Ausgejodelt: Mira Valensky ermittelt in Wien: Ein Mira-Valensky-Krimi
hochspielen. Und Sie werden im Interesse der Sicherheit der Bevölkerung verstehen, dass ein Starmoderator von Ermittlungen nicht ausgenommen werden kann. Egal, wie populär er ist.“
„Hausdurchsuchungen sind mehr als übliche Ermittlungen.“
„Wir haben die Nylonschnur gefunden. Ich sage aber nicht, dass damit der Fall geklärt ist.“
„Wo war Joe Platt heute zur Tatzeit? Haben Sie das schon überprüft?“, meldete sich ein aufgeblasener Typ vom größten Revolverblatt. Ich hätte davon nicht anfangen sollen. Keine Ahnung, wo Joe gewesen war.
„Ich verrate nichts Unzulässiges, wenn ich sage, dass er angab, einen Fototermin gehabt zu haben.“
„Bei der Polizei?“ Einige lachten.
„Für eine Zeitschrift. Gemeinsam mit einer Band … den Coolen Kerlen aus den Bergen.“
„Kann es sein“, fragte wieder der Gesellschaftsreporter, „dass Sie volkstümliche Musik nicht mögen? Dass es Ihnen egal ist, wer da ermordet wird?“
Chefinspektor Müller schien nahe davor zu platzen. „Mir ist kein Mord egal. Und meine persönlichen Vorlieben stehen hier nicht zur Debatte.“
Joe dürfte also in diesem Fall ein Alibi haben. Ich atmete auf.
Das jüngste Frohsinn-Mädel war mit dem Aufzug zum Schnürboden hinaufgefahren, ausgestiegen und über das mehr als ein Meter hohe massive Stahlgeländer gefallen oder gestoßen worden. Die Aufzugskabine hatte sich jedenfalls nicht oben am Schnürboden, sondern unten befunden. Allerdings konnte man die Kabine auch von oben nach unten schicken. Aber warum hätte die junge Frau die Kabine nach unten schicken und sich dann umbringen sollen? Noch unwahrscheinlicher war ein Unfall. Das blonde Frohsinn-Mädel fährt nach oben, schickt den Aufzug nach unten, wird schwindlig und fällt hinunter? Unsinn.
Gestern noch war sie auf dem Fest im Prater gewesen – mit sich und der Welt zufrieden. Jung, hübsch, voller Bewunderung für ihren Freund aus dem Bankgeschäft. Sie hatte mir etwas erzählen wollen, aber ich hatte ihr Geschwätz über Joe nicht ertragen. Eine oberflächliche junge Frau, die etwas gesehen hatte, es aber nicht hatte einordnen können. Wahrscheinlich war es ohnehin nicht wichtig gewesen. Jedenfalls würde sie es mir nicht mehr erzählen können. Ich musste die anderen Frauen der Truppe fragen. Und den Manager.
In der Mittagszeit war der Bühnenbereich leer gewesen. Sich hereinzuschleichen war für einen, der die Halle kannte, kein Problem. Ein Teil der Belegschaft hatte in der Kantine gegessen. Kamera-, Licht- und Tonleute hatten eine Sitzung gehabt. Der Tontechniker, der die Tote gefunden hatte, war zurückgekommen, um seine Zigaretten zu holen. Joe und die Coolen Kerle aus den Bergen hatten in einer Grünanlage neben der Kulturhalle für Fotoaufnahmen posiert. Der Großteil der Stars sollte erst am Nachmittag zu den Proben kommen. Der Regieassistent, einige der Produktionsmitarbeiter und die Produktionsassistentin Liz waren zur Tatzeit zwischen den improvisierten Büros, dem Regieraum und der Kantine unterwegs gewesen.
Ich kam mir so unzulänglich vor. Es ging nicht darum, Joe zu beschützen. Der konnte ganz gut auf sich selber aufpassen. Es ging auch nicht darum, irgendwelche Fäden zu ziehen oder gar zu entwirren. Das war kein Spiel, das war mehr als der Hintergrund für eine gute Story. Gestern hatte sie noch gelacht, sich gefreut. Sie hatte mit ihrem Bankmenschen Pläne geschmiedet. Und sie hatte mit ihren Kolleginnen hart daran gearbeitet, die Hitparade zu gewinnen. Oder zumindest mit dabei zu sein. Sie war wie ich in der Wiese vor dem Riesenrad gestanden. Sie hatte wie ich die Lichter der Stadt gesehen. Jetzt war sie tot. Keine Lichter mehr, keine Wiese. Nie mehr.
Ich hatte einen üblen Geschmack im Mund, wie nach alten Sägespänen. Ich setzte mich auf einen der ramponierten Holzstühle, die im Zuschauerraum standen. Dort auf der Bühne war sie gelegen. Dort, wo jetzt die unvermeidliche Kreidezeichnung und die Absperrungsbänder der Spurensicherung zu sehen waren.
„Bitte verlassen Sie den Saal! Die Pressekonferenz ist zu Ende.“
Ich sah auf. Ein Gendarm stand vor mir, mittelgroß, mittelschlank, mittleren Alters. Ein Durchschnittsbeamter, darauf geschult, das zu tun, was ihm angeschafft wurde. Müde sagte ich: „Ich habe einen Sonderausweis.“ Ich tippte auf meine Handtasche. An der Tasche festgeklippt baumelten beide Ausweise.
„Man hat mich angewiesen, alle Journalisten hinauszubitten.“
„Kann sein, das bezieht sich aber nicht auf
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