Ausgejodelt: Mira Valensky ermittelt in Wien: Ein Mira-Valensky-Krimi
„Ja, das mit seinem Tod tut mir natürlich trotzdem Leid. Aber viele Freunde hatte der nicht mehr. Früher, da war er noch nett und überhaupt nicht arrogant. Aber in der letzten Zeit hat er abgehoben, alles was recht ist.“
„Das dürfen Sie natürlich auch nicht zitieren“, stellte Frau Klein klar.
Ich nickte und fragte: „Haben Sie eine Idee, woran er gestorben sein könnte?“
„An Herzversagen“, sagte sie mit fester Stimme, „ich denke, das steht fest.“
„Als ob der ein Herz … und gesehen hat er auch schon schlecht. Und er hat blau gefärbte Haftschalen benutzt“, empörte sich die Jüngste.
Daher also die unglaublich blauen Augen. Alles Talmi.
Das mittlere der Frohsinn-Mädel hatte unterdessen begonnen, mir von der nächsten Super-Sommer-Hitparade der Volksmusik zu erzählen. „Ab übermorgen sind wir wieder im Studio. Hinter solchen Shows steckt eine Menge Arbeit.“
Ich nickte. Dann würden wir einander also in ein paar Tagen wieder sehen. Der Fernsehsender hatte beschlossen, trotz des Todes von Downhill-Sepp mit der wöchentlichen Hitparade weiterzumachen. Immer am Samstag im Hauptabendprogramm, acht Sommerwochen hindurch hohe Einschaltziffern. „Downhill-Sepp hätte es so gewollt, es passiert ganz in seinem Sinn“, hatte der Fernsehdirektor mit beinahe brechender Stimme in den Frühnachrichten verkündet. Und im Sinn des Unternehmens. Wie hätte man auch auf die Schnelle einen Ersatz für einen solchen Quotenschlager finden können?
Herzversagen. Das war die offizielle Todesursache, verkündet von Chefinspektor Müller, im Beisein des zuständigen Pathologen und des Sicherheitsdirektors. Kamerateams, Fotografen, Journalistinnen und Redakteure drängten sich, um Näheres über den Tod von Josef Unterholzer zu erfahren. Aber viel mehr gab es nicht zu hören. Eine leichte Schwäche des Herzmuskels war festgestellt worden, an sich kein Grund für Herzversagen. Aber die Anstrengungen in den letzten Wochen seines Lebens und die Aufregung während der Show hätten dann wohl doch dazu geführt.
Ein junger Redakteur fragte Müller: „Wurde er auf Gifte hin untersucht?“
„An welche Gifte denken Sie?“
„Ich weiß nicht …“
„Ja, wir haben ihn auf die gängigen Gifte hin untersucht, das gehört zur Routine.“
Jetzt meldete ich mich zu Wort. „Haben Sie Spuren von Medikamenten entdeckt?“
„Wonach hätten wir suchen sollen?“ Die Gegenfragen des Chefinspektors gingen mir auf die Nerven.
„Zum Beispiel nach Beruhigungsmitteln.“
„Die hätten ja wohl einem Herztod entgegengewirkt. Wir haben jedenfalls keinerlei Spuren gefunden, die mit dem Tod von Josef Unterholzer in Verbindung zu bringen wären. Er ist eines tragischen, aber natürlichen Todes gestorben.“
Für mich hörte sich das so an, als ob in der Autopsie sehr wohl Medikamentenspuren festgestellt worden wären, aber ich wollte nicht weiterbohren. Sonst wäre noch die ganze Meute auf dumme Ideen gekommen. Ich musste die Story noch heute schreiben. Und sie war noch ziemlich dünn.
Die Titelgeschichte lautete schlussendlich: „Starb Downhill-Sepp den Drogentod?“ Das Coverfoto zeigte den Volksmusiker mit weit aufgerissenen Augen und offenem Mund – offensichtlich singend. Mir war das Ganze entsetzlich peinlich. Gut, ich hatte die Sache mit den Medikamenten etwas aufgeblasen. Ich berichtete von mysteriösen Medikamenten, die jedoch vor den polizeilichen Ermittlungen verschwunden waren. Ich erzählte von Kriminalbeamten, die mir zumindest ausweichende Antworten gegeben hatten. Aber die Schlagzeile auf dem Cover war nicht von mir, und ich hatte davon auch nichts gewusst. Eigentlich sollte ich sofort kündigen. Protestieren und kündigen. Wozu kündigen? Ich hatte schließlich keinen Dienstvertrag, sondern war eine so genannte fixe Freie, die pro Auftrag bezahlt wurde. Ich brauchte bloß nicht mehr zu erscheinen. Und dann? Wahrscheinlich habe ich einfach einen miesen Charakter. Ich sandte dem Chefredakteur eine E-Mail-Nachricht, in der ich mich über die Vorgangsweise beschwerte. Keine direkte Konfrontation. So macht man das heutzutage.
Die ursprünglich geplante große Story über das Leben der Stars der Volksmusik sollte es übrigens neben der aktuellen Berichterstattung immer noch geben. Nur dass die Story jetzt vom Leben und Sterben der Stars handeln sollte. Gut für mein Konto, schlecht für meine Nerven. Drei Tage im Fernsehzentrum, Proben und die anschließende Liveshow lagen vor mir, und alle würden
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