Irritiert sah er von einem zum anderen. Dann starrte er Joe an. „Joe Platt?“, fragte er mit zittriger Stimme.
Vesna sah ihn von oben bis unten an und sagte dann: „Da siehst du, was ich für Freunde habe.“
Es folgte ein Wortduell auf kroatisch.
„Ich habe nur erklärt, dass es wirklich Joe Platt ist. Und dass Autogramm peinlich ist.“
Joe begann zu grinsen.
„Und ich habe noch gesagt, dass Terezija Stielaugen kriegen würde. Und Roman auch.“
„Ich wusste gar nicht, dass ich da so viele Fans …“
„Was glauben Sie Joe Platt, was Menschen aus Bosnien nach Arbeit tun? Fernsehen. Wie Österreicher.“
„Den gleichen Mist“, ergänzte ich und grinste auch.
[ 10. ]
Am nächsten Tag war das jüngste der Frohsinn-Mädel tot. Ein Tontechniker hatte die junge Frau gefunden, auf dem Bauch liegend, als ob sie auf der Bühne eingeschlafen wäre. Ihr Kopf aber lag in einer Blutlacke. Blonder Haarkranz und hellrotes Blut.
Ich war zu diesem Zeitpunkt in der Redaktion gewesen. Vesna in der Kantinenküche. Dort hatte man Hochbetrieb, Mittagszeit.
Als ich in der Kulturhalle eintraf, gab Chefinspektor Müller gerade eine improvisierte Pressekonferenz. Wir hatten heute früh miteinander telefoniert. Ich hatte ihm vom dem angeblichen anonymen Anruf wegen Susis schwebender Schaukel erzählt und ihm eine Stimme beschrieben, die nur in meiner Phantasie existierte.
„Meine Damen und Herren, wir ermitteln auf Hochtouren. In alle Richtungen.“
„Muss man sich nicht nach diesem dritten Todesfall die Frage stellen, ob die Kriminalpolizei völlig versagt hat?“, fragte ein lang gedienter Reporter.
„Wir tun unser Möglichstes, und ich will über die Hintergründe der Todesfälle auch nicht weiter spekulieren. Tatsache ist, dass gewisse mutmaßliche Morde nicht so einfach verhindert werden können. Tatsache ist auch, dass es keinesfalls erwiesen ist, dass es sich um Morde handelt.“
„Vermuten Sie Zusammenhänge mit dem Mord am Manager der Kastelruther Spatzen?“
„Wir behalten das im Auge und arbeiten selbstverständlich mit unseren deutschen Kollegen zusammen. Es sieht aber so aus, als gebe es keinen Zusammenhang.“
„Sie halten also die Volksmusikszene grundsätzlich für eine mörderische Branche?“ Die Meldung kam von einem Gesellschaftsreporter. Er hatte es gerne witzig.
„Sie werden verstehen, dass ich darauf nicht einmal antworte.“
„Es gibt kein perfektes Verbrechen, also müssen die Ermittlungen dilettantisch gewesen sein.“
„Das werden die verantwortlichen Stellen zu entscheiden haben. Wir unterliegen sowohl der medialen als auch der politischen Kontrolle. Mehr kann ich zum jetzigen Zeitpunkt nicht sagen. Meine Damen und Herren, ich verabschiede …“
Ich unterbrach ihn: „War es vielleicht doch ein Fehler, die Ermittlungen so stark auf Joe Platt zu konzentrieren?“ Natürlich war die Sache mit der Hausdurchsuchung und der Nylonschnur längst durchgesickert. Es gab kaum eine Zeitung, die nicht rechtzeitig für ihre heutige Ausgabe davon erfahren hatte.
Müller sah mich genervt an. „Sie wissen nicht, in welche Richtungen wir sonst noch ermitteln. Es sind die Medien, die meine Gespräche mit Herrn Platt
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